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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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schließlich durch den Besitz dieser Ausrüstung legitimiert worden. Sie konnte auf jede Schlußfolgerung, zu der sie gekommen war, jede Handlung, die sie ausgeführt hatte, ohne Schuld und ohne Reue zurückblicken, denn dieser lange Prozeß hatte sie zu einem Beruf geführt, in dem sie ihr Bestes geben konnte. Daß sie um einen anderen Teil ihres Lebens getrauert hatte, änderte nichts daran. Daß sie ihre Zeit mit Zerstreuungen ausgefüllt hatte, um den schlimmsten Verlust nicht anerkennen zu müssen - ja, daß sie alles, was sie verloren hatte, neu bewertet und als belanglos definiert hatte -, war ohne Einfluß geblieben. Mit diesem Ziel war alles akzeptabel und richtig geworden, hatte alles seine Rechtfertigung gefunden. Sie hatte Erfolg und verfügte über alle Zeichen und Symbole dieses Erfolgs.
    Helen kam zurück. »Ich habe mit Caroline und Hodge gesprochen«, sagte sie mit einem Zögern des Bedauerns und brauchte nicht mehr zu sagen. »Deborah, hör mal, Tommy wird -«
    »Ich will aber nicht, daß Tommy mir die Sachen neu kauft!« rief Deborah heftig.
    Überraschung trat auf Helens Gesicht.
    »Ich wollte sagen, Tommy wird das sicher sofort wissen wollen. Ich hole ihn.«
    Sie blieb nicht lange fort. Als sie zurückkam, brachte sie Lynley und St. James mit. Lynley ging zu Deborah. St. James blieb an der Tür stehen.
    »Ach, verdammt, das hat gerade noch gefehlt«, murmelte Lynley. Er legte den Arm locker um Deborah und drückte sie kurz an sich, ehe er neben dem Hocker niederkniete, um ihr ins Gesicht zu sehen.
    Er sah aus, als hätte er in der vergangenen Nacht überhaupt nicht geschlafen. Sie wußte, wie sehr ihn das Schicksal John Penellins beschäftigte, und sie hatte beinahe ein schlechtes Gewissen, daß sie ihm nun auch noch Sorgen bereitete.
    »Deb, Liebes«, sagte er. »Das tut mir wirklich leid.«
    Er wußte also, daß ihre Ausrüstung gestohlen war. Er versuchte gar nicht erst, die Ausrede vorzubringen, man habe den Koffer wahrscheinlich irgendwie verlegt.
    »Wann hast du ihn zuletzt gesehen, Deborah?« fragte St. James.
    Lynley strich ihr leicht das Haar aus dem Gesicht. Sie roch den sauberen, frischen Duft seiner Haut. Wenn sie sich nur auf Tommy konzentrieren konnte, dann würde alles andere weggehen.
    »Hast du ihn gestern abend gesehen, als du zu Bett gingst?« fragte St, James hartnäckig.
    »Er war auf jeden Fall gestern morgen noch hier. Das weiß ich, weil ich die Kamera wieder hineingelegt habe, mit der ich bei der Theateraufführung fotografiert habe. Es war alles da. Gleich neben dem Toilettentisch.«
    »Aber du erinnerst dich nicht, den Koffer irgendwann im Lauf des Tages gesehen zu haben? Du hast nach diesem Abend nicht mehr fotografiert?« »Nein. Ich war den ganzen Tag nicht im Zimmer. Ich kam erst abends herauf, um mich zum Essen umzuziehen. Da hätte ich den Koffer eigentlich bemerken müssen. Ich meine, ich war ja schließlich hier. Aber er ist mir überhaupt nicht aufgefallen. Hast du ihn gesehen, Simon?«
    Lynley richtete sich auf. Sein Blick flog neugierig von Deborah zu St. James.
    »Doch, ich bin sicher, er war hier«, sagte St. James. »Es war dein alter Metallkoffer, nicht wahr?« Als sie nickte, fügte er hinzu: »Ich sah ihn neben dem Toilettentisch.«
    »Beim Toilettentisch.« Lynley wiederholte die Worte mehr für sich als für die anderen.
    »Wann, St. James?« fragte er ruhig. Das Gespräch bekam durch die Frage und den Ton, in dem sie gestellt worden war, eine neue Dimension.
    »Tommy«, sagte Helen, »müßten wir jetzt nicht fahren, wenn wir den Zug erreichen wollen?«
    »Wann hast du den Fotokoffer gesehen, St. James? Gestern? Am Abend? In der Nacht? Wann? Warst du allein? Oder war Deborah -«
    »Tommy!« sagte Helen.
    »Nein. Er soll antworten.«
    St. James antwortete nicht. Deborah faßte Lynley beim Arm und warf Helen einen hilfesuchenden Blick zu.
    »Tommy«, sagte Helen wieder. »Das ist doch kein -«
    »Ich sagte, er soll antworten.«
    Ein Moment verstrich, eine kleine Ewigkeit unglückseliger Spannung, ehe St. James emotionslos berichtete: »Helen und ich ließen uns gestern morgen von Harry Cambrey ein Foto seines Sohnes geben, Tommy. Ich brachte es Deborah gestern vor dem Abendessen. Und bei dieser Gelegenheit sah ich den Fotokoffer.«
    Lynley starrte ihn an. Er atmete einmal tief durch. »Du lieber Gott«, sagte er leise. »Entschuldige, St. James. Das war verdammt blöd von mir. Ich weiß überhaupt nicht, was ich mir dabei gedacht habe.«
    St. James

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