0396 - Mord-Marionetten
das unheimlich wirkende Glühen fand seinen Weg entgegen der Erdanziehung, und zwar von unten nach oben, bis es sogar die Stange erreichte, einen Teil von ihr fahl erhellte und ich für einen Moment eine der beiden Hände überdeutlich sah.
Wenig später fiel wieder die Dunkelheit über die Stange und die Hände.
Ich lächelte kalt und rechnete kurz nach. Sechs minus eins ergibt fünf. Fünf teuflische Mord-Marionetten standen noch gegen mich.
Konnte ich sie alle so leicht packen wie die erste?
Daran wollte ich nicht so recht glauben, denn die anderen würden vorsichtiger werden.
Zum Glück brannte noch das Licht. Ich konnte also sehen, wenn sie mich angriffen.
Leider wurde dieses »Glück« rasch zerstört, denn Moira musste den gleichen Gedanken gehabt haben wie ich. Ihre Stimme war deutlich zu hören, als sie schrie: »Das Licht muss weg!«
Als ihr großer Gönner nicht reagierte oder nicht handeln konnte, wollte sie es selbst in die Hand nehmen. Ich hörte ihre Schritte, wie sie durch das Zelt jagte, konnte sie aber nicht sehen, weil sie sich stets im Dunkeln hielt.
Dann wurde es wieder still.
Sekunden vergingen, in denen nichts geschah und ich auch keine anderen Marionetten mehr sah.
Dann wurde es dunkel!
Moira musste den Kontakt oder einen Schalter gefunden haben, jedenfalls standen ihre Chancen und die der Marionetten jetzt besser als die meinen, denn ich hörte die verdammten Puppen nie, wenn sie sich mir näherten. Sie konnten sich nahezu lautlos bewegen.
Sicherheitshalber wechselte ich meinen Standort. Ich schritt tiefer in das Zelt hinein, also weg vom Eingang.
Ungefähr rechts über mir musste sich die Stange befinden, die von den beiden Händen gehalten wurde und an denen die dünnen, tödlichen Fäden herabhingen.
Wenn man diese Fäden auf einmal kappte, hatte ich wahrscheinlich das Schlimmste hinter mich gebracht. Zwar waren nur fünf Gegner zurückgeblieben, aber in dieser verdammten Finsternis konnten sie mich immer überraschen.
Wie jetzt!
Zum Glück hatte ich einen Blick nach links geworfen, denn dort glühte etwas auf. Ein Pfeil.
Ich kannte seine Gefährlichkeit aus dem Yard Building her und musste verdammt schnell sein. Geschmeidig tauchte ich weg, der Pfeil raste an mir vorbei in die Tischplatte.
Im ersten Augenblick hatte ich schießen wollen, doch ich sah kein Ziel und sparte mir die Kugel.
Rasch robbte ich unter den Altar. Er stand auf ziemlich hohen Steinfüßen, sodass ich auch unterhalb seiner Platte eine relativ gute Bewegungsfreiheit hatte.
Gern hätte ich mir einige ruhige Sekunden gegönnt, das war nicht möglich. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel, und ich wollte auch nicht, dass mir Moira Cargal ein zweites Mal entkam. Ihr Helfer musste einfach vernichtet werden.
Gewissensbisse brauchte ich dabei nicht zu haben. Dieser Mr. Doll war bereits tot. Sein Geist war eingegangen in das Zwischenlicht, der Körper möglicherweise längst verfault, nur die Hände und die Puppen waren zurückgeblieben.
Ich steckte die Beretta weg, ließ das Kreuz ebenfalls verschwinden und zog stattdessen eine andere, sehr gefährliche Waffe. Es war der silberne Bumerang, von mir auch scherzhaft Banane genannt. Wenn mein Plan tatsächlich klappte, konnte ich mit einem Wurf sämtliche Gefahren und Sorgen loswerden.
Wenn, wohlgemerkt…
So sicher die Deckung unter dem Tisch auch für mich war, hocken bleiben konnte ich bei dieser Aktion nicht, und deshalb schob ich mich sehr behutsam und auch möglichst lautlos unter dem Tisch wieder hervor.
Es war nicht stockfinster wie in einem Grab oder einem unterirdischen Tunnel. Dennoch sah ich nicht viel. Ich ahnte die Dinge mehr und streckte sicherheitshalber den rechten Arm aus. Die Hand mit dem Bumerang stand dabei vor.
Ich bewegte mich fächerförmig von einer Seite zur anderen und sah das hellere Leuchten, das aber sehr schnell wieder verschwand.
Ein kleiner Stern war sicherlich nicht aufgeplatzt. So konnte das Leuchten nur einen Grund gehabt haben.
Es war mir gelungen, mit meinem Bumerang einen der Fäden zu zerteilen.
Vorsichtig schob ich mich weiter. Um mich auch durch andere Laute nicht zu verraten, hielt ich den Atem immer wieder an. Wenn ich Luft holte, dann nur flach.
Jederzeit rechnete ich auch damit, von einem Killerfaden erwischt zu werden. Man sah ihn ja nicht. Nur wenn er die Haut eingeschnitten hatte und der Schmerz kam, wusste man von seiner Existenz.
Wider Erwarten ging alles glatt.
Um den Bumerang kraftvoll zu
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