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043 - Das Beinhaus der Medusa

043 - Das Beinhaus der Medusa

Titel: 043 - Das Beinhaus der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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genossen
hatte? Hatte Inger Bornholm ihm etwas ins Glas geschüttet?
    Die Luft um ihn herum begann zu rauschen. Er begriff nicht, daß es das Blut
in seinen Ohren war.
    Eine Halluzination, hämmerte es in seinem Bewußtsein. Alles um ihn herum
erschien plötzlich in einem unwirklichen, gespenstischen Licht.
    Eisige Kälte stieg seine Beine empor, erreichte seine Schenkel und Hüften …
Die Kälte und das Gefühl des Absterbens wanderten weiter.
    Jetzt das Kribbeln in den Fingerkuppen.
    Danielsen wollte die Kraft aufbringen, seinen Kopf zu wenden und einen
Blick auf seine Hände zu werfen.
    Er brachte es nicht fertig, die Augen von dem schrecklichen Medusenhaupt zu
lösen.
    Das alles war ein fürchterlicher Alptraum. Es konnte nicht wahr sein.
    Seine Gedanken wurden förmlich eingefroren. Er war unfähig, logisch und
vernünftig zu denken.
    Das Blut in seinen Adern erstarrte, seine Haut wurde fahl, gelblich-grau,
hart und steinern.
    Dann wurde das Atmen zur Qual. Seine Lungen versuchten sich vergebens
aufzublähen. Dunkelheit umfing ihn. Tiefste Schwärze, tiefste Stille …
    Inger Bornholm erhob sich. Ihre Hände zogen den erstarrten, hartgewordenen
Körper vorsichtig auf den Boden. Sie packte den steifen, in der Sitzstellung
verbliebenen Danielsen unter den Achselhöhlen und schleifte ihn über den Boden.
    Im angrenzenden Zimmer, das völlig dunkel war, ließ sie die Gestalt los,
warf einen Teppich auf die Stelle und öffnete die Geheimtür, die in den Boden
eingelassen war. Dieser Raum befand sich genau über dem Kellergewölbe, wo die
unheimliche Menschenansammlung untergebracht war.
    Auf einer schiefen Ebene rutschte der starre Körper Haakon Danielsens nach
unten. Es knirschte dumpf, als der Mann in der Tiefe ankam. Ohne sich weiter um
die Dinge zu kümmern, verschloß Inger Bornholm mit ruhiger Hand wieder die
Geheimtür und zerrte den Teppich darüber. Alles war wieder so wie zuvor.
    Die Norwegerin zog sich in ihrem Umkleidezimmer frisch an, warf einen
capeähnlichen Umhang über die Schultern und band einen seidenen Turban um ihren
Kopf.
    Sie löschte das Licht und verließ das dunkle, stille Schloß.
    Sekunden später sprang der Motor des schneeweißen, mit einem schwarzen Dach
versehenen Kabrioletts an, das in der Garage auf der anderen Seite des
Südtraktes stand.
    Inger Bornholm ließ das hinter dünnen Nebelschleiern wie verwunschen
liegende Schloß hinter sich.
    Der moderne Wagen, der so gar nicht in die Kulisse paßte, rollte über den
gepflasterten Fahrweg zum Tor. Inger Bornhohn mußte aussteigen und die beiden
angerosteten Flügel zur Seite drücken.
    Dann fuhr sie hinaus auf den bergab führenden Weg.
    Das Gesicht der unheimlichen Fahrerin war starr wie eine Marmormaske.
    Inger Bornholms Gedanken arbeiteten wie im Fieber. Sie hatte durch Haakon
Danielsen genug erfahren. Irgend etwas kam auf sie zu. Sie mußte diese Dinge im
Keim ersticken, ehe sie ungefährlich wurden.
    Das helle Kabriolett näherte sich Kjerringöy. Inger Bornholms Ziel war der
kleine Hafen. Von dort aus war es kein Problem, zur Insel überzusetzen, wo Thor
Haydaals Ferienbungalow stand.
     
    ●
     
    Das Mädchen stöhnte leise. Dann schlug Elin Holtsen die Augen auf.
    Sie war sofort hellwach. Nach zwei Tagen eines tiefen Schlafes kam sie
unerwartet zu sich.
    Die junge Norwegerin richtete sich in dem breiten, sauberen Bett auf.
Fragen stürmten auf sie ein, blieben aber unbeantwortet.
    Elin blickte an sich herunter. Sie trug ein dünnes, durchscheinendes
Nachtgewand. Als sie jetzt langsam aufstand, erkannte sie, daß es ihr gerade
bis zum Ansatz der Schenkel reichte. Aber sie machte sich darüber keine
weiteren Gedanken. Es wurde ihr nicht mal bewußt, daß sie barfuß durch das
dunkle Zimmer wanderte, bis sie die Tür gefunden hatte. Sie war nicht
abgeschlossen.
    Elin Holtsen schritt wie ein Geist durch das düstere, stille Schloß. Sie
ahnte nicht, wo sie sich befand. Eine große Lücke klaffte in ihrem Gedächtnis.
Sie wußte immer noch nichts von dem Unfall, nichts mehr von ihrem Begleiter,
nichts von ihrer Herkunft. Sie war auf der Suche nach ihrem eigenen Ich. Sie
begriff, daß sie nicht hierher gehörte. Wie aber kam sie hierher?
    Wie eine Schlafwandlerin, nur mit dem dünnen, durchscheinenden minikurzen
Nachthemd bekleidet, kam sie durch die zahlreichen, verzweigten Gänge. Sie
schritt an den hohen Fenstern vorbei und starrte hinaus in die neblige Nacht.
    Sie stand mit einemmal vor einer Treppe, die nach unten führte.

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