0416 - Der Monstermacher
zurückgab, hatte er das mit einem Pulver getan, das langsam schwebte und dabei in den Regenbogenfarben schillerte…
Vielleicht wirkt es auch bei ihr?
Und Zamorra hatte sich bestimmt den Zauberspruch gemerkt und konnte ihn dabei aufsagen…
Sie bewegte sich auf den Tisch zu, auf dem die Töpfe und Tiegel standen.
Suchend sah sie sich um. Aber die Pülverchen sahen alle gleich aus, und Nicole hatte vorhin aus ihrer liegenden Position und Starre nicht sehen können, nach welcher Schale Coron gegriffen hatte.
Aufs Geratewohl wollte sie nichts ausprobieren. Das konnte entsetzlich schiefgehen. Wenn sie die falsche Substanz verwendete, konnte das nicht nur ihr Untergang sein. Niemand konnte vorausberechnen, was dann aus ihr wurde.
Vielleicht nicht einmal Coron.
Und der Durst, der in Nicole tobte, wurde von Minute zu Minute schlimmer!
Ihr Widerstand begann langsam zu schmelzen.
Sie hoffte, daß der MÄCHTIGE bald zurückkehrte. Sie war sicher, daß sie dann ihn anfallen würde statt Zamorra. Ob sie Corons Blut vertrug, war eine andere Sache, und ob der MÄCHTIGE überhaupt Blut besaß, wiederum etwas anderes. Aber ehe sie die Beherrschung verlor und Zamorra angriff, wollte sie alles andere versuchen.
Auch die Verwandlung.
Vampire mußten doch in der Lage sein, Fledermausgestalt anzunehmen, um sich fliegend über große Strecken fortzubewegen. Darauf konzentrierte sie sich jetzt. Wenn sie flog, war sie dem eintretenden Coron gegenüber im Vorteil!
Aber es funktionierte nicht. Sie konnte keine andere Gestalt annehmen.
Sprach das nicht für Zamorras Behauptung, daß sie noch keine echte Vampirin war, weil der auslösende Faktor, das Trinken von Blut, noch fehlte?
Schwach erinnerte sie sich daran, daß sie selbst einmal schwarzes Dämonenblut in ihren Adern gehabt hatte. Ausgerechnet Sara Moon hatte damals dafür gesorgt. Im Auftrag der MÄCHTIGEN hatte die zum Bösen entartete Druidin versucht, Nicole auf diese Weise zu einer Dämonin zu machen. Aber es hatte nicht funktioniert. Nicole war menschlich geblieben, aber sie war äußerst sensibel für magische Ausstrahlungen geworden. Das gab sich erst lange nachdem ihr Blut wieder normalisiert worden war.
Damals war sie nicht zur Dämonin geworden. Vielleicht wurde sie jetzt auch nicht zur wirklichen Vampirin…
Sie hoffte es. Sie klammerte sich mit all ihrer Kraft an diese Hoffnung und wußte, daß sie dabei so hilflos und verletzlich war wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Wenn ihr jemand diese Hoffnung zerstörte, zerstörte er wahrscheinlich auch Nicole Duvals Psyche.
Es durfte nicht geschehen.
Es mußte einen Weg geben, aus dieser tödlichen, grausamen Falle zu entkommen. Und sie bereitete sich darauf vor, Coron bei seiner Rückkehr anzugreifen. Vampire, wußte sie, besaßen weit größere Körperkräfte als Menschen. Vielleicht konnte sie Coron damit überwältigen und ihn zwingen, ihr zu zeigen, wie man die Transformation rückgängig machen konnte…
Wieder sah sie den am Boden liegenden Zamorra an, und wieder fühlte sie, wie das warme, lebendige Blut in seinen Adern lockte. Es machte sie süchtig…
Wenn nicht schon sehr bald etwas geschah, würde es zur Katastrophe kommen…
***
Giana konnte nicht einschlafen. Der Aufruhr in ihrem Innern und die Kälte hinderte sie daran. Sie fror, aber sie wußte, daß die Kälte von innen kam. Sie hätte sich dick anziehen können, sie hätte das Organhaus dazu veranlassen können, die Temperatur in ihrem Zimmer drastisch zu erhöhen – nichts hätte geholfen.
Giana wußte es mit erschreckender Klarheit.
Sie wußte noch mehr: sie hatte Tal belogen.
Nichts war in Ordnung, gar nichts!
Sie war manipuliert worden! In dem Moment, als sie es schaffte, in das schattenhafte Labor vorzudringen, war etwas mit ihr geschehen. Eine unsichtbare, unbegreifliche Kraft hatte in ihr etwas umgeschaltet und sie zu einer Marionette gemacht.
Und sie konnte nichts dagegen tun. Das andere in ihr, das von ihrem Geist Besitz ergriff, war stärker.
Sie hoffte, daß es irgendwann schwächer wurde und sie dann eine Möglichkeit fand, Alarm zu geben. Es reichte schon, wenn sie Tal einen Hinweis zukommen ließ.
Unruhig bewegte sie sich auf ihrem Lager. Die Decke verrutschte; sie bemerkte es nicht. Mit geschlossenen Augen lag sie da, versuchte, sich zum Einschlafen zu zwingen. Was auch immer die fremde Macht von ihr wollte – wenn sie schlief, konnte sie nichts unternehmen, das dem Bösen dienlich war.
Aber sie schlief nicht.
Immer
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