0453 - Heißer Draht zu Killer-Jo
vorher Bartlett residiert hatte.
Das Hotel Hudson lag in der West 48. Straße, in der Nähe der Eleventh Avenue. Wir hatten erwartet, das Miller abends zu Larosse fahren würde, doch er blieb im Hotel. Er nahm sogar seine Mahlzeiten im Zimmer ein. Im Typ glich er ungefähr Bartlett, nur schien er finsterer und verschlossener zu sein.
Nachdem ich das alles zusammengetragen hatte,' gingen wir zum Chef. Er hörte sehr aufmerksam zu, und als ich endete, dachte er einen Augenblick nach.
»Das ist ein ziemlich verwickelter Fall«, meinte er dann. »Die meisten Schwierigkeiten bereitet die Frage nach dem Motiv. Darin liegt der Schlüssel des Ganzen.« Er warf mir einen prüfenden Blick zu. »Haben Sie einen Plan, wie der Sender zu durchleuchten ist, Jerry?«
»Ja, mir fiel bei der Unterredung mit Mr. Reyss ein, daß sich vielleicht Tim Harras dafür begeistern ließe, eine Reportage über Television in Manhattan zu schreiben. Es gibt keinen Sender, der nicht wild auf illustre Presseberichte wäre.«
»Das ist sicher richtig«, meinte Mr. High. »Es kommt darauf an, ob man bei einer solchen Reportage wirklich geheime Dinge zu sehen bekommt.«
»Es ist ein Versuch«, sagte ich.
Zum Abschluß besprachen wir die Geschichte von Reyss. Mr. High billigte unser Verhalten.
»Vor allem möchte ich die Immobs Corporation nicht so schnell aus den Fingern lassen, wenn sie auch sauber zu sein scheint«, fuhr ich fort. »Der plötzliche Platzwechsel von Syd Barrow kann ein Fehler der Gangster gewesen sein. Wenn also etwas dran ist, werden wir es bald wissen. Wer weiß, ob der Makler William Cäle überhaupt echt ist.«
Mr. High stimmte zu. Phil und ich gingen in unser Büro zurück.
Ich griff mir das Telefon und wählte die Nummer der New York Times. »Ich dachte, Tim Harras könnte uns behilflich sein.«
Ich dachte zwar noch mehr, aber das behielt ich lieber für mich.
Tim Harras, Kriminalreporter, war ein feiner Kerl. Er verstand zu schweigen, wenn es sein mußte. Er konnte seine Zeit abwarten. Außerdem war er gelegentlich auch dann hilfsbereit, wenn nichts für ihn dabei herauskam.
Er war vierzig, schlank, hager, unauffällig gekleidet und wußte Menschen richtig zu nehmen. Ich verabredete mich mit ihm und nahm Phil ein Stück mit. Ich hatte ihn auf den seriösen Makler William Cale gehetzt.
Ich mußte zum Times Square. Tim wartete schon in Howard Johnson’s Restaurant.
Ich erzählte etwa zehn Minuten lang, und Tim hörte schweigend zu. Er schrieb sich kein einziges Wort auf. Er zog nur sein Feuerzeug aus der Tasche, als ich anfing, und löste dabei gleichzeitig das Miniatur-Bandgerät aus, das er in der linken Brusttasche trug. Es reichte für eine halbe Stunde Aufnahme. Außerdem hatte er ständig eine Minox bei sich, die sich beim Fotografieren leicht verbergen ließ. Das war seine gesamte Reportageausrüstung, wenn man vom Kopf absah.
»Ja« meinte er dann, »als Gerippe ist das schon ziemlich vielversprechend, aber da fehlt noch mächtig viel Fleisch an dem Braten.«
»Ich bin nicht einmal mit dem Gerippe zufrieden«, protestierte ich. »Bei den meisten Kapitalverbrechen haben wir das Delikt und suchen den Täter. Hier haben wir einen Mord, glauben mit Sicherheit den Täter zu kennen und wissen doch, daß das Delikt nur eine Nebenerscheinung war. Das Verbrechen selbst soll erst noch kommen, und wir haben keine Ahnung, was da vorbereitet wird. Das ist ein unheimliches Gefühl, Tim.«
Der Reporter kniff die Augen leicht zusammen.
»Man sagt mir nach, ich hätte einen Flair für Knüller. Diesmal habe ich nicht nur eine Ahnung, sondern ich wittere die Sensation geradezu. Fehlt nur noch die Überschrift und Text für vier Spalten.«
Ich sah Tim erneut an. Er lächelte ungerührt.
»Das mit den Filmrollen da im Wandtresor ist komisch. Man schließt sie weg, weil man daran etwas sehen kann, nehme ich an. Aber was? Und trotzdem wollte Larosse eine davon vorzeigen. Vielleicht würde es uns überhaupt nichts nützen, die Dinger in den Händen zu haben.«
Ich merkte, daß Tim Feuer gefangen hatte und genau auf dem richtigen Weg war. Als wir uns trennten, hatte ich das Gefühl, auf den einzig geeigneten Knopf gedrückt zu haben.
***
Am Mittwochmorgen um halb elf war angeblich die Beerdigung von Harry Reyss. Sie fand auf dem Friedhof in Queens statt, drüben auf der anderen Seite des East River.
Phil, Steve Dillaggio, Sammy Dobster, Saul Ritter, Bloyd Evans und ich waren unabhängig voneinander gekommen und
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