0439 - Nacht der Hexen
Taxi gestiegen wäre, befänden sie sich doch jetzt nicht hier!
Außerdem stimmte etwas mit der Frau im Fond nicht. Kaum gedacht, wurde die Frau auf seltsame Art gesichtslos, während das Taxi sich in Bewegung setzte.
Zamorra preßte die Lippen zusammen. Er bemühte sich, den Amulettkontakt zu halten, und sah Ted Ewigk an. »Eine Entführung«, sagte er mühsam. »Hinterher…«
Ted faßte nach seiner Hand. Er starrte auf das Bild im Amulett. »Zurück«, sagte er. »War da nicht ein Taxi? Das will ich noch einmal sehen.«
Zamorra holte das Bild zurück.
Ted betrachtete das Taxi, dann nickte er. »Okay«, sagte er. »Festhalten, ich hole den Wagen.«
Er überquerte die Straße, stieg in den Mercedes und zog ihn quer über die Fahrbahn heran, um die anderen einsteigen zu lassen. Zamorra, geistig halb in der anderen Zeit, fand diesmal auf dem Beifahrersitz Platz, während die beiden Frauen sich die Rückbank teilten.
»Fahr los, aber langsam«, murmelte Zamorra. »Nicht, daß er uns in einer Kurve entwischt.«
Ted nickte. Er ließ den Wagen im gemütlichen Tempo vorwärts rollen, ungeachtet der Huptöne anderer Fahrzeuge, die sich durch den langsamen Mercedes behindert fühlten. Aber Zamorra hatte recht - zu schnell war man an einer Kreuzung vorbei, an der der Verfolgte überraschend abgebogen war… Und immerhin sah Zamorra nur ein gespenstisches Phantombild einer vergangenen Wirklichkeit.
Während Ted lenkte, griff er zum Hörer des Autotelefons. Er rief die Taxizentrale an, deren Rufnummer sich auf dem Hinweisschild am Wagen befand, und bat darum, ihn zu informieren, wohin das Taxi zu jener Uhrzeit unterwegs gewesen war. Er nannte das Kennzeichen, das er sich gemerkt hatte, als Zamorra das Bild »zurückholte«, und beschrieb Rafaelas Aussehen und Kleidung.
Er hoffte, damit die Verfolgung vereinfachen zu können. Wenn man in der Taxizentrale das Ziel nennen konnte, zu dem Rafaela gebracht worden war, konnten sie direkt und schnell dorthin fahren.
Aber angeblich hatte der Taxifahrer zu der betreffenden Uhrzeit keine Fahrt gehabt!
»Da stimmt doch was nicht«, gab Ted zurück. »Ich weiß, daß er unterwegs war! Können Sie den Betriebsfunk aufs Telefon schalten, damit ich direkt mit dem Mann reden kann?«
»Wir können nicht, und wir wollen auch nicht, signore«, wurde ihm erwidert.
»Auch nicht, wenn es sich möglicherweise um eine Entführung handelt?«
»Dann schalten Sie bitte die Polizei ein, damit diese die Ermittlungen aufnimmt, signore. Können wir sonst noch etwas für Sie tun?«
Ted legte auf. »Dann eben nicht«, murmelte er. Er sah Zamorra an. Der wies mit der Hand nur weiter geradeaus. Ted ließ den Mercedes weiter rollen.
Zamorra hatte seine Gedankenabschirmung geöffnet, die normalerweise verhinderte, daß seine Gedanken von anderen gelesen wurden. Bei den Auseinandersetzungen mit Dämonen hatte das ihm schon oft genug das Leben gerettet, weil der Schwarzblütige seine Gedanken nicht lesen und deshalb seinen Reaktionen nicht zuvorkommen konnte. Mit einer solchen Abschirmung hatte Zamorra auch die anderen Freunde und Mitstreiter »ausgerüstet«. Jetzt aber öffnete er die Barriere.
Nicole nahm seine Gedanken wahr.
Sie sah darin die Aufforderung, Ted und Carlotta zu informieren, was Zamorra gesehen hatte - daß es sich nicht um eine »normale« Entführung handelte, sondern daß Magie im Spiel war und daß jene fremde Frau im Taxi Carlottas Aussehen angenommen hatte.
»Aber wie ist das möglich?« fragte Carlotta entgeistert. »Wie kann jemand einfach so mein Aussehen annehmen?«
»Das dürfte für einen Zauberer oder eine Hexe eine der leichteren Übungen sein«, sagte Nicole. »Interessanter ist für mich, weshalb ausgerechnet Rafaela ausgewählt wurde. Woher diese Fremde von der Beziehung zwischen Rafaela und dir, Carlotta, wußte. Und daß du sie abholen wolltest… immerhin kann sie dir nur um ein paar Minuten zuvorgekommen sein, nicht wahr?«
Die Römerin nickte.
»Was hat das alles zu bedeuten?« flüsterte sie.
»Das werden wir herausfinden«,, hoffte Nicole.
Schon bald befanden sie sich auf der Via Appia in Richtung Süden und verließen Rom. Nicole nagte an ihrer Unterlippe. Sie hatte sich das alles etwas anders vorgestellt. Immerhin hatten sie gerade erst ein nicht ungefährliches Abenteuer hinter sich gebracht, und ihr war nicht besonders daran gelegen, schon wieder in eine Auseinandersetzung mit einer dämonischen Wesenheit zu geraten. Irgendwann mußte ja auch
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