0433 - Zeitbombe London
die Erinnerung da!
Sie sah wieder alles vor sich und erinnerte sich an ihre Entführung. Jetzt lag der andere neben ihr, und sie drückte sich zur anderen Seite hin, nach rechts, wo sie gegen ein Hindernis stieß.
Es war der gläserne Sargrand.
Zunächst wurde es ihr nicht bewußt. Sie konnte auch nicht nach draußen schauen, denn die grünen Flammen umzüngelten den Sarg und nahmen ihr die Sicht.
Doch als sie die Hand hob, um sich gegen den Deckel zu drücken, hörte sie neben sich die Stimme Magicos.
»Laß es sein!«
Diese drei Worte waren um so schlimmer, weil sie mit Jane Collins' Stimme gesprochen waren, und wieder schoß in Shao die Flamme der Furcht hoch.
Sie wollte weitere Fragen stellen, aber das klappte nicht mehr, denn der Flammensarg raste weiter und überwand plötzlich die Grenze zu einer anderen Dimension.
Magico machte dies nichts.
Shao aber spürte einen stechenden Schmerz in der Brust, der bis in den Kopf schoß und ihr beinahe wieder das Bewußtsein geraubt hätte.
Soeben noch gelang es ihr, sich dagegen anzustemmen, und die Wellen ebbten auch wieder ab.
Da aber befand sie sich bereits woanders.
Der Sarg jagte nicht mehr durch die Dimensionen, er hatte festen Kontakt mit dem Boden.
Und Magico öffnete den Deckel. Er stieß nur kurz mit einer Hand dagegen, so daß er hochklappte und Shao aussteigen konnte. Das Makabere dieses Flugs war ihr kaum zu Bewußtsein gekommen. Sie dachte auch nicht darüber nach, denn sie hörte Schritte und sah, daß eine Gestalt auf den Sarg zutrat.
Es war ein Mensch. Dunkelhaarig, mit grauen Strähnen und einem Gesicht, das Kälte abstrahlte. Er war neben dem Sarg stehengeblieben und hatte den Arm ausgestreckt.
»Beeil dich, Magico hat noch andere Aufgaben zu erfüllen.«
Automatisch umfaßte Shao die Hand des Mannes. Sie war irgendwie froh, eine andere Stimme zu hören. Als sie in die Höhe gezogen wurde, spürte sie den Schwindel, der sie durchfuhr und sich in ihrem Kopf zu einem wilden Kreisel veränderte.
Sie hatte Mühe, aus dem Sarg zu steigen, und wäre fast noch gestolpert.
Kaum war sie draußen, als Magico den Deckel wieder fallen ließ und sich auf die Reise begab.
Die grünen Flammen leuchteten intensiver auf, wurden auch länger und umfaßten die gesamte Totenkiste, die vom Boden abhob und gedankenschnell verschwand.
Es gab keine Grenzen, keine Wände, keine Mauern. Magico kam durch alles hindurch. Das hatte er auch hier wieder unter Beweis gestellt.
Zurück blieb Shao zusammen mit dem Mann, der ihren Arm umfaßt hielt und sie stützte. »Weißt du, wer ich bin?« fragte er.
Sie blickte ihn an. Erst kurz nur, dann länger, bis sie schließlich nickte, als ihr die Erleuchtung gekommen war. »Ja, ich weiß, wer Sie sind.«
»So?«
»Van Akkeren. Vincent van Akkeren. Sie haben Jane Collins entführt.«
Er lachte rauh. »Gut, du bist gut. Tatsächlich, ich habe sie mir geholt. Und du bist die zweite, Shao. Allmählich werde ich alle Leute um Sinclair in meine Gewalt bringen.«
Shao dachte weniger an sich als an Jane. »Wo ist sie?«
»Willst du sie sehen?«
»Ja, ja!« Sie wollte sich losreißen, aber van Akkeren hielt sie fest. »Melde dich!«
»Shao?« Die Chinesin hörte das geflüsterte Wort, das ihr entgegenwehte. Für einen Moment stand sie still. Van Akkeren neben ihr lächelte kalt. Er freute sich auf die Begegnung der beiden Frauen und ließ den Arm der Chinesin los.
»Jane?«
Zögernd ging sie einen Schritt vor. »Ja.«
»Wartet, ich mache Licht.« Van Akkeren entfernte sich. An der Tür kippte er den Schalter. Es wurde hell.
Als Shao die blonde Frau gefesselt auf der Liege sah, wollte sie losschreien. Es war Jane Collins! Shao blieb stehen. »Nein!« hauchte sie.
»Nein, nicht so!« Dann fuhr sie herum und funkelte den langsam näher kommenden Vincent van Akkeren an. »Was haben Sie Ihr angetan, Sie Verbrecher? Weshalb wurde sie gefesselt? Was soll die Quälerei?«
Van Akkeren hob die Schultern. »Ich mußte sichergehen. Sie war früher eine Hexe. Möglicherweise hat sie sich die Kräfte bewahrt. Zumindest schlummern sie noch in ihr. Bevor ich irgendwelche Risiken eingehe, sichere ich mich ab.«
»Ja, ich verstehe«, erwiderte Shao. Ihre Stimme nahm einen verächtlichen Klang an. »Ihr seid doch alle gleich. Ob Dämon oder Mensch. Ab einer bestimmten Stufe unterscheidet ihr euch alle nicht mehr, ihr Hundesöhne.«
Van Akkeren blieb gelassen. »Du kannst toben, das stört mich nicht. Auch die Collins hat getobt. Es
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