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0426 - Gangster in feiner Gesellschaft

0426 - Gangster in feiner Gesellschaft

Titel: 0426 - Gangster in feiner Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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unausgeschlafen herum und schlürften ihren Milchkaffee. Wir zahlten und gingen in den feuchten Morgen hinaus. Phil schlug den Kragen seines Mantels hoch.
    »Zum Office«, sagte er verbissen.
    Ein Kollege von der Nachtbereitschaft ging mit einem Handtuch um den Nacken zum Waschraum. Ich stieß die Tür zu meinem Office auf und öffnete das Fenster, ehe ich meinen Hut auf den Schreibtisch warf. Im Ablagekorb lag ein Zettel.
    Bitte das Schusswaffenlabor anrufen!
    Die Waffen aus Barnes Sammlung waren noch im Laufe des gestrigen Abends beschlagnahmt und in unser Labor gebracht worden. Die ganze Nacht hindurch hatte es dort geknallt. Unsere Experten hatten unentwegt Geschosse in lange wattegefüllte Kästen abgefeuert, wo sie auf gefangen wurden, ohne deformiert zu werden. Die Projektile wurden von ihren Kollegen unter dem Vergleichsmikroskop scharf beäugt.
    Ich war gespannt wie eine Schlagbolzenleder, was dabei herauskommen würde. Es war denkbar, dass eine dieser Waffen zu einem Verbrechen benutzt worden war. Doch meine kühnsten Erwartungen wurden übertroffen. Mel wollte mir am Telefon nichts Näheres verraten, aber seine Stimme knisterte vor Spannung.
    Also machten wir uns auf den Weg.
    Mel saß am hinteren Ende des lang gestreckten Raumes und presste seine bebrillten Augen auf das Okular des Mikroskops. Seine rechte Hand fuhrwerkte in der Luft herum, um uns aufmerksam zu machen.
    »Seht mal«, sagte er, als wir neben ihm standen. Er sagte es in einem Ton, als stünde draußen vor der Tür der Weihnachtsmann. Mel rutschte von seinem Drehschemel herunter. Mit einer Handbewegung lud er mich ein, durch das Mikroskop zu sehen.
    »Scheinen beide aus der gleichen Kanone zu stammen«, vermutete ich. »Woher stammt das Vergleichsgeschoss?«
    »Ratet mal!«
    »Mach’s nicht so spannend«, knurrte mein Freund. »Wir haben nicht viel Zeit. Sid Buckany hat sich ein Girl geschnappt, und der Himmel weiß, was er mit ihr anstellt. Wenn wir Linda Barnes nicht schleunigst finden…«
    Mel deutete auf eines der beiden Geschosse.
    »Dieses Klümpchen Blei löschte das Leben eines Millionärs in New Hampshire aus. Er wurde ermordet wegen eines Halsbandes…«
    »Danke«, sagte ich und marschierte schon zur Tür, gefolgt von Phil.
    »Bleibt noch die Frage zu klären, wie die Mordwaffe in Barnes Sammlung kam«, sagte mein Freund.
    Jeff Barnes war am Ende. In seiner Tasche knisterten die zwei Scheine, die Mammie ihm in die Hand gedrückt hatte. Doch so, wie er jetzt aussah, traute er sich nicht mal in die schmierigste Kneipe. Unrasiert, verschmutzt und abgerissen, war er eine lebende Aufforderung, das nächste Polizeirevier anzurufen. In Jeffs ausgezehrtem Körper fraß die Gier nach Morphium. Seine Hände in den Manteltaschen flatterten.
    Plötzlich sprang ihm das Schild eines Arztes an einer Hausmauer in die Augen. Dort oben in einem Sprechzimmer gab es sicher die zugeschmolzenen Glasröhrchen mit der farblosen Flüssigkeit, die ihn wieder für ein paar Stunden auf die Beine bringen konnte.
    Jeff schleppte sich die Treppe hoch. Es gab zwar einen Fahrstuhl in dem Haus, aber in dem versammelte sich gerade ein Haufen ausgeschlafen wirkender und fröhlich schwatzender Menschen. Jeff wollte ihnen nicht nahe kommen.
    Im zweiten Stock suchte er nach der Praxis. Er drückte auf die Klinke und öffnete die Tür zum Wartezimmer. Der Fußboden war noch feucht, die Fensterflügel standen weit offen. Offenbar hatte hier eben jemand sauber gemacht und gelüftet. Eine Tür klappte einen Spalt weit auf, und das freundliche Gesicht eines älteren Mannes mit dicker Hornbrille erschien. Er streifte sich gerade einen weißen Kittel über.
    »Sie müssen sich noch einen Augenblick gedulden. Meine Sprechstundenhilfe ist noch nicht da.«
    Geduld war nie die starke Seite Jeffs gewesen, und auf die Sprechstundenhilfe legte er sowieso keinen Wert. Wenn der Arzt allein war, hatte er leichteres Spiel.
    Er stieß die Tür auf, die der Arzt wieder hinter sich geschlossen hatte. Der Mann saß jetzt an seinem Schreibtisch und ordnete die Morgenpost. Jeff marschierte schnurstracks auf einen blitzenden Glasschrank zu. Braune und grüne Fläschchen, Schachteln, Tuben und Dosen zogen ihn magisch an. Seine Augen saugten sich an einem flachen Karton fest. Darin lagen, sauber nebeneinander aufgereiht und in Watte gelagert, sechs Ampullen.
    »Ich hab’s eilig, Doc!«, stieß Jeff heraus, denn er hatte gefunden, was er brauchte. Der Arzt drehte sich in seinem Sessel halb

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