04 - Geheimagent Lennet und der Satellit
Hut.
Niemand hatte Lennet die Augen verbunden. Interessiert las er die Orientierungsschilder. Beim dritten Schild wußte er endgültig Bescheid: Der Sitz des BIDI mußte sich in Bièvres befinden. Mit Hilfe von verschiedenen Anhaltspunkten konnte er sich bis auf ungefähr einen Kilometer genau orientieren.
Wenn es vierundzwanzig Stunden, nachdem der SNIF so genaue Angaben über den Sitz des BIDI erhalten hatte, noch immer einen BIDI gab, dann wäre der SNIF nicht mehr der SNIF.
Die Nacht war pechschwarz. Onkelchen Olivier fuhr mit großer Geschwindigkeit und machte sich ein königliches Vergnügen daraus, alle entgegenkommenden Wagen zu blenden. Bis Huc ihn anherrschte: »Hör schon auf.«
»Womit?«
»Brauchst ja bloß einen Polizeiwagen zu blenden. Das können wir jetzt gerade gebrauchen.«
»Da hast du ausnahmsweise recht.«
Von nun an blendete Olivier immer brav ab.
»Also", erklärte Onkelchen Olivier. »Wir werden folgendermaßen vorgehen.«
In wenigen Worten erläuterte er seinen Schlachtplan. Als er geendet hatte, fragte er: »Sind alle einverstanden?«
»Jaaaa", meinte Huc gedehnt, »ein bißchen wenig Tote für meinen Geschmack.«
»Ich möchte wirklich wissen", ließ sich Lennet vernehmen, »warum ich so eine unangenehme Rolle übernehmen soll.
Könnte ich nicht den Wachtposten oder so etwas spielen?«
»Du kriegst diese Rolle, weil du am besten dafür geeignet bist, kapiert? Und ich kann dir nur raten, sie gut zu spielen.«
Olivier hatte sich umgewandt und seine harten, graugrünen Augen in Lennets gesenkt.
»Schon gut, schon gut. Aber ich warne Sie, ich habe weder Ihre noch Hucs Erfahrung. Wenn nun die ganze Sache meinetwegen schiefgeht?«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, mein Kleiner. Wenn dir das Mädchen durch die Lappen geht, der gute, alte Huc erwischt sie bestimmt.«
Geschmeichelt zog Huc seinen Hut noch etwas tiefer ins Gesicht.
Wenn er grinste, hatte er wirklich verblüffende Ähnlichkeit mit einem Gorilla.
Die Entführung
Der 403 fuhr am Park des Observatoriums vorbei, dann schwenkte er nach rechts.
»Lampenfieber?« erkundigte sich Onkelchen Olivier freundschaftlich.
»Allerdings! Sie haben ja nichts weiter zu tun, als gemütlich im Auto sitzen zu bleiben. An meiner Stelle hätten sie wahrscheinlich auch Lampenfieber.«
Olivier kicherte.
»Du weißt, was du zu tun hast?«
»Ja.«
»Wenn du Verstärkung brauchst, dann singst du, verstanden? Du kannst doch singen, oder?«
»So gut wie manche Schlagerstars noch lange.«
»Und vergiß nicht dreinzuschauen wie die Unschuld vom Lande.«
»Nein, bestimmt nicht.«
»Du weißt ja, was los ist, wenn etwas schiefgehen sollte, absichtlich oder aus Versehen!«
»Sie können mir ja alles aufzeichnen, wenn es Ihnen Spaß macht.«
»Genug jetzt. Mach dich an die Arbeit.«
Der Wagen war in der zweiten Reihe vor dem Haus Nummer acht stehengeblieben.
Als Lennet ausstieg, bemerkte er, daß sie schon nicht mehr dieselbe Autonummer wie nachmittags hatten. Diesmal war der Wagen mit einer Standarte geschmückt, die eine offizielle Mission vortäuschen sollte.
Lennet versicherte sich noch einmal, ob es auch das richtige Haus war. Dann drückte er auf einen Knopf, trat ins Treppenhaus und knipste das Licht an. Eine Mieterliste schien es in dem Haus nicht zu geben. Also klopfte er an die Glastür des Hausmeisters. Eine verschlafene Frauenstimme fragte: »Was gibt's?«
»Zu Fräulein Chevrot?«
»Fünfter Stock, rechts. Eine etwas ausgefallene Zeit für Besuche!«
»Nur kein Neid. Das nächste Mal besuche ich Sie!« Es gab keinen Fahrstuhl. Lennet stieg die Treppe hinauf und zählte die Stockwerke. Wahrscheinlich schlich sich Huc jetzt gerade an der Hausmeistertür vorbei. Wenn die Neugier die Hausmeisterin doch noch ins Treppenhaus treiben sollte, dann würde sie es bestimmt nicht fassen können, daß die zwar spöttische, aber doch flötensüße Stimme von vorhin diesem menschlichen Koloß gehören sollte! Lennet versuchte sich das verdutzte Gesicht der Hausmeisterin vorzustellen, wenn sie Huc vor sich sah. Er mußte grinsen. Langsam stieg er weiter hinauf.
Im fünften Stock blieb er stehen und wartete.
Nun erschien auch Huc, der sich auf allen Vieren an der Tür des Hausmeisters vorbeigeschlichen hatte. Lautlos huschte er in den sechsten Stock hinauf. Dort versuchte er, sich so klein wie möglich zu machen. Das Haus war ein Altbau. Im Treppenhaus roch es muffig. In jeder Etage waren zwei Türen. Hinter einigen Türen
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