0420 - Der Magier von Lyon
linken kleinen Finger«, versicherte die Druidin. »Auch, wenn ich eigentlich nur gekommen bin, um dir im Auftrag Gryfs eine Frage zu stellen.«
»Was für eine Frage?«
»Was mit Nicole ist. Er erzählte, als er aus Brasilien zurückkam, daß sie zu einer Vampirin gemacht worden sei. Er hätte ihr um ein Haar einen geweihten Eichenpflock ins Herz gestoßen… und nun quält er sich mit Gewissensbissen. Du weißt ja, er kann einfach nicht anders. Er haßt Vampire wie nichts sonst auf der Welt, und daß ausgerechnet Nicole lange Zähne haben soll, hat ihm einen gewaltigen Schock versetzt. Angeblich soll eine Hexe sie von ihrem Fluch befreien… stimmt das, und hat es Erfolg?«
»Sieht so aus«, erwiderte Zamorra. »Aber wann Nicole als geheilt zurückkommt, kann ich dir auch nicht sagen.«
»Mist«, sagte die Druidin. »Ich hatte gehofft, diesen Fetzen bald wegschmeißen zu können, aber nun muß ich ihn wohl doch weiter tragen…«
Jetzt war es Zamorra, der großzügig abwinkte. »Meinetwegen lauf doch herum, wie du willst… wer soll uns denn hier schon sehen?«
»Na, die Leute bei Mostache in der Gaststätte«, behauptete sie. »Schließlich kann ich doch nicht deine ganzen Weinvorräte niederkämpfen… ich lade dich ins Dorf ein. Und da kannst du mir dann erzählen, wie Nicole überhaupt zur Vampirin gemacht worden ist. Ich nehme an, daß das eine längere Geschichte ist.«
Zamorra nickte. »Eine sehr längere«, sagte er. »Laß uns aber vorher bei Mostache anrufen, daß er uns auch Essen servieren kann… und aus Nicoles überquellenden Kleiderschränken kannst du dir aussuchen, was du willst. Im Badeanzug in die Kneipe dürfte nicht unbedingt das Richtige sein…«
»Männer!« fauchte Teri. »Typisch! Eben hast du noch gesagt, deinetwegen könne ich herumlaufen, wie ich wolle… Immer diese Widersprüchlichkeiten…«
Zamorra warf einen anklagend-entsagungsvollen Blick zum Abendhimmel und seufzte abgrundtief. Aber er war froh, daß Teri aufgekreuzt war. Mit ihren Druiden-Fähigkeiten war sie für ihn eine enorme Verstärkung, falls es mit dem Magier oder dem Unbekannten, der Roquet und auch Vaultier manipuliert hatte, tatsächlich Schwierigkeiten gab.
***
Zamorra trank nur langsam und wenig. Die anderen, die sich um Teri und ihn geschart hatten, sprachen Wein und Bier intensiver zu und sorgten dafür, daß Mostache mehr und mehr in gute Laune geriet. An Zamorras Tisch hatten sich der Posthalter und Pascal Lafitte niedergelassen, dem seine junge Frau für ein paar Stunden ›Urlaub gewährt‹ hatte, wie er sich ausdrückte.
Teri, die goldhaarige Druidin, zog die Blicke der Männer auf sich. Aus Nicoles Beständen hatte sie sich ein seidig schimmerndes Kleid ausgewählt, das seitlich bis fast zu den Hüften hinauf geschlitzt war und mit einem fast verboten großzügigen Dekolleté verriet, daß unter diesem Kleid nichts mehr zu finden war als nur Teri.
Sie hörte Zamorra zu, der von dem Vergangenheits-Trip zum Silbermond erzählte. Gryf hatte ihr zwar Andeutungen gemacht, als er aus Brasilien zurückkam, aber für Teris Neugierde reichte das natürlich nicht aus.
»Dann ist also damit zu rechnen, daß Gryf sich bald wieder mal sehen lassen kann, ohne dem Zwang zu unterliegen, Nicole als Vampirin pfählen zu müssen«, stellte sie schließlich fest. »Aber wann Nicole zurückkommt, kannst du auch nicht sagen?«
Zamorra schüttelte den Kopf. »Ich lasse mich überraschen und hoffe, daß es nicht mehr sehr lange dauert. Wir haben vereinbart, daß wir uns zwischendurch nicht gegenseitig telefonisch auf die Nerven gehen.«
Pascal Lafitte zuckte mit den Schultern. »Dein Vertrauen möchte ich haben, Zamorra. Ich glaube, ich würde ausrasten, wenn meine Frau plötzlich zur Vampirin würde. Hast du keine Sekunde lang Angst gehabt, sie könnte sich vergessen und über dich herfallen, um dein Blut zu trinken?«
»Frag mich was Leichteres«, murmelte Zamorra. »Ich glaube, ich hatte gar keine Zeit, Angst zu bekommen, weil immer irgend etwas passierte. Wenn ich Angst hatte, dann eher um Nicole… tja, und nun dachte ich, ein paar Tage Ruhe zu finden, aber da mußte mich dieser Henri Vaultier aufstöbern und mir eine neue Sache aufs Auge drücken.«
»Nicht zu vergessen der Fall Roquet«, erinnerte Pascal Lafitte. »Bist du in Lyon gewesen?«
»Ja, heute… und er weiß tatsächlich nichts von dem Mord. Er ist magisch oder hypnotisch geblockt worden. Vaultier übrigens auch.«
»Von derselben
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