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0406 - Mörder-Medium

0406 - Mörder-Medium

Titel: 0406 - Mörder-Medium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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man einmal von den politischen Mächten absah, waren die magischen Konstellationen unbekannt. Welche Dämonen beherrschten hier weiträumige Gebiete? Welche Intrigen spannen sie gegeneinander? Niemand konnte es sagen. Deshalb war es wichtig, vorsichtig zu sein.
    Also verzichtete Nicole Duval darauf, mitzukommen. Statt dessen brachte die Druidin Teri Rheken sie nach Château Montagne, wo sie sich eigentlich auch einmal wieder sehen lassen mußten, um den Fortgang der Restaurierungsarbeiten zu überwachen, und anschließend Ted Ewigk nach Rom. In Caermardhin blieb ein grimmiger Sid Amos zurück, der Merlin lautlos verfluchte, der ihm einmal mehr die Bürde des Wächters auferlegt hatte, der sich nur für kurze Zeit aus Caermardhin entfernen durfte.
    Boris Saranow verließ das Wohnzimmer und kam Augenblicke später mit einer Wodkaflasche und drei Gläsern zurück, die er bis zum Rand füllte. Sie tranken sich zu. Der Russe ließ sich auf einen der Stühle sinken.
    »Ganz schön verstaubt, das alles«, stellte er fest. »Das kommt davon, wenn man wochenlang nicht zu Hause ist.«
    »Der Staub stört mich weniger«, sagte Gryf. »Aber die harten Stühle.«
    »Die sind doch gepolstert.«
    »Bloß kann man sich nicht gemütlich vor dem Fernseher damit zurücklehnen«, stellte der Druide fest.
    »Verwöhntes Luxusmenschlein«, murmelte Zamorra. »Wie sieht's eigentlich draußen aus?«
    »Schau nach«, empfahl Saranow. »Komm mit. Sofern wir Gryf und die Flasche allein lassen können…«
    »Was soll das denn schon wieder heißen?« fauchte der Druide.
    Boris Saranow führte Zamorra durch einen schmalen Korridor. »Rechts die Küche und das Bad, links mein Schlafzimmer und mein Arbeitszimmer. In dem werdet ihr euch wohl einquartieren müssen. Denn mir ist absolut nicht klar, wo ich euch sonst unterbringen könnte.«
    »Wir wollen dir nicht zur Last fallen«, sagte Zamorra.
    »Es bleibt euch nichts anderes übrig. Hotels? Suchst du hier vergebens. Dafür mußt du nach Nowosibirsk hinüber, und dort bekommst du kein Zimmer, wenn du nicht monatelang vorher reserviert hast. Und ohne Visum sowieso nicht. Das mußt du zusammen mit dem Paß vorlegen, damit sie wissen, daß du nicht illegal eingereist bist.«
    Er erreichte die Haustür und öffnete sie. Etwas knackte leise. Ein kalter Windstoß drang ein und ließ Zamorra frösteln. Er machte einen Schritt ins Freie. Nur wenige Meter vom Haus entfernt parkte ein betagter Lada an der schmalen Straße. Ein paar weitere Flachbauten, die alle aussahen wie selbstkonstruierte Schuhkartons im Riesenformat, standen an beiden Straßenseiten. Hinter einigen Fensterläden brannte Licht. Eine Laterne beleuchtete einen Teil der Straße. Darüber war grauschwarzer Nachthimmel ohne Sterne. Schneeflocken sanken vereinzelt durch die Lichtkreise der Lampen zu Boden. Es war kalt; vermutlich weit unter dem Gefrierpunkt, und vor den Gesichtern der beiden Männer bildeten sich weiße Dampfwolken ihres Atems.
    Saranow grinste, als Zamorra die Arme um den Oberkörper schlang. »Auf dem Silbermond hatten wir tropische Temperaturen«, murrte der Franzose. »Die Mädchen liefen den ganzen Tag nackt herum. Und jetzt diese verdammte Kälte…«
    »Was glaubst du, wo du bist?« lachte Saranow. »Das Kaff nebenan heißt nicht nur aus Lust und Laune Nowisibirsk. Das hier ist Sibirien. Der Winter bringt uns eine Durchschnittstemperatur von rund zwanzig Grad unter Null. Das ist noch warm. Weiter oben im Nordosten hast du Temperaturen von sechzig Grad. Wenn du da ausspuckst, hörst du's auf dem Boden klirren. Und wenn du spazierengehst, mußt du einen Spiegel mitnehmen, in dem du dir alle paar Minuten die Nasenspitze anschaust. Wenn du nicht aufpaßt, friert sie dir nämlich ab. Das ist kein Scherz, Brüderchen.«
    Zamorra schüttelte sich. Er sah einen Wagen unbestimmter Bauart über die Straße rollen, eine dichte Wolke aus dem Auspuff hinter sich her ziehend.
    »Kein Land für mich«, sagte er. »Auch deine gemäßigten zwanzig Grad hier sind mir noch entschieden zu niedrig. Du hättest mich vorwarnen sollen, Towarischtsch. Dann hätte ich mir Handschuhe und einen Wintermantel mitgenommen.«
    Saranow lachte. »Wichtiger sind gefütterte Stiefel und eine Mütze, die du über die Ohren ziehen kannst. Das werden wir dir morgen beschaffen. In meine eigenen Sachen paßt du ja zweimal rein, sonst würde ich dich damit ausstatten.«
    Zamorra schloß die Tür wieder. Er schüttelte sich. »Jetzt brauch ich 'nen Wodka«,

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