0442 - Der Blick ins Jenseits
den Schatten im Hintergrund des Saals lösten sich die Gestalten der Hyänen.
Tiere, die das Böse verkörperten, die dem Teufel zur Seite standen, aber noch mehr das Zeichen für den Dämon Baphomet waren, einem Ableger der Hölle.
Ich hatte immer vier Hyänen gezählt, und ich wußte auch, daß sich diese Tiere in widerliche, kleine rote Teufel verwandeln konnten, wenn die Zeit reif war.
Die hatte ich bereits bei meiner Ankunft gesehen. Da standen sie in den Fenstern der noch nicht zerstörten Gebäude und starrten aus roten Augen auf die Straße, während aus ihren kahlen Schädeln kleine, krumme Hörner wuchsen.
Jetzt aber schlichen sie als Hyänen von vier verschiedenen Seiten näher. Ihr Gang war lauernd, sie hielten die Köpfe gedreht und zu mir gewandt, so daß ich auch ihre Augen sehen konnte.
Normale Raubtieraugen, jedenfalls von der Größe her.
Rot glühten sie, als würden in den Höhlen kleine Kohlestücke liegen, die nur allmählich verloschen.
Sie hielten die Schnauzen offen. Ich sah dabei auch ihre Zungen, die lang wie alte Lappen über die Spitze des Unterkiefers hinwegragten. Ihr Fell zeigte eine kaum erkennbare Farbe. Eine Mischung aus dem fahlen Gelb eines Sandstrands und dem Grau einer Hauswand. Zudem war das Fell glatt, als hätte man es angefeuchtet oder eingeschmiert.
Die vier Hyänen hielten einen gewissen Abstand bei und zogen den Halbkreis, in dem sie sich mir näherten, nicht enger. Als hätten sie einen geheimen Befehl erhalten, so stoppten sie plötzlich ihre Schritte und blieben stehen.
Arlette hatte sich gedreht. Sie wandte mir jetzt ihr Profil zu, um die vier Hyänen anzusehen.
Ich hatte das Gefühl, als wartete das Mädchen darauf, von ihnen Befehle entgegennehmen. Das war durchaus möglich, denn unter Umständen steckte jeweils ein Teil des Teufels in den Körpern der Bestien.
Die Hyänen setzten sich nieder.
Wieder geschah dies synchron, und mir kamen sie vor wie höllische Wächter, die alles kontrollieren wollten.
Arlette nickte. Meinte aber keinen anderen, mehr sich selbst, denn sie dokumentierte damit ihren endgültigen Entschluß, es zu tun.
Arlette wollte morden!
Ich erkannte es am Ausdruck ihrer Augen, als sie mich anschaute.
»Weißt du, wie ich es mache?« fragte sie.
»Nein.«
»Ich gebe den Befehl.«
»Wem? Dem Teufel?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er braucht nicht einzugreifen, er hat mir seine Helfer zur Seite gestellt. Du sollst wirksam sterben, wie es sich für einen Geisterjäger gehört. Das Böse soll dich zerreißen, Sinclair, und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Diese vier Hyänen werden dich totbeißen und anschließend zerreißen. Man wird die Teile deines Körpers überall finden, so ist es vorgesehen, und deine Freunde werden sich fragen, wer es getan hat. Aber auf die Wahrheit wird keiner von ihnen kommen, das steht fest.«
Noch immer konnte ich mich nicht rühren. Dieser magische Blitzschlag und der verdammte Thron hatten mich paralysiert, aber ich zweifelte nicht an den Worten der jungen Belgierin.
»Schaust du zu, Arlette?« fragte ich mit etwas belegt klingender Stimme.
»Ja.«
»Und das willst du durchhalten? Kannst du zusehen, wie ein Mensch von Bestien zerrissen wird?«
»So ist es vorgesehen.«
Ich widersprach noch einmal. »Du wirst nicht mehr schlafen können. Alpträume werden dich verfolgen, du wirst vor Angst schreien und…«
»Hör auf!« brüllte sie mich an. »Es ist genug, die Hyänen werden alles weitere übernehmen!« Sie nickte den vier Bestien zu. »Los, zerbeißt ihn!«
Ob sie nun ihren Worten folgten oder zusätzlich einen Befehl vom Teufel erhalten hatten, war nicht festzustellen. Jedenfalls schüttelten sie ihre Körper, bevor sie sich strafften und mit geschmeidigen Bewegungen vorgingen.
Durch meine starre Sitzposition war ich gezwungen, die Bestien anzuschauen. Sie bewegten nur die Körper. Die Köpfe blieben völlig ruhig, aber der Blick ihrer Augen war mehr als schaurig. In den roten Löchern las ich den Willen zum Mord.
Jedes Aufsetzen ihrer Pfoten registrierte ich. Dabei entstanden kaum Geräusche, eine Katze konnte sich ebenso leise bewegen, aber die Schritte der Hyänen erzeugten in mir ein Gefühl der Panik. Mit jedem Auftreten kam ich dem Tod ein Stück näher. Ich geriet ins Schwitzen.
Der Schweiß legte sich auf meine Stirn, er sammelte sich an den Wangen zu Tropfen und bedeckte schließlich meine gesamte Haut wie eine dünne Ölschicht.
Verzweifelt wehrte ich mich gegen die Lähmung,
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