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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nicht bereit war.
    »Ich weiß, wie du es gern hättest«, sagte sie. »Aber so kann es nun mal nicht sein, Dad. Das mußt du einfach akzeptieren. Die Menschen verändern sich. Sie werden erwachsen. Sie entwickeln sich auseinander. Räumliche Entfernung und zeitlicher Abstand mindern die Bedeutung, die sie einmal füreinander besaßen.«
    »Manchmal«, sagte er.
    » Diesmal .« Sie sah, wie er bei der Entschiedenheit ihres Tons mehrmals hastig zwinkerte. Das Tablett zitterte in seinen Händen, und das Porzellan klirrte. Sie versuchte, den Schlag zu mildern. »Ich war doch nur ein kleines Mädchen. Er war ein Bruder für mich.«
    »Ja, das stimmt.« Cotter trat zur Seite, um sie vorbeizulassen.
    Sie fühlte sich im Stich gelassen durch diese Reaktion. Nichts wünschte sie sich mehr als sein Verständnis, aber sie wußte nicht, wie sie ihm die Situation erklären sollte, ohne ihm den liebsten seiner Träume zu zerstören.
    »Dad, es ist anders mit Tommy. Für ihn bin ich kein kleines Mädchen. War es nie. Aber für Simon war ich immer - werde ich immer ...«
    Cotter lächelte milde. »Du brauchst mich nicht zu überzeugen, Deb. Das ist nicht nötig.« Er straffte die Schultern. Sein Ton wurde energisch. »Aber wir müssen wenigstens dafür sorgen, daß der Mann was ißt. Bringst du ihm ein Tablett rauf? Er ist noch im Labor.«
    Es war das mindeste, was sie tun konnte. Sie folgte ihm die Treppe hinunter in die Küche und wartete, während er auf einem Tablett Käse und Aufschnitt anrichtete, frisches Brot und Obst. Sie trug es ins Labor hinauf, wo St. James mit einer Serie Fotografien vor sich an einem der Arbeitstische saß. Er hielt einen Bleistift in der Hand, schien ihn jedoch nicht zu gebrauchen.
    Er hatte mehrere Lichter eingeschaltet, starke Lampen, die hier und dort in dem großen Raum verteilt standen. Sie schufen kleine Lichtoasen innerhalb schattiger Tiefen. Er selbst saß im Halbdunkel.
    »Dad meint, du solltest etwas essen«, sagte Deborah von der Tür her. Sie kam ins Zimmer und stellte das Tablett auf den Tisch. »Arbeitest du noch?«
    Nein, er arbeitete nicht. Sie bezweifelte, daß er in den vergangenen Stunden etwas fertiggebracht hatte. Es war alles nur ein Rückzugsgefecht; Arbeit als Vermeidungsstrategie.
    Es ging um Sidney. Das hatte Deborah seinem Gesicht angesehen, als Helen ihm berichtete, daß es ihr nicht gelungen war, seine Schwester zu finden. Sie hatte es von neuem gesehen, als er in ihre Wohnung zurückgekommen war und verzweifelt herumtelefoniert hatte, um selbst Sidney aufzustöbern. Alles, was er von diesem Moment an unternommen hatte - der Besuch bei Islington-London, seine Diskussion mit Tommy über Mick Cambrey, der Vortrag seiner Theorie zu dem Verbrechen, sein Rückzug in die Arbeit -, es diente alles nur der Ablenkung und der Flucht vor der tiefen Sorge um Sidney. Deborah fragte sich, was St. James tun würde, was er an Gefühlen zulassen würde, wenn jemand seiner Schwester etwas angetan haben, wenn Sidney tot sein sollte. Schon die Vorstellung war grauenvoll. Wieder fühlte Deborah das Bedürfnis, ihm irgendwie zu helfen, ihm Ruhe zu geben.
    »Es ist nur ein bißchen Aufschnitt und Käse«, sagte sie.
    »Und etwas Obst. Brot ist auch dabei.« Er konnte es selbst sehen. Das Tablett stand vor ihm.
    »Tommy ist gegangen?« fragte er.
    »Schon lange. Er wollte wieder zu Peter.« Sie zog sich einen der Laborhocker zur anderen Seite des Tisches und setzte sich ihm gegenüber. »Ich habe vergessen, dir etwas zu trinken mitzubringen«, sagte sie. »Was möchtest du? Wein? Mineralwasser? Dad und ich haben Kaffee getrunken. Möchtest du einen Kaffee, Simon?«
    »Danke, nein. Das ist schon gut so.« Doch er machte keine Anstalten, sich etwas von dem Tablett zu nehmen. Er richtete sich auf seinem Hocker auf und rieb sich den Nacken.
    Die Dunkelheit veränderte sein Gesicht. Sie machte es weicher und glatter. Sie löschte die Jahre aus und mit ihnen die Spuren ihres ständigen Begleiters, des Schmerzes. Er sah jünger aus und weit verletzlicher. Er schien plötzlich so viel leichter erreichbar, wieder der Mann, dem sie einmal alles hatte sagen können, ohne Furcht vor Spott oder Zurückweisung, in dem sicheren Wissen, daß er verstehen würde.
    »Simon«, sagte sie und wartete, bis er von dem Tablett aufsah, das er ja doch nicht berühren würde. »Tommy hat mir erzählt, was du heute für Peter tun wolltest. Das war so lieb von dir.«
    Sein Gesicht verdüsterte sich. »Was ich ...«
    Sie

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