0426 - Gangster in feiner Gesellschaft
Treppenaufgang gegenüber lag ein Schlafzimmer. Ritas Schlafzimmer.
Der Chauffeur wühlte in den Schubladen des Nachttischchens. Er fetzte Briefe, ein Reisenecessaire und all das heraus, was man in solchen Fächern aufbewahrt. Schließlich brachte er eine Schmuckschatulle zum Vorschein, öffnete sie, warf einen kurzen Blick hinein und steckte sie dann in die Tasche. Renner schloss nicht einmal die Tür, als er den Raum verließ.
Eilig hastete er die Treppe hoch, die auf der rechten Gangseite lag. Hier oben lagen die zwei Zimmer der Haushälterin. Die Wände waren abgeschrägt, es waren Mansardenzimmer. Zielsicher steuerte Gus auf die Bettcouch zu, über der ein schon etwas verblasstes Bild hing, das Mammie in einem Brautkleid an der Seite eines Mannes mit mächtigem Schnauzbart zeigte. Er kippte die Sitzfläche hoch und griff darunter, ohne hinzusehen. Eine abgeschabte Brieftasche von einigem Umfang stopfte er ebenfalls zur Schatulle.
Renner polterte die Treppe hinab und winkte der Frau im Wagen zu, noch einen Augenblick zu warten. Er verschwand in der Garage, wo er hinter einem Haufen alter Reifen herumsuchte. Eine Tommy Gun unter die Jacke geklemmt, riss er die Tür des Mercury auf. Die Waffe landete auf den hinteren Sitzen.
»Wirf eine Decke drüber!«
Die Frau war bleich, ihre Lippen waren ein schmaler roter Strich. Ihre Finger zerrten nervös an einer Decke. Der Mann warf einen prüfenden Blick auf sie.
»Verlier die Nerven nicht!«, sagte er. »Ich muss noch mal hinein!«
Renner stand gerade im Gang, als er von oben ein Geräusch hörte. Seine Finger krampften sich um die Waffe in seiner Tasche. War der Gangster wieder zurückgekommen? Oder hielt er sich noch immer im Haus auf? Renner dachte einen Augenblick an Linda Barnes, und der Gedanke daran ließ ihn nicht gleichgültig. Vielleicht ließ sich das, was er mit dem Gangster zu begleichen hatte, hier abmachen.
Die schleichenden Schritte von oben verstummten für eine Weile. Ein leises Ächzen war zu hören. Renner, der jede knarrende Stufe der Treppe genau kannte, arbeitete sich vorsichtig nach oben. Die-Waffe steckte in seiner Tasche. Mit einem Mal hielt er ruckartig inne.
Ein Mann bemühte sich, ein Brett der dunkelbraunen Walnusstäfelung im Gang loszubrechen. Immer wieder probierte er mit seinen hageren Fingern, ob der Raum zwischen Brett und Wand noch nicht breit genug sei, um hindurchzugreifen. Von Zeit zu Zeit sah er sich um, wie jemand, der Angst hat, eftappt zu werden. Doch Renner zog schnell den Kopf zurück und duckte sich hinter die Stufen. Eine Weile beobachtete er Jeff neugierig. Aber dann fiel ihm ein, dass seine Zeit kostbar wie Gold war. Gus zog langsam seine Luger aus der Tasche und drückte mit dem linken Daumen den Sicherungshebel nach oben. Mit der Spitze seines linken Schuhs tippte er auf die Stufe.
Jeff fuhr herum, als wäre ihm das Blei der Kugel bereits zwischen die Rippen gefahren. Seine Augen suchten irr nach einem Ausweg, doch dann erkannte er seinen Gegner, und die Vernunft bekam wieder Oberhand.
Mit mächtigen Sätzen sprangen die beiden Männer aufeinander zu. Renner hätte schießen können, aber er tat es nicht. Kurz bevor er Jeff erreichte, hob er die Waffe zum Schlag. Blitzschnell traf sie den jungen Mann am Kopf. Jeff taumelte, mit zwei reichlich unsicheren Schritten war er an der Wand und stemmte die flachen Hände gegen die Täfelung.
Der Chauffeur hatte hart zugeschlagen, aber nicht hart genug. Jeff ging nicht zu Boden. Sie maßen sich mit den Augen. Jeff schüttelte den Kopf unwillig wie ein Boxer, der einen harten Schlag genommen hat. Dann schnellte er sich von der Wand ab, stieß wie ein Geschoss auf Renner zu. Er rannte den älteren und stärkeren Mann über den Haufen.
Gus strauchelte, fiel über seine eigenen Füße und landete auf dem Läufer, der den Gang durchzog. Er ließ sich zurückwippen, unterstützte seine Bewegung mit der linken Hand, aber er kam nicht hoch. Ein Fußtritt seines Gegners traf ihn. Ein Messer blitzte in Jeffs Hand auf. Renner kannte diese Waffe, und in seinen Augen stand nacktes Entsetzen. Dennoch besaß er noch die Kraft, sich beiseite zu wälzen.
Das Messer ratschte durch die harten Sisalfasern des Läufers und blieb in der Diele stecken. Der Stoß war mit ungeheurer Wucht geführt worden. Jeff zerrte und zog, und diesen Augenblick nutzte der Chauffeur, um wieder auf die Beine zu kommen. Er zog die Knie an und trat seinem Gegner die Beine unter dem Leib weg.
Kaum stand er
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