04 - Mein ist die Rache
also niemand den Lärm gehört, den der Fotokoffer verursacht haben mußte, als er hier draußen aufgeschlagen war.
Während der Gärtner sich wieder an die Arbeit machte, die angeknickten Äste abschnitt und in einem Plastiksack verstaute, sagte Daze Asherton: »Es ist immerhin ein Trost zu wissen, daß niemand aus dem Haus die Fotoausrüstung gestohlen hat.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Es ist doch ziemlich unwahrscheinlich, daß einer von uns sie zum Fenster hinausgeworfen hätte. Es wäre viel einfacher gewesen, sie im eigenen Zimmer zu verstecken und später mit dem Koffer zu verschwinden, meinen Sie nicht?«
»Einfacher, ja. Aber nicht unbedingt klug. Schon gar nicht, wenn jemand im Haus den Anschein erwecken wollte, als hätte ein Außenseiter den Koffer gestohlen.
Aber nicht einmal das war sehr clever. Denn wer waren denn gestern abend die Außenseiter? Mr. und Mrs. Sweeney, Dr. Trenarrow, Ihre Schwägerin und der Abgeordnete und seine Frau.«
»Und John Penellin«, fügte sie hinzu. »Und die Mädchen aus dem Dorf.«
»Höchst unwahrscheinlich, daß einer von ihnen die Fotoausrüstung gestohlen hat.«
Er sah Daze Asherton an, daß sie bereits gründlich darüber nachgedacht hatte, wer der Dieb sein und was er mit der Fotoausrüstung angefangen haben könnte. Ihre Worte jedoch führten in eine ganz andere Richtung.
»Ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, warum sie überhaupt gestohlen wurde.«
»Sie ist wertvoll. Sie läßt sich zu Geld machen.«
Ihr Gesicht verfiel einen Moment, aber sie faßte sich gleich wieder.
»Aber warum ausgerechnet die Fotoausrüstung, wenn es um Geld ging, Simon? Warum hat der Betreffende nicht irgend etwas anderes genommen? Das Haus ist voller Wertgegenstände.«
»Und was hätte er nehmen sollen?« fragte St. James. »Jedes Stück hätte sich doch sofort als Eigentum von Howenstow identifizieren lassen. Alles trägt das Familienwappen, vom Silber angefangen. Und die Gemälde dürften doch etwas schwer zu transportieren sein, ganz abgesehen davon, daß ein Diebstahl sofort entdeckt werden würde.«
Sie wandte sich ab und sah in den Garten hinaus, aber sie tat es nur, um nicht ihr Gesicht zeigen zu müssen. »Es kann keine Geldfrage sein«, sagte sie und drehte die dicken Handschuhe in den Händen. »Glauben Sie mir, Simon.«
»Dann war vielleicht Mrs. Sweeney doch nicht so glücklich darüber, daß sie fotografiert wurde«, meinte er.
Sie lächelte gezwungen, ging aber auf den Scherz ein.
»Könnte es sein, daß sie nach dem Essen verschwinden wollte und die Gelegenheit nutzte, um Deborahs Zimmer zu suchen?«
Ihre Frage führte sie in die unausweichliche Realität zurück. Wer den Fotokoffer gestohlen hatte, hatte auch gewußt, in welchem Zimmer Deborah wohnte.
»Hat Tommy heute morgen schon mit Peter gesprochen?« fragte St. James.
»Peter ist noch nicht auf.«
»Er verschwand gleich nach dem Abendessen, Daze.«
»Ich weiß.«
»Und wissen Sie, wohin?«
Sie schüttelte den Kopf. »In den Park vielleicht, zur Bucht hinunter, vielleicht sind sie auch weggefahren oder ins Verwalterhaus gegangen, um Mark Penellin zu besuchen.« Sie seufzte. »Ich kann nicht glauben, daß er Deborahs Fotosachen gestohlen hat. Er hat fast alle seine eigenen Sachen verscherbelt. Das weiß ich. Ich tue so, als hätte ich keine Ahnung, aber ich weiß es natürlich. Trotzdem glaube ich nicht, daß er stehlen würde, um zu Geld zu kommen. Niemals. Das glaube ich einfach nicht.«
Aus dem Park schallten laute Schreie zu ihnen herüber. Ein Mann, der seine Mütze in der Luft schwenkte und unablässig schrie, näherte sich dem Haus.
»Jasper, Mylady«, sagte der Gärtner. Seinen Plastiksack hinter sich her ziehend, trat er zu ihnen.
»Was hat er denn?« Als er das Tor erreichte, rief Daze Asherton: »Schreien Sie doch nicht so. Sie machen uns ja richtig angst.«
Mit pfeifendem Atem stürzte Jasper ihnen entgegen. Er schien unfähig, genug Luft zu bekommen, um einen zusammenhängenden Satz zu bilden.
»Ist unten«, stieß er keuchend hervor. »In der Bucht.«
Daze Asherton sah St. James an. Sie hatten beide den gleichen Gedanken. Daze Asherton trat einen Schritt zurück, als könne sie sich so von dem distanzieren, was sie nicht hören wollte.
»Wer?« fragte St. James. »Jasper, wer ist unten in der Bucht?«
Jasper krümmte sich hustend. »In der Bucht.«
»Herrgott noch mal -«
Jasper richtete sich auf, sah sich um und deutete mit knorrigem Finger zur Haustür, wo Sidney
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