0416 - Der Monstermacher
eigenes Zimmer auf. Er war immer noch unsicher. In den Tiefen der Burg befanden sich Lebewesen, denen er höchst mißtrauisch gegenüberstand. Wesen, die nichts Gutes beabsichtigten. Und Giana war anscheinend nicht mehr sie selbst.
Er hatte gerade beschlossen, ohne weitere Rückfrage den Hohen Lord zu informieren – er wußte nur zu gut, daß er allein hier nicht viel machen konnte, weil die Gegenspieler ihm haushoch überlegen sein mußten –, als er einen Schrei hörte.
Giana… !
Tal sprang auf. Er lauschte. Aber der Schrei wiederholte sich nicht.
War sie doch eingeschlafen und litt jetzt unter Alpträumen?
Wieder tastete er telepathisch nach ihr – und konnte sie nicht mehr fühlen!
Da packte ihn die Angst um sie.
Er konzentrierte sich auf Giana und versetzte sich im zeitlosen Sprung in ihr Zimmer. In tiefster Dunkelheit und Lautlosigkeit kam er an. Gab es hier kein Licht? Er versuchte das Zimmer dazu zu überreden, aber es gelang ihm nicht. Er lauschte; niemand atmete, niemand sandte eine Bewußtseinsaura aus!
Er sprang nach draußen auf den Korridor. Vorsichtshalber hatte er die Augen geschlossen, um nach dem Aufenthalt in tiefster Dunkelheit nicht vom künstlich erzeugten Licht im Gang geblendet zu werden. Langsam öffnete er sie und sah einen Schatten hinter der Gangbiegung verschwinden.
War das nicht Corons dunkle Kapuzenkutte?
»Coron!« schrie er dem Verschwindenden nach und rannte zu der Biegung.
Als er sie erreichte, war von Coron nichts mehr zu sehen, aber Tal hatte auch nicht gespürt, daß Coron mit einem Gedankenbefehl eine Tür in der Wand geöffnet und hinter sich wieder geschlossen hatte, um in einem der Zimmer zu verschwinden. Dabei war Tal gerade jetzt sehr aufmerksam geworden.
Einen zeitlosen Sprung konnte Coron auch nicht durchgeführt haben.
Es war sicher, daß ihm auch das nicht entgangen wäre.
War er einer Halluzination erlegen?
Er glaubte es nicht. Er hatte Coron gesehen! Sekundenlang war er versucht, sich im zeitlosen Sprung direkt in dessen Labor zu versetzen, aber dann dachte er an Gianas Erlebnisse. Das erste Mal war sie geblockt worden, und beim zweiten Versuch, das Labor zu betreten, mußte etwas Unheimliches mit ihr geschehen sein…
Tal wollte ihr Schicksal nicht teilen.
Er kehrte zu ihrem Zimmer zurück und versuchte erneut, es zu öffnen.
Diesmal gelang es ihm. Es gab keine Sperre mehr, die ihm den Zutritt auf dem normalen Wege verwehren wollte, woran man sich normalerweise hielt. Daß er sich eben direkt ins Zimmer versetzt hatte, als er den Schrei hörte, war eigentlich ein grober Verstoß gegen gesellschaftliche Regeln gewesen und nur damit zu entschuldigen, daß er Giana in Not glaubte.
»Licht…«
Licht glomm auf. Alles war anders als noch ein paar Minuten zuvor. Im Zimmer wurde es hell – gnadenlos hell, und in dieser Helligkeit sah er Giana nackt auf ihrem Bett liegen – und tot!
Eine furchtbare Wunde verunzierte ihren Körper. Überall war Blut.
Tal schloß erschüttert die Augen. Warum hatte er vorhin den Blutgeruch nicht wahrgenommen, der ihm jetzt übelkeiterregend in die Nase stieg? Hatte er sich in der Dunkelheit zu sehr auf seine telepathischen Fähigkeiten konzentriert?
Aber ihm war jetzt klar, daß er Giana nicht mehr hätte helfen können, auch wenn er ihren Tod sofort bemerkt hätte. Niemand konnte ihr mehr helfen.
Eine grenzenlose Leere breitete sich in Tal aus.
Noch nie zuvor war er so unmittelbar mit dem Tod konfrontiert worden, und schon gar nicht mit dem Tod einer ihm so nahestehenden Person…
Verzweifelt stöhnte er auf. Giana war tot, und nichts auf der Welt konnte sie wieder lebendig machen…
Aber warum hatte sie sterben müssen? Wer hatte sie getötet?
Die Fremden?
Aber hatte er nicht Coron auf dem Gang gesehen?
Das paßte doch nicht. Welchen Grund sollte der Druide Coron haben, Giana umzubringen? Sie so bestialisch zu ermorden?
Tal war wie gelähmt. Er fand keine Antwort, und er wußte nicht mehr, was er tun sollte. Alles war so furchtbar…
Und er starrte auf die tote Druidin und war dem Wahnsinn nahe…
***
Coron erreichte sein Labor und wechselte wieder in die verschobene Dimension. Ihm bereitete dieser Wechsel keinerlei Probleme. Mit einem kleinen Gefäß in der Hand glitt er durch die Tür, als existierte sie nicht.
Nicole Duval sprang ihn an.
Er hatte damit gerechnet. Er hatte ihre Widerstandskraft richtig eingeschätzt.
Sie griff ihn an und nicht ihren Gefährten. Aber was konnte sie schon gegen
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