0433 - Zum Sterben einen Stellvertreter
Trippelschritte aus seinem Office. Ohne anzuklopfen, drückte ich die Klinke herunter, betrat den kleinen Vorraum und stand der niedlichen Puppe gegenüber.
»Morning, Miß Universum«, sagte ich und hielt ihr meinen FBI-Ausweis unter das frisch gepuderte Näschen. »Der Boß scheint Sie ja doch nicht gefeuert zu haben.«
Sie wich ein, zwei Schritte zurück und riß erstaunt die Augen auf.
»Kennen Sie mich nicht mehr?« half ich ihrem Gedächtnis ein wenig nach.
»Doch«, stammelte sie, »Sie haben den Lastwagen gegen die Felsen gesteuert.«
»Genau. — Haben Sie einen Schlüssel zu Mr. Cannons Büro?«
Sie nickte. Der FBI-Ausweis schien sie so verstört zu haben, daß sie kein Wort sagen konnte.
Sie trat an ihren Schreibtisch, holte ein Schlüsselbund heraus und öffnete die Tür zum Chefzimmer.
Ich betrat als erster den Raum. Ein Duft von Air fresh schlug mir entgegen und täuschte Hochgebirgsluft vor. Aber irgend etwas störte mich an diesem Geruch. War er mit Gas gemischt?
Der Schreibtisch der Sekretärin und der Riesenmahagonitisch von Cannon waren blank wie eine Bowlingbahn. Es dauerte keine zwei Minuten, um herauszufinden, daß die Büroräume keine einzige Akte mehr enthielten.
Im Eiltempo spurteten wir zu Cannons Villa, die in einem parkähnlichen Garten hinter den Lagerräumen lag. Alle Fenster waren geschlossen. Im Erdgeschoß waren zusätzlich die Rolläden heruntergelassen.
Wir umkreisten das Haus und schell-, ten an der großen zweiflügeligen Tür. Aber niemand antwortete. Ein Kollege wartete mit entsicherter Pistole am Haupteingang. Wir anderen gingen zur Hinterfront. Dabei warf ich einen Blick in die drei freistehenden Garagen. Sie wären leer.
Wir warfen uns gegen die massive Haustür. Nach drei Anläufen schmerzten unsere Schultern, und die Tür hatte sich noch nicht einen Millimeter bewegt.
Ich verschoß aus meinem 38er Special eine Trommel auf das Schloß, ehe es aufsprang.
Zu viert durchsuchten wir das Haus, ohne auch nur eine Spur von Cannon oder seinen Leuten zu finden. Alle Zimmer waren mustergültig in Ordnung, bis auf das Schlafzimmer. Hier hatte jemand in Eile einige Koffer gepackt und Kleidungsstücke auf dem Bett liegengelassen.
Weil wir unsere wertvolle Zeit nicht vergeuden durften, rief ich die City Police an und bat um Unterstützung. Phil erstattete auf einem zweiten Telefonapparat unserem Chef Bericht.
Mr. High leitete sofort die notwendigen Schritte ein. Eine Stunde später standen sämtliche Flugplätze, Häfen und Ausfallstraßen von New York unter strenger Polizeikontrolle.
Auf der Rückfahrt sah mich Phil mehrere Male von der Seite an. Aber ich war nicht zum Plaudern aufgelegt, sondern bis zum Stehkragen mit Dynamit geladen. Wir hatten uns wieder einmal von Hellman an der Nase herumführen lassen. Cannon gehörte zu der Bande. Aber er war längst in Sicherheit, mit ihm alle anderen Mitglieder der Gang.
Nur einer war zurückgeblieben — Roger Hellman, der Boß der Bande. Warum war er nicht ebenfalls mit abgereist? Fürchtete er eine weltweite Fahndungsaktion? Erschien es ihm wahrscheinlicher, in New York durch die Maschen des Gesetzes zu schlüpfen als in einem anderen Staat?
Hellman mußte alles von langer Hand vorbereitet haben, schon als er sich bei der Detective School anmeldete. Er lieferte uns Hinweise auf kleine Schmuggler, Taschendiebe und Rauschgiftsüchtige, um unser Vertrauen zu gewinnen. Dann holte er zum großen Schlag aus.
Nach unserer Rückkehr ließen wir Hellman vorführen. Er kam wieder mit einem fragenden Lächeln auf den Lippen herein, das jedoch verschwand, als er mein mißmutiges Gesicht sah. »Haben Sie…?« fragte er zaghaft. »Nein, Cannon war schon ausgeflogen. Die Schlinge zieht sich zu, Hellman«, sagte ich wütend, »aber um Ihren Hals. Wollen Sie nicht endlich mit diesem Versteckspiel aufhören und uns die Wahrheit auftischen?«
Das kleine Männlein ließ die Schultern nach vorn hängen und starrte auf den Boden.
»Mit welcher Maschine ist Cannon & Co gestartet?« fragte ich, als er schwieg.
»Ich weiß es nicht«, entgegnete er mit leiser Stimme. »Bringen Sie mich wieder in meine Zelle zurück und lassen Sie mich endlich in Frieden. Aber eines sage ich Ihnen, ich habe mit der ganzen Sache gar nichts zu tun. Ich bin kein Mörder, kein Verbrecher.«
»Das habe ich bisher auch geglaubt«, erwiderte ich ruhig, »aber in diesem Fall müssen Sie beweisen, daß Sie unschuldig sind, denn keines Ihrer Alibis ist
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