04 Verhaengnisvolles Schweigen
gekachelten Kaminsims hingen abstrakte Gemälde, kräftige und krasse Farbkleckse, die Banks in ihrer Wirkung an Bilder von Jackson Pollock erinnerten, die er sich vor Jahren auf Sandras Drängen hin in einer Londoner Galerie angeschaut hatte.
Die drei saßen auf der Terrasse in weißen Korbstühlen um einen Tisch herum. Banks erwartete schon einen Diener mit einem Tablett Margaritas oder Mint Juleps, als Collier ihnen selbst Getränke anbot. Da es warm war, nahmen beide gerne eine kalte Flasche Beck's an.
Bevor er losging, um die Getränke zu holen, klopfte Stephen Collier an die Türen des Nachbarzimmers und winkte Nicholas herbei. Banks wollte eigentlich mit beiden getrennt sprechen, doch im Moment war das unwichtig. Als Nicholas auf seiner Hälfte der Terrasse erschien, streckte sich Banks und ging ihm entgegen. Er erreichte ihn gerade noch rechtzeitig, um einen Blick in einen wesentlich dunkleren Raum zu erhaschen, der mit Eiche vertäfelt war und dessen Wände mit Leder eingebundene Bücher und Ölgemälde von Vorfahren schmückten.
Nicholas lächelte sein pferdeähnliches Lächeln und streckte eine Hand aus.
»Ein interessantes Objekt, das Sie hier haben«, sagte Banks.
»Ja. Wir konnten es nicht übers Herz bringen, das Haus aufzugeben, egal wie hässlich es von außen sein mag. Es ist seit Jahren in Familienbesitz. Gott weiß, was meinen Ururgroßvater dazu veranlasst hat, so eine Absurdität zu bauen - protzige Zurschaustellung von Reichtum und Stellung, nehme ich an. Und in die Gegend passt es überhaupt nicht.« Trotz des missbilligenden Tonfalls hatte Banks den Eindruck, dass Nicholas stolz auf das Haus und den Status seiner Familie war.
»Sie teilen sich das Haus?«, fragte Banks Nicholas, als sie sich an den Tisch gesetzt hatten.
»So in der Art. Es ist in zwei Hälften geteilt. Zuerst dachten wir, dass einer das Erdgeschoss und der andere die erste Etage nehmen könnte, aber so ist es besser. Wir haben zwei gleichwertige, völlig getrennte Häuser. Unsere Geschmäcker sind sehr verschieden, deshalb heben sich die zwei Hälften ziemlich voneinander ab. Sie müssen sich mal von mir durch meine Hälfte führen lassen.«
Stephen kehrte mit den Getränken zurück. Er war ganz in Weiß gekleidet und sah aus wie ein Cricketspieler, der eine Teepause einlegt. Nicholas mit seinem leichten Buckel, seinem blassen Teint und den Geheimratsecken sah dagegen eher wie ein in die Jahre gekommener Schiedsrichter aus. Man konnte kaum glauben, dass die beiden Brüder waren, und noch weniger, dass Stephen der ältere war.
Nachdem er beiden Zeit gegeben hatte, auf die Nachricht von Bernard Allens Tod überrascht und schockiert zu reagieren, obwohl er überzeugt war, dass sie es längst gewusst hatten, zündete sich Banks eine Zigarette an und fragte: »Haben Sie ihn häufig gesehen, als er hier war?«
»Nein, nicht oft«, antwortete Stephen. »Er war ein paar Mal mit Sam im Pub, also haben wir natürlich miteinander gesprochen, aber das war auch schon alles.«
»Worüber haben Sie gesprochen?«
»Ach, eigentlich nur über banalen Kram. Dies und das. Über Kanada und Orte dort, die wir beide kannten.«
»Sie waren in Kanada?«
»Ich reise ziemlich viel«, sagte Stephen. »Sie denken wahrscheinlich, eine kleine Nahrungsmittelfabrik in den Dales macht nicht viel her, aber man hat Beziehungen zu anderen Firmen. Import, Export, so was in der Art. Ja, ich war einige Male in Kanada.«
»Toronto?«
»Nein. Montreal.«
»Haben Sie Bernard Allen drüben gesehen?«
»Es ist ein großes Land, Chief Inspector.«
»Hatten Sie den Eindruck, dass Allen irgendetwas zu schaffen machte, als er hier war?«
»Nein.«
»Was ist mit Ihnen?«, fragte er Nicholas.
»Nein, kann ich nicht sagen. Um ehrlich zu sein, fand ich es immer ein bisschen schwierig, mit Bernard zu reden. Man hatte das Gefühl, dass er einen kleinen Komplex hatte.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ach, kommen Sie«, sagte Nicholas grinsend. »Bestimmt wissen Sie, was ich meine. Sein Vater bewirtschaftete sein Leben lang Land, das er von meinem Vater gepachtet hat. Sie waren arm. Von dort, wo sie wohnten, hatten sie einen sehr schönen Blick auf dieses Haus, und Sie können mir nicht erzählen, dass Bernard es niemals ungerecht fand, dass wir so viel hatten und sie so wenig. Besonders als sein Vater scheiterte.«
»Ich kannte weder Bernard Allen noch seinen
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