0403 - Baals Opferdolch
»Oder auch nicht, Sir.«
»Wie meinen Sie das?«
»Samaran ist gefährlich, und er besitzt mit dem Opferdolch eine gefährliche Waffe. Wenn der sich in die Enge getrieben fühlt, dreht er durch.«
»Meinen Sie?«
»Ja.«
Sir James war nachdenklich geworden. »Da kann ich nur hoffen, dass auch Suko so denkt.« Er wechselte das Thema. »Und was haben Sie jetzt vor, John?«
»Spielt es eine Rolle, wo ich warte, Sir?«
»Im Prinzip nicht.«
»Dann könnte ich auch in meine Wohnung fahren und dort zunächst einmal bleiben.«
»Ich habe nichts dagegen.«
Die Idee war mir ziemlich plötzlich gekommen. Je länger ich darüber nachdachte, umso besser gefiel sie mir. Mit einem Nicken verabschiedete ich mich von Sir James.
Bill blieb bei mir. Im Flur fragte er: »Soll ich nicht lieber mit dir fahren?«
»Für dich habe ich eine andere Aufgabe.«
»Und die wäre?«
Ich tippte ihm gegen die Brust. »Wahrscheinlich weiß Shao noch gar nicht, was ihr Partner inzwischen hinter sich hat. Du findest sie sicher bei deiner Frau.«
»Das kann tatsächlich sein.«
»Also fahr hin. Ich gondele nach Hause. Klar?«
Bill murrte zwar, sah aber ein, dass er als Familienvater gewisse Pflichten hatte. »Ich könnte mich ja noch um Acron kümmern und versuchen, noch einige Hintergrundinformationen über diesen Konzern zu besorgen.«
»Das wäre nicht schlecht.«
Mit diesem Vorsatz verabschiedete sich Bill von mir. Ich fuhr runter in die fast leere Kantine. Nur drei Kollegen von der Nachtschicht hingen müde an den Tischen und spielten Karten. Sie gehörten ausgerechnet der Abteilung an, die sich um verbotenes Glücksspiel zu kümmern hatte.
Ich nippte noch schnell an einer Kaffeebrühe, kippte aber die Hälfte des Getränks wieder weg.
Dann ging ich endgültig. Ich fuhr langsam durch Londons Straßen. Plötzlich hatte ich es nicht mehr eilig. Ich wusste, dass Samaran auf dem Weg zu mir war und mich nicht so schnell würde erreichen können.
Zeit hatte ich plötzlich, viel Zeit.
In der Tiefgarage stellte ich den Wagen ab, plauderte noch mit dem Hausmeister und ließ mich sogar von ihm zu einer Flasche Bier überreden. Als ich sie ausgetrunken hatte, war ich hundemüde, freute mich auf mein Bett und fiel wie ein Toter hinein.
***
Eigentlich kommt es selten vor, dass ich verschlafe, am folgenden Morgen aber war die Sonne schon aufgegangen und schien in mein Zimmer, als ich blinzelnd die Augen öffnete.
Kinder, hatte ich gepennt!
Wie ein Toter. Oder wie jemand, der ein gutes Gewissen hat. Mit dem guten Gewissen ist das so eine Sache, aber ich fühlte mich innerlich zufrieden, weil alles so gut gelaufen war, und das allein zählte.
Wir hatten den ersten Teil dieses mächtigen Falles ohne Blessuren überstanden.
Ich setzte mich auf die Bettkante und fühlte mich nochimmer nicht so richtig frisch, schüttelte den Kopf, raffte mich endlich auf und lief ins Bad.
Kaum hatten mich die ersten Wasserstrahlen der Dusche berührt, spürte ich die Energie, die mich durchtoste. Ich war an diesem Morgen so richtig fit. Die Wechselbäder trugen dazu bei, mir die letzte Müdigkeit aus den Knochen zu waschen.
Die Folge dieses Wachseins war ein großer Hunger. Ich war es gewohnt, mir das Frühstück selbst zuzubereiten, und das tat ich auch an diesem Tag.
Ich deckte sogar den Tisch, kochte mir Kaffee, der natürlich längst nicht so gut wie der meiner Sekretärin Glenda war.
Schinken, Toast und Eier füllten allmählich meinen Magen. Dabei las ich die Zeitung.
Es war wieder einiges in der Welt passiert. Zum Glück hatte es keine Krawalle wegen irgendwelcher Rassendiskriminierungen gegeben. London und andere große Städte hatten eine ruhige Nacht verlebt. Dafür glimmte in Südafrika die Lunte weiter.
In Ruhe durchlesen konnte ich die Zeitung nicht, da sich wieder einmal der moderne Quälgeist Nummer eins meldete. Das Telefon.
Da der Apparat in Reichweite stand, brauchte ich nur den Arm auszustrecken, um abzuheben. Ich rechnete mit einem Anruf aus dem Büro und meldete mich nicht mit Namen, sondern mit dem Satz: »Ich komme gleich!«
»Auch nach New York?« hörte ich eine scharfe, dennoch höhnisch klingende Stimme, die nur Akim Samaran gehören konnte.
Steif setzte ich mich hin. »Samaran?«
»Ja, Sinclair. Überrascht?«
»Eigentlich nicht so sehr.«
»Du hast meine Botschaft verstanden?«
»Sicher.«
»Wunderbar. Dann kannst du dich darauf einrichten, dass ich dich noch am heutigen Tage besuchen werde.«
»Ich freue mich
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