0407 - Spitzel mit eiskalten Tricks
Luft anzuhalten, um das Chloroform nicht einzuatmen, aber Gegenwehr ohne Luftholen gehört zu den Dingen, die noch erfunden werden müssen.
Ich schlug einem der Burschen die Faust gegen den Magen.
Er schrie und zahlte mir den erlittenen Schmerz mit einem Nierenschlag heim.
Ich riss den Mund auf und kassierte, was man mir zugedacht hatte. Ich verlor das Bewusstsein.
***
Ein paar Minuten später erwachte ich mit schwerem Kopf aus der unfreiwilligen Narkose. Ich stemmte mich in die Höhe.
Die Wohnungstür war offen. Ich ging hinein und durchstreifte die Räume. Erwartungsgemäß traf ich keinen Menschen an. Ich befand mich in einem jener alten verfallenen Häuser, die vergeblich auf einen Mieter warten. Die Gangster hatten sich Einlass verschafft und ihr Programm ohne Störungen abgespult.
Ich war sicher, d'ass eine nachträgliche Überprüfung der Räume nicht mal einen brauchbaren Fingerabdruck zutage fördern würde. Ich ging nach unten. Vor dem Haus lümmelte ein Achtzehnjähriger am Treppengeländer. Er schaute mich verblüfft an.
»Wie lange stehst du schon hier?«, fragte ich.
»Ich wollte gerade Wurzeln schlagen«, erwiderte er. »Raten Sie mir davon ab? Vielleicht sollte ich mir eine passende Umgebung suchen. Mir scheint, die Ecke ist ein bisschen sonnenarm.«
Ich zeigte ihm meinen Ausweis.
»Hübsch«, sagte er. »Womit polieren Sie das Ding?«
»Mit einem weichen Lappen«, erklärte ich. »Hast du Lust, ihn dir mal anzusehen? Er liegt im Schreibtisch meines Offices.«
Er verstand. »Unterhalten wir uns lieber hier. Was gibt’s?«
»Wer hat vor ein paar Minuten das Haus verlassen?«
»Drei Männer und eine Puppe.«
»Kanntest du die Leute?«
»Nie hier gesehen. Ich wunderte mich darüber. Dieser Kasten steht seit Wochen leer.«
»Du wohnst in der Straße?«
»Wohnen? Na ja, so kann man’s auch nennen.«
»Wem gehört das Haus?«
»Weiß ich nicht.«
»Wohin sind die Männer und das Mädchen gegangen?«
»Quer über die Straße. Sie sind in eine Ford-Limousine gestiegen und losgefahren.«
»Hast du dir die Nummer des Wagens gemerkt?«
»Nee, aber es war eine New Yorker Nummer.«
»Hast du den Wagen schon mal in dieser Straße gesehen?«, erkundigte ich mich.
»Wer achtet denn schon auf so ’ne miese Karre?«
»Der Wagen war alt?«
»Das gerade nicht, aber da war nichts dran, was unsereinen interessieren könnte. Ford-Fairlane, Baujahr 61, dunkelblau. Gemüsehändlers Entzücken. Davon gibt’s in dieser Burg mindestens ’ne halbe Million.«
Ich runzelte unwillkürlich die Augenbrauen, als er die halbe Million nannte. »Kannst du die Männer beschreiben?«
»Männer? Lieber Himmel, die kratzten mich nicht. Aber die Puppe war okay, von der kann ich Ihnen einen Steckbrief liefern, an dem nichts fehlt.«
Ich ging zu meinem Jaguar, schwang mich hinter das Lenkrad und brummte los. Am nächsten Drugstore machte ich halt. Ich ging hinein und bestellte eine Tasse Kaffee. Dann betrat ich die Telefonzelle im hinteren Teil des Ladens. Ich versuchte Phil zu erreichen, aber er war nicht im Office. Ich legte auf und ging zurück zum Tresen. Der Kaffee schmeckte, als sei er durch ein Staubtuch gefiltert worden. Ich bezahlte und verschwand.
***
Es war kurz nach drei, als ich Stanhopes Haus erreichte.
Unter dem Balkon stand diesmal ein Lieferwagen, ein kleiner englischer Morris.
Durch die hintere Tür des Wagens warf ich einen Blick ins Innere.
Es bot sich mir ein Anblick, der jeden Pressefotografen sofort zu fieberhafter Tätigkeit angespornt hätte. In dem Wagen lag ein Toter. Sein Gesicht war mir fremd, aber ich erkannte ihn an seinem Anzug.
Er war mir maskiert in Lester Robbins Wohnung gegenübergetreten. Er lag auf dem Rücken, die Augen weit geöffnet, mit einem Ausdruck im Gesicht, der zwischen Entsetzen und Erstaunen zu schwanken schien. Seine Krawattennadel fehlte.
Die Kugel hatte ihn aus nächster Nähe erwischt, genau in Höhe des Herzens.
Hinter mir ertönten Schritte. »Was ist denn hier los?«, fragte eine Stimme. Ich wandte mich um. Es war Jimmy Shendrick. Sein Kopf verband war blendend weiß. »Ach, Sie sind es!«, sagte er.
Ich trat zur Seite. »Hier«, erklärte ich.
Er starrte den Toten an und schluckte. »Wer hat das getan?«
»Unser gemeinsamer Freund Cutter«, sagte ich. »Kennen Sie den Toten?«
»Nein. Wieso Cutter? Ich denke, Cutter ist tot? Humber hat doch gesagt…«
»Humber ist ein tüchtiger Mann«, unterbrach ich. »Aber diesmal ist er auf der
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