04 Im Bann der Nacht
beiseite. Sie waren Verbündete der Vampire. Solange sie Conde Cezar in ihrer Gewalt hatte, würden sie es nicht wagen, ihr etwas anzutun. Und auch Anna Randal würde dies nicht wagen.
Die Elfenkönigin lachte selbstgefällig, als sie spürte, wie ihre Verwandte direkt vor der Tür zögerte.
Endlich. Nach Jahrhunderten, in denen sie sich in den Nebeln verborgen gehalten und ihrer Beute aus den Schatten heraus nachgestellt hatte, stand sie kurz davor, der Blutlinie ihres Bruders endgültig ein Ende zu bereiten. Und dann würde sie frei sein. Frei, mit der Welt so zu verfahren, wie es ihr seit jeher bestimmt war.
Sie ließ ihre Kräfte die Tür öffnen. Ihr Lachen wurde lauter, als sie das leise Keuchen der Überraschung aus dem Mund der schlanken Frau mit dem honigfarbenen Haar vernahm.
»Sieh einer an … meine wunderschöne Verwandte«, spottete sie. »Herzlich willkommen.«
Furcht spielte um die zarten Gesichtszüge, bevor Anna die Schultern straffte und über die Schwelle trat, dicht gefolgt von zwei mächtigen Vampiren.
Morgana ließ ihren Blick einen kurzen Augenblick über den großen, blonden Vampir wandern. Seine eiskalte Wut erfüllte die Luft mit einer finsteren Vibration von Gewalt. Er schien ein gefährlicher Dämon zu sein, der gereizt war, aber durch seine erbitterte Selbstbeherrschung gezügelt wurde. Der große, dunkle Azteke an seiner Seite war geradezu steif vor grimmiger Entschlossenheit. Seine ungeheure Macht war in jeder ihrer Poren zu spüren, und er wirkte bereit zum Angriff.
Morgana spürte, wie eine leichte Überraschung sie
überkam, als sie diese Macht erkannte. Es war der Anasso, der König der Vampire. Offensichtlich hatte Conde Cezar Freunde hohen Standes. Diese Beobachtung hätte sie zu einem anderen Zeitpunkt durchaus aus der Fassung bringen können - nun allerdings war dafür gesorgt, dass Cezar auf dem Dachboden angekettet war und ein wunderbar spitzer Pflock auf sein Herz zielte. Und Vampire waren sich gegenseitig so lächerlich treu verbunden, wie es ihr Bruder einst mit seinen Leuten gewesen war. Sie würden bereitwillig ihr Leben füreinander hingeben. Dummköpfe.
Als ob sie ihre großspurige Belustigung spüre, trat Anna Randal in diesem Augenblick direkt vor sie, und in ihren haselnussbraunen Augen blitzte Verärgerung auf. »Wo ist er?«
Morgana zog bei dem scharfen Tonfall eine Augenbraue in die Höhe. »Ich weiß, dass du nicht von Trollen aufgezogen wurdest, meine Süße. Wo sind deine Manieren?«
Anna war aufgebracht über Morganas Zurechtweisung. »Du hast meine Familie abgeschlachtet, mich wie eine Psychopathin verfolgt, deine Speichellecker losgeschickt, um mich umzubringen, und den Mann gekidnappt, den ich liebe, und willst meine Manieren kritisieren? Das wäre komisch, wenn es nicht so erbärmlich wäre.«
Nun war es an Morgana, schockiert zu sein. Niemand sprach auf eine solche Weise mit ihr. Niemand!
»Ach ja, tust du das? Du abscheulicher kleiner Quälgeist! Ich bin deine Königin, und du wirst mir den Respekt erweisen, den ich verdiene«, zischte sie und trat auf Anna zu. Sie würde diese Hündin lehren, vor ihr zu kriechen, bevor sie sie tötete! »Knie nieder, wenn du mit mir sprichst!«
Sie streckte die Hand aus, aber bevor sie Anna an den Haaren packen und sie in die Knie zwingen konnte, presste sich die Spitze einer kalten Stahlklinge gegen ihren Hals.
»Keinen einzigen Schritt weiter«, grollte der dunkle Vampir, und in seinen Augen lag ein warnender Ausdruck.
Morgana ballte die Hände zu Fäusten, als sie ihrerseits ihren zornigen Blick auf den Dämon richtete, der es wagte, ihr zu drohen. »Denkst du, ich fürchte dich, Vampir?«, zischte sie.
»Das solltest du jedenfalls.«
»Mein Volk, erscheine!« Auf ihren strengen Befehl hin war ein Rascheln zu hören, als die Elfen aus den Schatten traten, die Waffen erhoben und auf die Eindringlinge richteten. »Jeder ihrer Bogen enthält einen hölzernen Pfeil. Nicht alle werden ihr Ziel verfehlen.«
Der Vampir wirkte nicht im Mindesten beeindruckt. »Kann sein, doch ich wette, ich kann dir den Kopf abschlagen, bevor auch nur einer von ihnen mein Herz trifft.«
Sie spürte einen weiteren Stich an ihrem Hals, als der hoch aufragende blonde Vampir sein Schwert nun ebenfalls gegen ihren Hals presste.
»Und wenn er es nicht tut, werde ich es tun«, knurrte er.
»Willst du mich herausfordern?«, fragte der dunkle Vampir.
Morgana schnaubte angesichts dieses testosterongeschwängerten Wortwechsels.
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