0416 - Der Monstermacher
anderer Menschen gewann!
Sie beugte sich über Zamorra!
Und er konnte sich nicht bewegen! Bewegungsfreiheit hatte Coron nur ihr zugestanden!
»Nicht, Nici! Zurück!« stieß er entsetzt hervor. »Geh zurück, schnell!«
»Was – was ist denn los, chèri?«
Da sagte er es ihr. Und er sah, wie sie totenblaß wurde, wie sie beide Hände hochriß, ihr Gesicht betastete und die Zähne im geöffneten Mund, die lang und spitz hervorstanden, um tiefe Wunden zu reißen und darüber hinaus wie beim Biß einer Giftschlange den gefährlichen Vampir-Keim weiterzugeben, der auch aus dem Opfer einen Blutsauger machte!
»Ich – ein Vampir?«
Sie war entsetzt, und jetzt trat sie freiwillig von Zamorra zurück. »Deshalb hat der Bastard uns allein gelassen… während er jetzt vielleicht von draußen heimlich beobachtet, wartet er darauf, daß ich über dich herfalle… wenn doch dieser furchtbare Durst nicht wäre! Er bringt mich um!«
»Du mußt dagegen ankämpfen«, beschwor Zamorra sie.
Nicole nickte. »Ich weiß es doch… und ich kämpfe dagegen an, aber ich weiß nicht, wie lange ich es aushalten kann. Chèri… ich liebe dich doch, und ich kann und will dein Blut nicht…«
Sie litt. Sie kämpfte gegen den Drang an, ihre Zähne in Zamorras Halsschlagader zu senken, die sie so deutlich unter seiner Haut pulsieren sah wie niemals zuvor. Sie fühlte die Wärme des Blutes darin, das sie wie ein Magnet anzog. Sie begann zu zittern. Sie wußte, daß ihr Durst im gleichen Moment gestillt sein würde, in dem sie Zamorras Blut trank, aber sie wußte ebensogut, daß sie ihn damit zu einem Schicksal verurteilte, das vielleicht schlimmer war als der Tod.
Sie wollte es nicht. Sie wollte lieber selbst sterben, als Zamorra diesem grausigen Schicksal zu überantworten. Es sollte nicht auf diese Weise zu Ende gehen.
Noch weiter ging sie zurück, bis sie an die Wand des Labors stieß. Sie versuchte sie zu durchdringen, um aus der verlockenden Nähe Zamorras zu kommen, aber auf ihren Gedankenbefehl hin bildete sich keine Öffnung. Die »normale« Tür war ebenfalls nach wie vor verriegelt und ließ sich nicht aufzwingen. Nicoles Bewegungsfreiheit endete an den organisch gewachsenen Mauern dieser Alchimistenküche.
Wieder stöhnte sie auf.
»Kämpfe«, verlangte Zamorra eindringlich. »Kämpfe dagegen an! Du kannst es, ich weiß es. Du hast eine Chance…«
Ihre Augen weiteten sich. Zamorra las die große Frage darin.
»Solange du kein Blut trinkst – kann der Keim dich nicht in seine Gewalt bringen! Erst wenn du selbst Blut getrunken hast, wirst du wirklich zur Vampirin! Vorher ist alles rückgängig zu machen…«
»Aber das gilt für Vampire, die auf normalem Weg entstehen«, entfuhr es ihr. »Für Menschen, die von Vampiren gebissen und ausgesaugt werden, die dann als Untote wieder aufstehen und selbst Blut trinken, um weiter existieren zu können! Aber das hier… das ist doch ganz anders! 29 Ich wurde doch nicht gebissen, ich wurde doch transformiert! Und deshalb bin ich bereits Vampir, ob ich Blut getrunken habe oder nicht…«
»Und daran glaubst du?«
Er schrie es. »Daran glaubst du wirklich, Nici? Auch ein Dämon wie Coron kocht nur mit Wasser! Er kann dich transformieren und dir lange Zähne und den Blutdurst anhexen, aber er kann die magischen Gesetzmäßigkeiten nicht außer Kraft setzen!«
Sie schloß die Augen. Sie wollte ihm ja glauben, aber war es tatsächlich so, wie er es behauptete? Hatte Coron nicht schon seine Macht bewiesen?
Wenn er Nicole das Äußere eines Vampirs geben konnte, warum dann nicht auch alles andere?
»Verlaß dich drauf«, beharrte Zamorra. »Wir haben doch beide genug Erfahrung mit Vampiren gewonnen, um zu wissen, welche Vorgänge dabei ablaufen! Solange du kein Blut trinkst, kann nichts geschehen! Solange ist alles nur eine schreckliche Maske…«
»Aber dieser teuflische Durst«, wandte sie zögernd ein. »Er muß doch von irgendwo herkommen?«
»Er soll dich nur dazu bringen, über mich herzufallen und damit alles perfekt zu machen«, murmelte Zamorra. »Und draußen vor der Tür lauert Coron, beobachtet uns und lacht sich halb tot, wenn es so funktioniert, wie er es plant. Er labt sich doch an deiner Seelenqual, Nici! Er genießt es, wie du leidest! Willst du ihm diesen Gefallen wirklich tun?«
Sie schüttelte langsam den Kopf.
Ihre Gedanken waren schon nicht mehr bei der Sache. Sie sah sich in der Alchimistenküche um. Vorhin, als Coron Zamorra seine menschliche Gestalt
Weitere Kostenlose Bücher