0433 - Herrin der Ghouls
dem Coupé vorbei.
Jetzt endlich hatte der Fahrer doch daran gedacht, mal ein wenig zu bremsen. Der Lastzug kam in der nächsten Kurve zum Stehen. Der Fahrer sprang heraus und kam heran. Nicole sah sich entsetzt nach dem Monster um. Wenn sie schon nicht gegen das braunpelzige Ungeheuer mit den langen Zähnen ankam, hatte der Fahrer, der sicher nicht in diversen Kampfsporttechniken ausgebildet war und nicht so schnelle Überlebensreflexe hatte wie Nicole, keine Chance!
Aber das Ungeheuer war verschwunden!
Dort, wo es sich eben noch befunden hatte, war nichts mehr. Es hatte sich förmlich in Luft aufgelöst.
Der Lkw-Fahrer kam heran. Besorgt sah er Nicole an. »Kann ich Ihnen helfen?« erkundigte er sich. Offenbar nahm er an, daß Nicole mit dem Wagen Schwierigkeiten hatte. Dann registrierte er Nicoles sparsame Bekleidung, und im gleichen Moment merkte Nicole, daß ihre Bluse aufgerissen worden war und jetzt noch weniger verhüllte als vorher.
»Sind Sie vielleicht überfallen worden?« Der Lkw-Fahrer registrierte auch ein paar Kratzer auf der langgestreckten Motorhaube des BMW. »Soll ich die Polizei rufen? Brauchen Sie einen Arzt?«
Nicole sah sich immer wieder um.
Vielleicht hatte das Monster sich nur versteckt. Es mochte wohl kein Publikum bei seinem Mordversuch.
»Alles in Ordnung«, wehrte sie ab. »Sie brauchen meinetwegen keine Zeit zu verlieren.«
»Schwierigkeiten mit dem Wagen?« fragte der Lkw-Fahrer mißtrauisch.
»Es ist wirklich nichts«, versicherte Nicole. Warum stieg der Mann nicht wieder in seinen Berliet und fuhr weiter?
Aus der Gegenrichtung näherte sich mittlerweile auch ein Fahrzeug; ein betagter Kombi. Nicole war nicht daran interessiert, daß dessen Fahrer ebenfalls stoppte und falsche Schlüsse zog. Sie klemmte sich hinter das Lenkrad ihres Coupés, dessen Motor noch lief, und fuhr los.
Ein Blick in den Rückspiegel verriet ihr, daß von dem Monster immer noch nichts zu sehen war. An der nächsten Kreuzung bog sie ab, wendete und rollte ganz langsam wieder zurück.
Der Lkw war weitergefahren.
Nicole legte keinen Wert auf eine zweite Auseinandersetzung mit dem Ungeheuer, das so unverwüstlich war wie ein Monster aus Dr. Frankensteins Labor. Zumindest nicht solange, wie sie nicht gründlich darauf vorbereitet war. Aber sie mußte trotz des Risikos, abermals angegriffen zu werden, wissen, ob das Biest sich noch hier herum trieb. So, wie es sie angegriffen hatte, konnte es jederzeit auch über andere Menschen herfallen.
Aber es war fort.
Nicole überlegte. Das Monster hatte sie in genau dem Moment angegriffen, als sie den Graben auf Magie untersuchen wollte, die dort vielleicht benutzt worden war. Das war bestimmt kein Zufall.
Hier mußte es eine Menge Zusammenhänge geben. Und wenn Nicole sich die Krallen und die überdimensionalen Zähne ins Gedächtnis rief, über die das Monstrum verfügte, konnte sie sich lebhaft vorstellen, daß es einen Menschen so zurichten konnte, wie es dem Opfer an Rogier deNoes Mazda passiert war.
Aber welche Rolle spielte Yalasa dabei, die hier ihr Auto in den Graben gesetzt hatte, wo das Monster auftauchte? Sie mußte irgend etwas damit zu tun haben, diese Frau mit dem Parfüm, das laut Raffael Bois wie Verwesung roch.
Nicole fuhr zum Dorf zurück. Sie war gespannt, was Zamorra zu berichten haben würde. Wenn sie beide ihre Puzzle-Teile aneinander legten, würde sich jetzt vielleicht ein etwas deutlicheres Bild ergeben…
***
Zamorra wußte, daß er nur ein paar Sekunden ohne Besinnung gewesen sein konnte. Er öffnete die Augen wieder und sah den Kommissar vor sich stehen, die noch rauchende Waffe in der Hand, und dahinter war Rogier deNoe.
»Sind Sie in Ordnung, Zamorra?« erkundigte sich Fountain.
Der Dämonenjäger nickte. Er richtete sich langsam auf. DeNoe half ihm dabei. Zamorra fühlte sich erschöpft, und sein Arm schmerzte. Der Ärmel hing ihm in Fetzen herunter, und Blut sickerte aus den Kratzwunden. Aber es sah schlimmer aus, als es war.
»Kommen Sie zurück zum Wagen. Ich rufe einen Arzt«, bot der Kommissar an. Zamorra nickte ihm zu. Er hob das Amulett wieder auf. »Hat einer von euch gesehen, woher das Monstrum kam und wohin es verschwand?«
Die beiden Männer verneinten.
Zamorra berichtete kurz, ehe Fountain ihn mit Fragen überstürzen konnte, daß die verfolgte Spur hier endete. Das Ungeheuer mußte am vergangenen Abend ebenso aus dem Nichts gekommen sein wie jetzt, als es Zamorra angriff. Ein Weltentor hatte Zamorra nicht
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