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039 - Tod in der grünen Hölle

039 - Tod in der grünen Hölle

Titel: 039 - Tod in der grünen Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Meter zwanzig hohen Brettwurzel eines mächtigen Urwaldriesen. Der Baum wuchs sicher siebzig Meter in die Höhe. Er stand am Ufer eines Bächleins, dessen Wasser einige seiner Brettwurzeln unterspült hatte. Die Ralle pickte an etwas herum, was Dorian zunächst für eine braune Eidechse hielt. Dorian schaute nur hin, weil ihm die prächtige Zeichnung der Sonnenralle auffiel, aber dann erregte der Gegenstand, den die Ralle aus den dichten Moosflechten gezerrt hatte, sein Interesse.
    Die Ralle flog weg, als Dorian sie eine Weile angeleuchtet hatte. Dorian bahnte sich seinen Weg zu der mächtigen Brettwurzel. Er holte sich im Bach nasse Füße, achtete aber nicht darauf. Vorsichtig nahm er den Gegenstand in die Hand, an dem die Sonnenralle gepickt hatte.
    Ein tiefer Atemzug hob Dorian Hunters Brust. Es war ein Quipu, eine jener komplizierten Knotenschnüre der Inkas. Das Quipu, das Dorian Hunter in der Hand hielt, hatte Schnüre von vierzig Zentimetern Länge. Sie waren aus einem sehr widerstandsfähigen Material geflochten und hatten die Zeit unbeschadet überdauert. Dorian kannte dieses Quipu gut. Als Georg Rudolf Speyer hatte er es 1536 hier verloren. Der Ceibabaum, damals ein kleiner Schößling oder noch gar nicht vorhanden, hatte mit seiner mächtigen Brettwurzel in den mehr als vier seither vergangenen Jahrhunderten das Quipu vom Boden emporgetragen, und ein Zufall – oder eine unergründliche Fügung des Schicksals – hatte Dorian es finden lassen.
    Der Dämonenkiller hielt das Quipu in der Hand und sah darauf. Unter dem Laubdach der mächtigen Urwaldbäume, im dunklen, von Tierstimmen erfüllten Dschungel in der Gegend zwischen Casiquiare, Orinoco und Guainia, vereinigten sich für Dorian Hunter Gegenwart und Vergangenheit in Gestalt des jahrhundertealten Quipu.
    Jetzt hatte Dorian Hunter absolute Gewißheit. Hier befand sich El Dorado. Er war am richtigen Platz. Doch wohin war die Stadt entschwunden? Und wann würde er sie wieder zu sehen bekommen?

    Am Morgen, als die Expeditionsteilnehmer frühstückten, krachte im Dschungel ein Schuß. Vögel flogen kreischend auf, und Affen zeterten in den Bäumen.
    »Was war das?« fragte Roman Lipwitz.
    »Der Schuß einer Arkebuse«, antwortete Daponde, »einer altertümlichen Luntenschloßmuskete aus dem sechzehnten Jahrhundert.«
    »Das heißt, die Spanier sind wieder in der Nähe«, rief Arturo Pesce. Er hatte sich in den letzten Tagen recht still verhalten. Gene Greene war ein guter Freund vom ihm gewesen. Er hatte Pesce trotz seiner Fehler und seiner widerwärtigen Art gemocht. Greenes Tod ging Pesce nahe.
    Dorian nahm seinen Simonow-Karabiner und stürmte los. Pesce folgte ihm, das Schnellfeuergewehr schußbereit. Sie liefen in die Richtung, aus der der Schuß gekommen war. Doch im Dschungel war die genaue Richtung nicht so ohne weiteres festzustellen. Dorian schaute sich suchend um, erblickte aber keinen Menschen. Er stolperte zwischen hohen Farngewächsen fast über den Leichnam eines Pygmäen. Ein Arkebusengeschoß hatte ihn mitten in die Brust getroffen und ein gewaltiges Loch gerissen.
    Dorian pirschte sich mit schußbereitem Schnellfeuerkarabiner durch die Büsche. Er hörte vor sich einen heiseren Gesang, ein Lachen. Eine rauhe Stimme grölte in altertümlichem Spanisch ein Landsknechtlied.
    »… den Weinschlauch her, die Brandfackel bereit, die Plünderung beginnt!«
    Dorian war eigenartig berührt. Es schien ihm, als seien mehr als vier Jahrhunderte nur ein Tag gewesen. Er ging um die hohen Wurzeln eines mächtigen Urwaldbaumes herum – und da sah er ihn: Pascual Martinez, den Mann, mit dem er Ende 1536 mit dreißig Spaniern, hundert Indios und der gefangenen Macchu Picchu aufgebrochen war, um das sagenhafte El Dorado zu suchen. Damals hatte der Dämonenkiller Georg Rudolf Speyer geheißen.
    Pascual Martinez hatte sich nicht verändert. Er war klein, hatte krumme O-Beine vom Reiten, dunkles Haar, einen Spitzbart und eine Geiernase. Er trug einen Brustharnisch und enge Kniehosen; seine Eisenhaube hatte er irgendwo im Dschungel verloren. Das Haar hing ihm wirr in die Stirn.
    Er saß rittlings auf einem umgestürzten Baum und war gerade damit beschäftigt, seine Arkebuse zu laden. Als er Dorian sah, hinter dem jetzt Arturo Pesce hervortrat, zog er seinen langen Degen aus der rostenden Scheide.
    »Wer seid Ihr?« rief er in altertümlichem Spanisch.
    Arturo Pesce riß das Schnellfeuergewehr hoch und drückte ab. Doch kein Feuerstoß ratterte aus der

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