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0382 - Höllen-Friedhof

0382 - Höllen-Friedhof

Titel: 0382 - Höllen-Friedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Rascheln der normalen Halme.
    Ein Kornfeld des Schreckens wurde von uns durchschritten. Hätten die Halme Hände und Arme besessen, sie hätten sicherlich nach uns gegriffen, so ließ man uns gehen, begleitet oft von einem kurzen Lächeln der Erlösung.
    Diese mutierten Menschen mußten hart unter der Sense des Skeletts gelitten haben. Er war der Schnitter des Todes, ein Sendbote der Hölle, vielleicht ein Abgesandter meines alten Freundes Asmodis, aber er hatte es nicht mehr geschafft, das Feld abzuernten.
    Ich wußte auch nicht, welche Bedeutung diese Halme hatten, aber ich reckte mich, um über die Halme hinwegschauen zu können, denn in der Ferne war mir etwas aufgefallen.
    Unter dem roten Licht des Himmels zeichnete sich ein Schatten ab, der Konturen besaß.
    Auch Golenkow hatte ihn entdeckt. Er ging hinter mir, ich hörte ihn springen und seine Stimme. »John, ich glaube, das ist es. Vielleicht die Lösung des Rätsels. Großer Ivanowich, das darf nicht wahr sein. Das ist ja…« Seine Stimme versagte.
    Dafür sprach ich es aus. »Richtig, unsere Leichenhalle!«
    Da wir fast das Ende dieses makabren Feldes erreicht hatten, schauten wir nach vorn und sahen die Halle, die uns in so guter Erinnerung geblieben war.
    Sie sah so aus wie die in Prag, war aber noch neu. Wahrscheinlich war sie erst vor wenigen Tagen gebaut worden. Wenige Meter mußten wir noch überwinden, um sie zu erreichen. Ich ging schon schneller, auch der Russe folgte mir, und wir beide hatten plötzlich das Gefühl, in Watte zu treten.
    Die Umgebung verschwand.
    Es war wie bei einem Film, der allmählich blasser wird und sich dabei immer weiter zurückzog. So erging es uns mit den Feldern.
    Die Halme verschwammen ebenso wie die Schädel. Nebelfetzen trieben vor die Gesichter, der Himmel nahm eine andere Farbe an, der wurde dunkel, und dafür schob sich ein anderes Bild vor unsere Augen.
    Der Friedhof…
    Ich spürte, daß die Erde hart wurde und wir wieder fester auftreten konnten. Nichts gab mehr nach. Es gelang uns, völlig normal zu laufen, was keiner so recht begreifen konnte.
    »John, sag mir, daß ich spinne.«
    »Das müßte ich dann auch…« Ein Schlag traf mein Gesicht. Es war ein Zweig, der über meine Wange schrammte und einen rötlichen Strich hinterließ. Aus dem Nichts hatte sich der Baum hervorkristallisiert, wie auch die zahlreichen anderen neben den Büschen, dem Unterholz und auch den Grabsteinen, die aus den Kopfenden fertiger Gräber schauten. Sie alle lagen nahe der Leichenhalle, sahen noch frisch aus, und überhaupt hatte sich der Friedhof verändert.
    Er kam mir neuer und trotzdem älter vor. Älter insofern, als daß man in unserer Zeit so keinen Friedhof mehr anlegte.
    Von einem Wunder wollte ich nicht sprechen. Wenn doch, dann von einem magischen, und das machte uns sprachlos.
    Die Luft war kühler geworden. Vor unseren Lippen dampfte der Atem. Wladimir Golenkow fragte mit krächzender Stimme: »John, träume ich? Sag mir, daß ich träume.«
    »Nein, du träumst nicht.«
    »Dann ist das alles wahr.«
    Ich lachte leise. »Wie du siehst…«
    »Das ist verrückt, wirklich. Das ist reiner Wahnsinn, sage ich dir. Also ich komme da nicht mit. Ich bin irgendwie erschlagen. Das kann es doch nicht geben…«
    »Beruhige dich…«
    »Nein, ich habe geträumt. Das Skelett, dieses Feld mit den Köpfen, der Weg durch die Halme…«
    »War existent.«
    »Und wieso kannst du das behaupten?« fragte er laut.
    »Weil wir uns möglicherweise an einer Schnittstelle zweier Magien oder magischer Ströme befunden haben. Das ist der Grund, kein anderer.«
    »Und jetzt stehen wir wieder dort, wo unsere Reise begonnen hat.«
    »So ungefähr. Nur um einige Hundert Jahre zurückversetzt. Mach dich darauf gefaßt, daß du dich im auslaufenden Mittelalter befindest, wo die Menschen versucht haben, gottgleich zu werden. Du wirst vielleicht das erleben, was Goethe erwähnt hat. Die Geburt des Menschleins, des Homunkulus.«
    Wladimir Golenkow schwieg. Wahrscheinlich hatte ihm meine Erklärung die Stimme verschlagen. Auch für mich war es kaum zu fassen, obwohl ich mich damit abfinden mußte. Ich hatte schon des öfteren ähnliche Überraschungen erlebt und war davon überzeugt, daß ich hier ebenfalls eine Erklärung bekommen würde.
    Uns fiel auch das Rauschen auf, das eine permanente Begleitmusik bildete.
    »Hört sich an wie ein Fluß«, sagte Wladimir.
    Ich schaute ihn fast böse an. »Denk an die Moldau. Die hat es schon damals

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