0386 - Die Hölle war schon angeheizt
unten und ließ das Gebräu in die Tasse laufen. Er blickte nicht einmal hoch, als er mir die Tasse hinschob.
»Wenig Gäste«, sagte ich, als ich drei Nickel auf das Blech klappern ließ. Er strich das Geld ein. Diesmal schaute er mich an.
»Ach ja, jetzt erkenne ich Sie wieder, Sie sind der G-man, der gestern Abend schon hier war. Wenn Sie das Mädel sprechen wollen, die ist weg.«
»Erzählen Sie!«, forderte ich ihn auf.
»Na, sie ist einfach weg, Mister. Gestern Morgen, als sie ankam, heulte sie mir was vor. Ich hab sie behalten und ihr sogar die Dachkammer zum Schlafen angeboten. Sie tat fast, als wollte sie mir die Hände küssen dafür. Ich bin allein und konnte eine Hilfe brauchen, G-man. Als sie heute Morgen nicht runterkam, hab ich gedacht, sie hätte verschlafen. Ich bin rauf, aber sie war weg. Ich hab mir schon so was gedacht, als Sie und Ihr Kollege gestern hier aufkreuzten. Was hat sie denn ausgefressen?«
»Wenn Sie noch mal hier auftauchen sollte, rufen Sie mich bitte an«, bat ich. »Mein Name ist Cotton. Sie brauchen nur die Nummer unseres Headquarter zu wählen, dann werden Sie verbunden. Wenn ich nicht selbst da sein sollte, sagen Sie es dem Mann in der Vermittlung.«
»Werde ich tun, Agent Cotton. Aber ich glaube nicht, dass sie wiederkommt. Sie hatte praktisch außer ihrer Handtasche nichts bei sich, als sie ankam. Einen Mantel auch noch, ja.«
»Einen Mantel? Was für einen Mantel?«
»Einen Pelzmantel«, sagte er. »Sah viel zu teuer aus für sie. Hat sie ihn gestohlen?«
»Ich glaube nicht«, meinte ich und trank meine Tasse aus.
Ich lief eine halbe Stunde in der Mac-Dougal Alley herum, ehe ich vor der richtigen Tür stand.
»Hallo, Rosie«, sagte ich erfreut, als sie öffnete. »Darf ich einen Augenblick hereinkommen?«
»Ich bin Lydia Steffen. Mein Name steht deutlich genug draußen angeschrieben, Mister. Sie haben sich also geirrt!«
»Vielleicht nicht so ganz«, erwiderte ich. »Ich habe Sie mit Ihrer Schwester verwechselt. Das kann doch bei Zwillingen Vorkommen. Wo ist Rosie?«
»Verschwinden Sie jetzt!«, fauchte sie. »Oder ich rufe die Polizei!«
»Die Mühe können Sie sich sparen, Miss!« Ich zeigte ihr meinen Ausweis. Irgendwie kam ich mir bei der ganzen Angelegenheit gefoppt vor. Für mich war das Rosie Steffen, die da hinter der Tür stand, die eine Hand an der Sperrkette.
»Wo ist Rosie?«, fragte ich noch einmal.
»Wenn sie nicht zu Hause bei Mutter ist, weiß iph es auch nicht, Mr. G-man. Vielleicht schauen Sie da mal nach!«
Wenigstens hakte sie die Sperrkette aus und ließ sich in ihrer ganzen Größe bewundern. Ich hätte einen Eid darauf leisten können, Rosie Steffen vor mir zu haben. Aber wie hätte ich die Wahrheit feststellen sollen, wenn ich nur eine der beiden Schwestern vor mir hatte?
Lydia, wenn sie’s wirklich war, bestätigte Punkt für Punkt die Aussagen Matt Stampers. Er sei bis gegen Morgen bei ihr in der Wohnung geblieben, behauptete sie. Ich ließ mir ihren Personalausweis zeigen. Er lautete tatsächlich auf den Namen Lydia Steffen, aber ich war immer noch nicht überzeugt. Die Geschichte klang so konstruiert fantastisch, dass ich mir endgültige Gewissheit verschaffen musste.
Ich fuhr also in die Jane Street zu Mutter Steffen. Auf meine Frage nach Rosie antwortete sie mit einem überstürzten Wortschwall. Ich hoffte, ihre Zunge würde bald heiß laufen, aber darin hatte ich mich getäuscht. Sie schien es mit einem der Dauerredner im Senat aufnehmen zu wollen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als sie zu unterbrechen.
»Stimmt es, dass Rosie noch eine Zwillingsschwester hat?«, fragte ich sie.
»Ja. Haben Sie sie vielleicht getroffen? Wie geht es Lydia?«
»Ich weiß nicht einmal, ob ich sie getroffen habe«, gab ich zu. »Es kann auch Rosie gewesen sein. Wann haben Sie Lydia zum letzten Mal gesehen?«
»Das ist jetzt fast ein Jahr her. Sie wollte nicht mehr hierbleiben und ging weg, als sie eine Stellung fand, die ihr genug einbrachte.«
Ich verabschiedete mich schnell von Mrs. Steffen, um den Klagen über die Undankbarkeit der Kinder zu entgehen.
Es gab also tatsächlich zwei Steffen-Girls. Aber mit welchem von beiden ich zu welcher Zeit gesprochen hatte, stand immer noch nicht fest. Möglicherweise hatte ich immer mit der gleichen verhandelt, und Matt Stamper hatte die Existenz der zweiten Schwester ausgenutzt, sich ein Alibi zu verschaffen. Ich musste unbedingt die beiden zur selben Zeit vor mir haben, um diese mysteriöse
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