039 - Tod in der grünen Hölle
geschlafen. Die Begeisterung glänzte in seinen Augen.
Er ging zu Dorian Hunter. Dessen Schwellungen und Blasen von den Termitenbissen waren etwas zurückgegangen, brannten und juckten aber immer noch.
»Ich habe diese Termitengattung analysiert«, sagte Rogard stolz. »Es handelt sich um eine Abart der Reticulitermes lucifugus, die man auch in Nordafrika findet. Hätten Sie das für möglich gehalten, Mr. Hunter?«
Dorian kratzte sich an einer Bißstelle, die besonders juckte. »Mir ist es gleich, wie diese Biester heißen«, sagte er grimmig. »Wenn ich könnte, würde ich den ganzen Riesenbau mit allen Reticuli-Dingsda niederbrennen.«
»Ich habe die Riesenart auch gleich benannt«, sagte Rogard schwärmerisch. »Da es sehr große, kriegerische Tiere sind und Sie uns hergeführt haben, Mr. Hunter, habe ich ihnen den Namen Monster Reticulitermes bellicosus Hunter gegeben. Oder würde Ihnen Monster Reticulitermes bellicosus Dorian mehr zusagen?«
Dorian rieb sich die verschwollenen und blutunterlaufenen Augen. Er sah den Biologen mit dem Albert-Schweitzer-Bart an, als sei dieser selber eine Riesentermite.
»Dr. Rogard«, sagte er laut, »sollten Sie diese Biester, die mich fast aufgefressen haben, mit meinem Vor- oder Nachnamen in Verbindung bringen, so werde ich Ihnen den Bart ausreißen und den Termiten zum Fraß vorwerfen. Glauben Sie nur nicht, daß das eine leere Drohung ist. So, und jetzt wissen Sie, was ich von Ihren Namensvorschlägen halte.«
Dorian wandte sich ab und ging zu Roman Lipwitz, der zum ersten Mal seit seiner Rettung bei Bewußtsein war. Er mußte grinsen und wollte es dem Biologen nicht zeigen.
»Roher Mensch!« murmelte Rogard. »Nun ja, Monster Reticulitermes bellicosus Rogardis klingt eigentlich auch nicht schlecht.«
Lipwitz sah Dorian und die anderen an, als könnte er es nicht fassen, noch am Leben zu sein.
»Wer … bist denn du?« krächzte er und schaute zu Dorian auf.
»Dorian Hunter, ein guter Freund von Jeff Parker. Ich bin erst vierzehn Tage nach eurem Aufbruch zum Stützpunkt gekommen.«
»Dorian Hunter. Jeff Parker hat – von dir erzählt.« Er erholte sich nun schnell. Sich viel bewegen oder aufstehen konnte er noch nicht, aber zu sprechen vermochte er bald ohne Anstrengung. Er erzählte, was seinem Suchtrupp zugestoßen war, und schilderte, wie sein Freund Roger Ballard von dem Dämon Atahualpa auf rituelle Weise in ein Netz eingewickelt und mit zusammengenagelten Händen in einen Nebenfluß des Orinoco geworfen wurde. Dorians Theorie über den Weg des untoten Roger Ballard hatte also gestimmt.
Lipwitz erzählte, daß er tagelang durch den Dschungel geirrt war, seit er die Stadt El Dorado gesehen hatte. Sein Gewehr hatte er in einem Sumpfloch verloren. Die Arauaindios hatten ihn in einer Netzfalle gefangen. Lipwitz war einen Dschungelpfad entlangmarschiert und in ein geschickt auf dem Boden verborgenes Flechtnetz hineingelaufen. Er hatte sich mit dem Kopf nach unten hängend und in ein Netz eingewickelt an einem Baumast baumelnd wiedergefunden. Vom Verbleib Jeff Parkers und seiner Expedition wußte er nichts.
Diesen Tag mußte die Expedition an Ort und Stelle bleiben, denn Bruce Ehrlich und Roman Lipwitz waren noch zu schwach, um weiterzumarschieren. Von den Arauaindios war nichts zu befürchten. Die Pygmäen sicherten die Umgebung ab.
Dorian schien es, als hätten sich die Pygmäen vermehrt. Man konnte nie genau sagen, wie viele in der Nähe waren. Sie zeigten sich nie alle und tauchten überall auf; sie waren neugierig und unbefangen wie Kinder und von einer primitiven Grausamkeit, wenn man sie zu Feinden hatte.
Am Abend und in der Nacht hörten sie die Buschtrommeln der Pygmäen. Sie sahen Feuerschein zwischen den Bäumen, tanzende Gestalten, hörten schrille Schreie und rhythmische Gesänge. Dorian verbot den anderen, die Feier der Pygmäen zu stören oder auch nur zu beobachten. Er wollte die Pygmäen nicht erbosen. Außerdem hatte er auch noch einen Hintergedanken bei seinem Verbot; er fürchtete nämlich, daß die Expeditionsmitglieder Dinge zu sehen bekommen könnten, die es ihnen in Zukunft unmöglich machten, weiter die Freunde und Verbündeten der Pygmäen zu bleiben. Umsonst hatten bestimmt nicht manche von ihnen die Zähne nach Kannibalenart zugefeilt.
Am nächsten Morgen ging es nach einem Frühstück aus gebratenem Affenfleisch weiter, der geheimnisvollen Stadt El Dorado entgegen, die nach Roman Lipwitz' Worten aus dem Nichts im Dschungel
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