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0439 - Todesspiel in Samt und Seide

0439 - Todesspiel in Samt und Seide

Titel: 0439 - Todesspiel in Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
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der Unterwelt. Er ließ sich nicht einordnen. Er war weder ein Einzelgänger, noch führte er ein Syndikat der üblichen Art.
    Jedes Syndikat hat sich auf eine bestimmte Form der Geschäftsführung festgelegt. Fast immer gehören Rauschgifthandel, Prostitution und Erpressung dazu. Von Razer wurde behauptet, daß er jede Schablonisierung und Schematisierung der Arbeit haßte. Er zog es vor, etwa nach der Art der englischen Posträuber, einen großen »Job« detailliert und generalstabsmäßig zu planen und durchzuführen. Es war selten, daß er ein großes Ding wiederholte.
    Jetzt wußte ich, wer hinter dem Vier-Millionen-Dollar-Raub stand. Weshalb waren wir nicht früher darauf gekommen?
    »Sie stören unsere Kreise, Cotton«, sagte er.
    »Das ist mein Beruf, Razer.«
    »Was wissen Sie bereits?«
    »Noch nicht genug«, sagte ich ausweichend, obwohl ich wußte, daß Razer meinen Tod schon beschlossen hatte. Es wäre ihm sonst nicht eingefallen, sich namentlich vorzustellen. Von Razer, der niemals in einer Gefängniszelle' gesessen hatte, existierten nur zwei Aufnahmen aus seiner Militärzeit. Seit damals hatte er sich beträchtlich verändert. Es wurde behauptet, daß er nach zwei Gesichtsoperationen kaum noch Ähnlichkeit mit dem Gl aus dem Jahre 1947 hatte.
    »Wir wollen es kurz machen«, meinte Razer trocken. »Ich liebe es nicht, von Schnüfflern behelligt zu werden. Custer mußte bereits erfahren, wie die Mitglieder meines Teams in solchen Fällen zu reagieren pflegen. Mit Ihnen ist das ein wenig anders, schwieriger, möchte ich sagen Sie sind prominent, ein G-man der Sonderklasse. Ihr Verschwinden würde wie eine Bombe einschlagen, nicht wahr? Meine Leute haben es deshalb vorgezogen, die letzte Entscheidung mir zu überlassen.«
    »Sehr vernünftig«, lobte ich.
    »Ich glaube, daß ich in Zukunft sehr viel ruhiger atmen werde, wenn ein gewisser Jerry Cotton von der Bildfläche verschwindet.«
    »Ich bezweifle das, Razer. Ich brauche Ihnen wohl kaum die Gründe zu erläutern, warum ich das bezweifle. Sie selbst wissen es. Wenn ich von der Bildfläche verschwinde, tauchen mehr G-men auf, als Sie in Ihrem Leben gesehen haben.«
    »Ich habe eine andere Auffassung, Cotton. Ich glaube, daß Ihren geschätzten Kollegen die Lust vergeht, sich allzu intensiv um mich zu kümmern, wenn sie erfahren, daß ich mich nicht scheue, selbst einen Jerry Cotton zum Tode zu verurteilen.«
    Er grinste matt. »Wie Sie sehen, ist alles nur eine Frage der Auslegung. Dialektik, mein Lieber!«
    Er wandte den Kopf.
    »Es ist verdammt heiß hier«, sagte er scharf. »Ist die Klimaanlage immer noch kaputt?«
    »Ja, Sir«, ertönte eine Stimme aus dem Dunkel.
    »Dann macht ein Fenster auf!«
    Ich hörte das Rücken eines Stuhls, Schritte, das scharfe, reißende Geräusch, das beim öffnen eines Vorhanges entsteht und schließlich das Rucken eines Fensterflügels, der leicht klemmte. Augenblicklich kam eine leichte, kühle Brise ins Zimmer. Die Schritte tappten zurück. Der Mann, den ich nicht sehen konnte, setzte sich wieder.
    Ich erkannte das helle Rechteck hinter dem Tisch, obwohl die Lampe mich etwas blendete. Bis zu dem Fenster waren es mindestens fünf Yard. Ich rechnete mir eine schwache Chance aus, dieses Fenster zu erreichen. Im Grunde brauchte ich nur in die Dunkelheit zu hechten. Solange ich dabei in der Nähe des Tisches blieb, würde keiner zu schießen wagen.
    Die Sache hatte nur einen Haken, oder vielleicht auch zwei. Ich wußte, daß mich Razers Männer genau beobachteten. Ich bezweifelte nicht, daß sie die schußbereiten Waffen in den Händen hielten und nur darauf warteten, daß ich ihnen Anlaß zu einer Aktion gab, die sicherlich genau ihren Wünschen entsprach. Vermutlich stand einer von ihnen direkt neben dem Lichtschalter. Bei meiner ersten Bewegung würde ein Fingerdruck von ihm genügen, den Raum in hellstes Licht zu tauchen.
    Aber ich mußte einiges riskieren, wenn ich nicht wollte, daß am Ende dieser seltsamen »Gerichtsverhandlung« eine Exekution stand, die meinen Chef, Mr. High, in die Verlegenheit bringen würde, sich nach einem anderen Agenten umzusehen.
    Betrüblicherweise litt ich noch immer unter den Nachwirkungen der Fesselung, des Transports und vor allem des Kaffees. Ich war sicher, daß ich meine alte Spannkraft noch nicht zurückgewonnen hatte. Wenn ich nur die Behendigkeit einer lahmen Ente zur Verfügung hatte, um an das Fenster zu gelangen, war das ungefähr so, als versuchte ich den Mond mit dem

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