0383 - Londons Gruselkammer Nr. 1
Suko sah und hörte ich nichts, dafür überraschte mich etwas anderes, als ich die Treppe noch nicht einmal hinter mir gelassen hatte.
Licht strahlte auf.
Rotviolett, so verdammt künstlich aussehend, und ich wußte Bescheid, denn dieses Licht entstammte keiner Glühbirne, keiner Leuchtstoffröhre, es war auf einer anderen Basis geschaffen worden.
Auf einer magischen, die der Würfel des Unheils brachte.
Mir blieb ein Fluch im Hals stecken. Bisher hatte ich daran gedacht, daß sich alles noch als nicht magisch herausstellen würde.
Durch das Aufleuchten des roten Lichts war ich eines Besseren belehrt worden und wußte gleichzeitig, daß nun Akim Samaran den Würfel des Unheils besaß. Der Spuk mußte ihn aus der Hand gegeben haben.
Das war schlimm.
Irgendwo vor mir lauerte er. Da wartete er auf mich, daß ich vielleicht den Fehler machte und ihm oder seinem Leibwächter vor die Mündung lief. Ich hielt mich zurück, denn vor mir veränderte sich die Szenerie.
Innerhalb des Gewölbes erwachten die Wachsfiguren zu einem unheilvollen und grauenhaften Leben. Als hätten sie die Jahrhunderte über in einem Dornröschenschlaf gelegen, wurden sie nun wach und begannen mit ihrem makabren Tanz.
Der Spaziergang durch The London Dungeon begann mit der keltischen Mythologie, und zwar dort, wo sie am blutigsten war und noch Bilder aus dem Druidenglauben zeigte.
Schreckliche Blutpriester wurden zu einem geisterhaften Lebenerweckt und drehten sich auf der Stelle. Sie starrten sich gegenseitig an, dann wandten sie ihre Blicke und fixierten mich, der ich noch auf der zweitletzten Stufe stand.
Diese Dinge paßten natürlich nicht in die englische Geschichte, aber Druiden geisterten immer wieder durch Mythen und Legenden. Ich hatte es oft genug am eigenen Leibe erlebt, wie gefährlich alte Druidenflüche sein konnten. Dafür stand manchmal der Name Aibon, wobei ich mir über dieses Reich noch nicht so recht im klaren war, auf welche Seite sich seine Bewohner nun schlagen wollten. Möglicherweise hatte es im Mittelalter schon andere Magier gegeben, denen es gelungen war, den Kontakt zu Aibon herzustellen und die ihre Erfahrungen nicht für sich behalten, sondern an die Nachwelt überliefert hatten. Deshalb auch diese schrecklichen Wachsfiguren.
Ich mußte umdenken.
Aibon konnte ich vergessen. Wichtig war einzig und allein das rotviolette Licht, das nur der Würfel ausstrahlen konnte. Sein Träger mußte sich irgendwo vor mir versteckt halten.
Das Gewölbe war groß genug. Es standen ihm zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Auch das ließ ich zunächst einmal dahingestellt sein, es zählte nur der Würfel.
Und zwar meiner!
Durch ihn allein konnte es mir gelingen, das Grauen zu stoppen.
Das heißt, ich mußte seine Kraft gegen die des echten stellen, so daß sich beide Magien schließlich aufhoben und die Normalität wieder hergestellt werden konnte.
Bisher hatte ich mich noch nicht getraut, den Würfel einzusetzen.
Obwohl er ein Zwitter war, das heißt, er konnte dem Guten ebenso dienen wie dem Bösen, besaß ich ein wenig Furcht davor, seine Kraft gegen die des echten zu stellen.
Es konnte auch schiefgehen.
Die restlichen beiden Stufen der Treppe ließ ich ebenfalls hinter mir und stand jetzt dem Blutaltar mit dem gefährlichen Druidenpriester direkt gegenüber.
Er wollte etwas von mir.
In der Hand hielt er ein gefährliches Messer, dessen Klinge mit nachgemachtem getrockneten Blutresten bedeckt war. Die Figur hatte ein widerliches Gesicht. Schmal mit eingefallenen Wangen.
Seine Haare erinnerten mich an bleiches Gestrüpp.
Aus dem Hintergrund näherte sich ebenfalls eine Figur. Ihre Füße waren durch eine Kette miteinander verbunden, und sie konnte nur sehr langsam laufen. Bei jeder Beinbewegung spannte sich die Eisenkette zwischen ihren Gelenken, und ein heftiges Rasseln begleitete sie.
Er sah so aus, als wollte er mir unbedingt gemeinsam mit dem anderen an den Kragen.
Und das hatte ich nicht gern.
Erst einmal kümmerte ich mich um den Druiden. Ich ging ihm sogar entgegen, den Würfel hielt ich fest zwischen beiden Handflächen und konzentrierte mich voll auf ihn und seine Kräfte.
Mir brach der Schweiß aus.
Nicht allein die Zustände in diesem Keller sorgten dafür, auch das nicht genaue Wissen, wie der Würfel nun reagieren würde, wenn ich ihn voll einsetzte.
Vernichten! Vernichte das Böse vor mir! So sprach ich gedanklich zu ihm, und er ließ mich nicht im Stich.
Seine Kräfte wandten sich
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