0396 - Mord-Marionetten
Fäden Bewegung kam, auch in die Lumpen, die auf der Platte lagen.
Sie wurden zu Gegenständen – zu Figuren…
Puppen entstanden!
Ich war fasziniert. Die Marionetten sahen alle verschieden aus.
Zwei von ihnen waren mit Armbrüsten bewaffnet. Sie trugen diese mir schon bekannte Robin-Hood-Kleidung. Jeweils außen standen sie, um die vier anderen einzurahmen. Davon waren zwei mit Schwertern bewaffnet, zu denen die Rüstungen passten. Eine Puppe trug eine Pistole und sah aus wie ein Motorradkiller, denn zur Lederkleidung fehlte nur der Helm. Die letzte Puppe trug ein Messer.
Sie hatte eine fahle Haut, sodass sie Ähnlichkeit mit einem Zombie bekam.
Diese sechs standen auf der Platte, wurden von dem bisher für mich nicht sichtbaren Mr. Doll gehalten und rührten sich nicht, als warteten sie auf einen bestimmten Befehl.
Ich wischte über meine Stirn und schaute nach rechts, wo Moira stand und lächelte.
»Du weißt mehr, nicht?«
»Ja, Sinclair, ja…«
»Und was?«
»Diese sechs sind die Mörder. Sie werden dich wahrscheinlich umbringen, wenn das Spiel vorbei ist.«
»Und an welches Spiel hast du gedacht?«
»Lass dich überraschen!«
Wohl fühlte ich mich nicht. Ich ärgerte mich darüber, dass andere die Regie übernommen hatten und ich in eine Statistenrolle hineingedrängt worden war. Den wahren Meister der Puppen hatte ich noch nicht zu Gesicht bekommen.
Er musste unter dem Dach des Zeltes lauern, denn von dort lenkte er die Marionetten.
Ich sah zuerst dort oben die Bewegung, bis ich den Blick senkte und erkannte, dass sie sich auch auf die sechs Puppen übertragen hatte. Keine von ihnen wurde verschont. Jede Puppe bewegte plötzlich ihre Glieder, auch die Waffen begannen zu zittern oder zu tanzen, und ich hatte das Gefühl, bald von einem Schwert oder einem Messer durchbohrt zu werden.
Moira Cargal lachte leise. »Sind sie nicht herrlich?«, fragte sie mich. »Sind es nicht phantastische Werke einer edlen Kunst? Das ist doch einfach wunderbar, ich bin hingerissen.«
Man konnte es drehen und wenden. Die Puppen waren ein Kunstwerk. Ein wahrer Meister musste sie geschnitzt haben, aber in große Begeisterungsstürme verfiel ich nicht.
»Diese sechs bilden den Grundstock!«, erklärte mir Moira weiter.
»Sie werden auch dafür sorgen, dass du dein Lebenverlierst, John. Davon bin ich fest überzeugt. Du siehst jetzt deine Mörder vor dir…«
Ich bekam ein leichtes Kratzen im Hals. Moira hatte keinen Grund zu lügen, aber ich wollte mich auch nicht unterbuttern lassen und griff zur Beretta.
Vielleicht hätte ich dies eine Sekunde früher machen sollen, jetzt jedenfalls war es zu spät, denn plötzlich waren die Schlingen da und legten sich kunstvoll um meinen Hals.
Als ich den ersten scharfen Schmerz spürte, wusste ich, dass sie mich erwürgen konnten und mir dabei gleichzeitig die Kehle aufschnitten…
***
Hank Bowler war gewarnt. Er hatte die anderen beiden vorgehen lassen und wollte ihren Weg zunächst einmal verfolgen, aber auch, um ihnen die nötige Rückendeckung zu geben, denn sie mussten stets mit einem heimtückischen Angriff rechnen.
Weder James noch Ian näherten sich dem Zelt auf geradem Weg.
Sie schlugen sich zu zwei verschiedenen Seiten hin praktisch in die Büsche hinein und bewegten sich vorsichtig durch den dicht wachsenden Wald aus hohen Bäumen.
Die beiden hatten Glück. Es war keiner da, der sie angriff.
Hank nickte. Ein kurzes Grinsen zuckte über seine Lippen. Anscheinend hatten sie das Schlimmste hinter sich. Das war auch gut so, denn er wollte nicht noch einmal von diesen kaum sichtbaren Fäden erwischt werden.
Bowler blieb auf dem Weg. In der rechten Hand hielt er die Waffe mit dem Schalldämpfer. Wind fuhr durch den Park, bewegte die Blätter, und das Laub sang seine Melodie, die Hank Bowler auf seinem weiteren Weg begleitete.
Er hatte den Pfad fast hinter sich gelassen, als ihn die Gegner trotzdem überraschten. Diesmal nicht aus der Luft. Die Puppe tauchte rechts von ihm aus dem dicht wachsenden Gras am Wegrand auf und wurde mit zappligen Bewegungen auf die Wegmitte geführt, wobei in Höhe der Baumkronen zwei Schatten zu sehen waren.
Darauf achtete Bowler nicht.
Er war stehen geblieben, sah die Armbrust mit dem glühenden Pfeil und wollte schießen.
Diesmal war der andere schneller.
Zwar zuckte Hank Bowler noch nach rechts hin zur Seite, dem Pfeil aber konnte er nicht entgehen.
Er traf ihn hoch in die linke Schulter.
Das dicke Leder dämpfte den
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