039 - Tod in der grünen Hölle
ungeachtet des Schmerzes zerschlug er sie an dem dünnen Stamm eines Palmengewächses.
Anderthalb Kilometer weit verfolgten die Mörderbienen James Rogard und Elliot Farmer. Beide Männer erhielten über ein Dutzend Stiche. Als sie endlich bei der Expedition anlangten, waren sie am Ende ihrer Kräfte. Rogard hatte drei dicke Beulen im Gesicht und eine im Nacken, außerdem waren Mörderbienen unter seine Kleidung gekrochen und hatten ihn an verschiedenen Körperstellen gestochen. Die Mörderbienen konnten mehrmals stechen, was sie um so gefährlicher machte. Elliot Farmer sah auch nicht besser aus. Beide Männer keuchten.
»Dieser Verrückte hat die Mörderbienen mit seinem Blitzlicht aufgestört«, sagte Elliot Farmer erbost. »Unser Führer ist ihnen zum Opfer gefallen.« Etwas krabbelte an Farmers Hüfte unter der Hose. Er schlug mit der flachen Hand zu und stieß einen Schrei aus. Eine Mörderbiene war bis jetzt unter seinen Kleidern herumgekrabbelt.
Rogard versuchte Farmers Hand festzuhalten. »Nicht! Das ist eine gute Chance, ein Exemplar lebend zu erhalten.«
Elliot Farmer hätte ihn am liebsten erschlagen. »Ihretwegen wäre ich beinahe ums Leben gekommen. Gehen Sie mir vom Hals, ehe ich mich vergesse!«
Die Bienenstiche der beiden Männer wurden mit Zuckerwasser ausgewaschen. Die drei sie begleitenden Pygmäen erregten sich nicht besonders über den Tod ihres Stammesgenossen. Im Urwald lebten sie ständig mit dem Tod, der ihnen in vielerlei Form begegnete. Der Pygmäe war freiwillig bei Rogard und Farmer geblieben; es war seine Sache und sein Risiko gewesen.
James Rogard stellte fest, daß er beim Wegwerfen der Ausrüstung auf der Flucht vor den Mörderbienen auch den Tornister mit den Behältern mit den Riesentermiten weggeworfen hatte. Frank, Lukrezia und Messalina waren verloren. Rogard war untröstlich, als keiner mit ihm in den Bereich der Mörderbienen zurückgehen wollte, um den Tornister zu suchen. Auch die Pygmäen wollten nicht, egal was er ihnen bot. Mit James Rogard war in den nächsten vierundzwanzig Stunden kein vernünftiges Wort mehr zu reden. Die Gewißheit, daß er einige gute Fotografien von den Bienenstöcken und den ausschwärmenden Mörderbienen sowie den Riesentermiten und ihren Bauten besaß, war nur ein schwacher Trost.
An den nächsten beiden Tagen geschah nichts Erwähnenswertes. Der Marsch durch den Dschungel war kräfteverzehrend und strapaziös. Am Morgen des dritten Tages nach der Episode mit den Mörderbienen hatte Bruce Ehrlich einen Malariaanfall, und bei Roman Lipwitz kam eine Amöbenruhr zum Ausbruch. Während er durch den Dschungel geirrt war, hatte er oft nicht desinfiziertes Wasser getrunken. Sein Gesicht war fahl. Er hatte Leibschmerzen und mußte alle paar Minuten in die Büsche. Die Pygmäen gaben ihm Kräuter zum Kauen, aber es würde ein paar Tage dauern, bis eine Besserung einsetzte, wenn überhaupt.
Bei Bruce Ehrlich blieb abzuwarten, welche Form der Malaria er erwischt hatte. Bei den verschiedenen Arten der Krankheit erfolgten die Fieberanfälle alle drei oder vier Tage oder sogar täglich. Zu allem Überfluß hatte Ehrlich auch noch das Schwarzwasserfieber. Sein Gesicht war so gelb wie eine Quitte, sein Urin schwarzbraun.
Dorian und die anderen gaben ihm Atebrintabletten, und die Pygmäen holten die Rinde des Angostoura-Baumes, die Chinin enthielt und die Bruce Ehrlich kauen mußte. Ans Weitermarschieren war an diesem Tag nicht zu denken, sonst hätte der schwere Bruce Ehrlich geschleppt werden müssen.
Am Nachmittag wurde Sacheen von einer Schlange gebissen. Dorian war in der Nähe. Er machte sofort einen Kreuzschnitt und saugte das Gift aus Sacheens Wade. Trotzdem bekam Sacheen Schüttelfrost; sie fantasierte, ihr Körper wurde abwechselnd heiß und kalt, und ihr Puls ging unregelmäßig.
Es war ein schwarzer Tag. Bruce Ehrlichs Kreislauf war ohnehin schon ruiniert, seit er den Curarepfeil in die Schulter bekommen hatte. Die Expeditionsteilnehmer mußten fürchten, daß Sacheen und Bruce Ehrlich den Tag nicht überleben würden.
Am Abend gab es Affenfleisch. Die Pygmäen hatten mit ihren Giftpfeilen Beute gemacht. Die kleinen Männer betrachteten scheu die Kranken. Nach ihrem Aberglauben steckten hinter den meisten Krankheiten böse Geister, die in den Körper des Kranken gefahren waren. Sie wußten eine Menge über Heilkräuter und -pflanzen, aber ihre Anwendung ging nie ohne magische Beschwörungen, Getrommel und geheime Riten vor sich. Sie
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