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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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zuvorzukommen?«
    »Wie bitte?«
    »Daß er das Gold ohne Ihre Hilfe zu finden versucht.«
    »Das wagt er nicht!« stieß Mary hervor.
    »So, meinen Sie? Nun, ich überraschte ihn in der vorletzten Nacht mit einem Stemmeisen in den Ruinen der Abtei.«
    »Oh, der Hund!« Damenhaft war diese Ausdrucksweise nicht, der Augenblick freilich auch nicht dazu angetan, an gesellschaftliche Formen zu denken. »Dieser schmutzige, diebische, falsche Schleicher!« tobte sie weiter. »In der Abtei mit einem Stemmeisen? Soll er kratzen und herumstochern, soviel er Lust hat - finden wird er nichts!« Sie lachte schrill. »Er hat mich betrogen! Ich gab ihm alles, was eine Frau einem Mann geben kann - verstehen Sie mich recht, Mr. Gilder, ich meine in bezug auf den Schatz. Um alles in der Welt möchte ich nicht, daß Sie mich mißverstehen, ich habe mich immer als Dame benommen!« Nach einer Weile wurde sie ruhiger. »Wem kann ich trauen?« fragte sie flehend.
    Und Gilder griff das Stichwort auf.
    »Mir!« sagte er sanft.
    Marys Blick streifte ihn. Eigentlich war er eine recht annehmbare Erscheinung, das graue Haar gab ihm sogar etwas Distinguiertes.
    »Bei mir würden Sie kein legales Dokument benötigen.«
    »Doch. Das auf jeden Fall«, widersprach sie entschieden. »Ich traue keinem Mann.«
    »Nun, Sie könnten auch jedes gewünschte Dokument von mir haben. Ich bin sogar bereit, mich rettungslos zu kompromittieren.«
    Sie hüstelte.
    »So weit möchte ich nicht gehen«, wehrte sie, ihn mißverstehend, verschämt ab.
    »Ich meinte, daß ich das Risiko der Entdeckung auf mich nehmen würde, ohne mir, wie Arthur Gine, den Rücken zu sichern.«
    Sie betupfte sich mit einem winzigen Taschentuch die Augen.
    »Mr. Gilder, obwohl ich Sie erst so kurz kenne, sind Sie mir lieb und wert geworden. Am Dienstag sagte ich noch zu meiner Freundin: ›Mr. Gilder ist ein Gentleman durch und durch!‹ Wie heißen Sie eigentlich mit Vornamen?«
    »Fabrian.«
    »Fabrian ...« Wie eine Liebkosung wiederholte sie es. »Ich würde Sie Fabe nennen. Klingt das nicht nett?«
    »Ich möchte, daß wir heute nacht hinfahren.«
    Ihre Miene verdüsterte sich.
    »Zur Abtei? Nachts?«
    »Mit meinem Wagen sind wir in anderthalb Stunden dort, und falls nicht zuviel zu graben ist ...«
    »Überhaupt nicht«, fiel sie ihm ins Wort. »Aber nachts?«
    »Warum nicht? Mein Häuschen liegt knapp einen Kilometer von der Abtei entfernt. Wenn das Gold wirklich dort ist, an einem erreichbaren Platz, könnten wir genug davon mit uns nehmen, um als sehr reiche Leute ein neues Leben zu beginnen.«
    Mary Wenner ließ eine lange Minute verstreichen.
    »Sie werden natürlich denken, daß ich eine schreckliche Person bin. Trotzdem, Mr. Gilder - oder besser, Fabe -möchte ich etwas schwarz auf weiß in Händen haben.«
    Sofort, ohne Widerrede, verfaßte Fabrian Gilder ein Dokument, das, wie er scherzend sagte, genügte, um ihn an den Galgen zu bringen, und das sogar die mißtrauische Mary Wenner von der Ehrlichkeit seiner Absichten überzeugte. Er schrieb mit seiner eigenen Füllfeder, einem ganz neuen Fabrikat, die mit einer Tinte gefüllt war, für die der Verkäufer garantiert hatte, daß sie innerhalb von sechs Stunden von jedem Papier wieder verschwinde.
    »Gut, Fabe, wann fahren wir?«
    »Halb zehn.«
    »Und bitte kein Stemmeisen!« rief sie ihm boshaft nach. »Das Handwerkszeug, das wir brauchen, ist in meiner Handtasche.«

22
    Gegen Abend hatten sich im Westen schwere, dunkle Wolken zusammengeballt. Ein feiner Regen rieselte, als Fabrian Gilder seinen Wagen zum verabredeten Treffpunkt in der Marylebone Road steuerte.
    Es überraschte ihn selbst ein wenig, mit welcher Bestimmtheit er an das Vorhandensein des Schatzes glaubte. Er hatte nämlich, um Platz für das Gold zu schaffen, nicht nur alles Entbehrliche aus dem Wagen geräumt, sondern auch Berechnungen über das Gewicht angestellt, das er bei jeder Fahrt fortschaffen könnte.
    Es wurde jedoch zehn Uhr, bis Mary Wenner erschien und sich mit einem Schwall von Entschuldigungen neben ihm niederließ.
    »Beinahe wäre ich überhaupt nicht gekommen. Wirklich, ich spreche im Ernst - sobald Sie mich verlassen hatten, mußte ich dauernd an den gräßlichen Schwarzen Abt denken!«
    »Sie glauben doch nicht etwa an solchen Hokuspokus?«
    Der Wagen zog scharf um die Ecke der Baker Street.
    »Ich weiß nicht. Ein- oder zweimal wurde er in der Zeit, die ich in Fossaway zubrachte, gesehen. Aber nach den Zeitungen soll er auch neulich

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