0419 - Die Klinik der tödlichen Träume
gewesen, denn ihr Gesicht war mit Blut überströmt.
Aber sie lebte, und ich sah, daß sie nicht schwer verletzt war.
Phil brachte Wasser, und wir wuschen sie vorsichtig ab.
Das kalte Wasser tat seine Wirkung, und als ich die Wunden mit Jod desinfizierte, begann sie, sich zu bewegen.
Sie versuchte sich aufzurichten, schrie laut auf und begann dann zu wimmern. Ich sprach leise und beruhigend auf sie ein, schließlich wurde sie wieder still. Ich verpflasterte die Wunden in ihrem Gesicht und nahm Phil die Beruhigungstabletten aus der Hand, die er mir reichte.
»Das sind ja alles Platzwunden!« sagte er und sah auf die Frau hinunter, die jetzt reglos auf der Couch lag.
»Ja, jemand hat sie brutal geschlagen.«
In dem Moment hörten wir wieder den Schrei und ein dumpfes Klopfen.
»Ich sehe nach!« knurrte Phil und nahm seine Pistole in die Hand.
Ich nickte und legte Ellen Dillard den Arm unter die Schultern: »Kommen Sie, Mrs. Dillard, es ist alles in Ordnung, keiner tut Ihnen etwas, nehmen Sie die Tabletten, dann wird Ihnen wohler sein!«
Sie richtete sich mühsam auf und schluckte die beiden weißen Pillen würgend mit dem Wasser hinunter, das ich ihr gab. Dann hustete sie, griff sich mit einer Bewegung an den Kopf und stöhnte:
»Geben Sie mir doch gefälligst etwas anderes als dieses labbrige Wasser!«
Ich ließ sie zurückgleiten, holte aus einem Wandschrank eine noch versiegelte Flasche Rye, brach sie auf und goß ihr ein Glas halb voll.
Sie kippte es wie ein Hochwasserkapitän.
»Dieses verdammte Schwein!« war ihr erster Kommentar.
»Ihr Mann?« fragte ich mitfühlend. Sie nahm mir die Flasche aus der Hand, setzte sich zurecht und goß sich gluckernd das Glas voll, dann sagte sie undeutlich, denn ihr Mund begann anzuschwellen:
»Ja, er hat den Brief gefunden. Verhauen hat er mich ja schon öfter, aber so verrückt war er noch nie. Das Dumme war, daß ich in die falsche Richtung gesaust bin. Wenn ich die Verandatür rechtzeitig erreicht hätte, wäre ich entwischt!«
»Welchen Brief?« fragte ich irritiert. Sie sah sich schulterzuckend um. Dann wurde ihr Gesicht weiß.
»Wo ist der Brief? Er hat ihn doch nicht mitgenommen? Er lag doch vorhin noch da!« Sie stellte die Flasche ab und stand auf. Ich versuchte ihr zu helfen, erreichte aber nur, daß sie einen Teil ihres Drinks verschüttete und mich wütend wegstieß.
»Wo ist er denn? Vorhin lag er doch hier auf dem Tisch, ist er runtergefallen. Oh, verflucht! Tut das weh!« Sie griff sich wieder an den verpflasterten Kopf und bückte sich mühsam. Ich half ihr. Wir rollten den Teppich zurück und untersuchten das ganze Schlachtfeld. Aber wir fanden keinen Brief.
»Von wem war der Brief?« fragte ich scharf. Sie blinzelte mich an und ließ sich wieder auf die Couch sinken.
»Von Harvey?« fragte ich weiter.
Sie sah mich einen Moment verdutzt an, dann lachte sie leise: »Nein, natürlich nicht!«
»Von wem dann?«
»Von wem wohl, wenn mein Mann mich deswegen halb totgeprügelt, wie?« fragte sie zurück.
»Von einem Mann?«
»Sicher nicht von meinem Kindermädchen!« gab sie schnippisch zurück und füllte sich das dritte Glas.
»Hören Sie, Mrs. Dillard, es geht hier um etwas mehr als um Ehegeschichten. Was ist vorgefallen?«
»Das geht die Bundespolizei nichts an.«
»Wer ist der Mann, der Ihnen den Brief geschrieben hat?« fragte ich geduldig weiter. Sie antwortete nicht.
»Ist es Paul Bacon?« fragte ich plötzlich. Sie sah erschreckt aus, fing sich aber sofort wieder:
»Wie kommen Sie denn auf den?« fragte sie etwas zu laut, »ich wäre froh, wenn ich mit Filmstars Kontakt hätte.« Aber ich hatte gemerkt, daß ich ins Schwarze getroffen hatte. In dem Moment hörten wir in dem Vorraum draußen Geräusche von Schritten und Stimmen.
Ich sagte noch schnell: »Von wo hat er Ihnen geschrieben? Vom Sanatorium Bright View aus?«
»Ich werde Ihnen kein Wort sagen! Und wenn Sie mich foltern!«
Ich glaubte ihr, obwohl ich nicht vorhatte, die Methoden der Dillards zu benutzen.
Die Tür flog auf, und Phil kam mit Andy und Doris herein. Beide sahen ziemlich verschwitzt und müde aus.
»Was war los?« fragte ich. Phil antwortete:
»Ihr Vater hat sie oben eingeschlossen. Er hatte die Tür so verrammelt, daß sie sich nicht selbst befreien konnten.«
Andy lief auf seine Mutter zu, während Doris mit einem Blick auf die Flasche stehenblieb und sich die Arme rieb, als ob sie fror.
Dann hörten wir vor der Verandatür Schritte. Ein weißes
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