0458 - Eine Frau regiert die Unterwelt
sie aber im gleichen Moment wieder verwarf.
Lucia Clements saß in einer doppelten Falle. Sie wusste genau, dass ihr Haus bewacht wurde. Und sie wusste, dass das FBI nur auf ihren ersten Fehler wartete. Mein Besuch hatte sie davon überzeugt.
Trotzdem musste sie handeln. Sofort.
Sullivan war ein Waschlappen, auf ihn konnte sie nicht zählen. Da fiel ihr der Butler ein. James kannte sie seit ihrer frühesten Kindheit. Er würde bestimmt tun, was sie von ihm verlangte.
Sie klingelte. »Kommen Sie herein, James«, sagte sie, als sie sein Klopfen hörte.
Der Butler mit dem aristokratischen Aussehen eines englischen Lords blieb neben der Tür stehen.
»Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte sie und blicke ihn so traurig an, dass James sofort Mitleid mit ihr bekam.
»Sie brauchen nur zu befehlen.«
»James«, wiederholte sie, und ihre Stimme klang eindringlich und bittend. »Ich schwöre Ihnen, ich habe mit all dem nichts zu tun, was hier in den letzten Tagen geschah. Nicht wahr, das glauben Sie mir?«
»Ja.« Sein Gesicht war unbewegt.
»Und Sie wissen auch, dass das Haus überwacht wird?«
»Ich glaube, etwas Derartiges bemerkt zu haben«, antwortete er geschraubt.
»James, Sie müssen mich hier herausbringen, ohne dass jemand etwas davon merkt.«
»Gewiss, Madam, ich habe verstanden. Wenn Sie gestatten, werde ich einen Augenblick überlegen.« In seinem faltigen Gesicht zuckte kein Muskel. »Wenn Sie…wenn Sie laufen könnten, wäre es eine Kleinigkeit.«
Lucia kämpfte einen Augenblick mit sich. »Es wird gehen, James. Ich habe in den letzten Wochen schon ein paar Mal geübt. Meine Beine sind noch sehr schwach, aber, wie gesagt, es wird gehen.«
Für den Bruchteil einer Sekunde zuckte über das sonst so unbewegliche Gesicht des alten Dieners ein kaum merkliches Lächeln, in dem etwas Geringschätzung lag. Er war keineswegs überrascht.
»Das Haus wird nur von zwei Seiten bewacht«, sagte er. »Wenn Sie einen kleinen Fußmarsch aushalten, werde ich Sie an den westlichen Teil der Mauer bringen.«
»Und dann?«
»Bis zum Ort sind es keine vierhundert Yards. Ich habe neben der Kirche eine Garage gemietet. Niemand wird Sie um diese Zeit sehen. Hier sind die Schlüssel für die Garage und den Wagen.« Er überreichte sie ihr mit starrem Gesicht.
Lucia nahm sie und sagte: »Ich wusste nicht, dass sie ein Auto besitzen.«
»Nein, Miss, natürlich nicht. Sie wussten nie etwas über die Angestellten Ihres Hauses.«
Nachdem der Butler ihr Zimmer verlassen hatte, stand sie hastig auf und schloss einen Wandtresor auf, dem sie zwei dicke Dollarpakete entnahm. Sie verwahrte das Geld in ihrer Handtasche, in der sich auch eine kleine Pistole befand. Dann ging sie ins Ankleidezimmer, um sich umzuziehen.
***
Burks verließ die Telefonzelle und stieg zu Fu-Yen in den Wagen.
»Du kannst zurückfahren«, sagte er, und in seinem Ton lag Befriedigung.
»Dann kann ich das Geld also morgen holen, Mister Jay?«, fragte lauernd der Chinese.
»Du?« Burks lachte. »Ich brauche dabei zwar deine Hilfe, aber das Geld werde ich in Empfang nehmen, ich ganz allein.«
Der Chinese gab sich scheinbar mit dieser Antwort zufrieden. Er brachte seinen Eahrgast sicher nach Hause und fuhr den Wagen in die Garage, als er das Licht in Burks Zimmer aufleuchten sah.
Zwanzig Minuten später klopfte er an seine Tür. Wieder hatte Burks die Pistole in seiner Hand, aber er legte sie weg, als der Chinese mit einem Tablett eintrat.
»Wunderbare chinesische Spezialität«, lächelte Fu-Yen. Zu dem ausgesuchten Essen servierte er einen chinesischen Reiswein.
Burks probierte mit den Fingern die Speisen, in den verschiedenen Schalen. Zwischen jeder Kostprobe trank er einen Schluck von dem Wein.
Fu-Yen belauerte jede seiner Bewegungen. Er bemerkte viel früher als Burks selbst, dass dessen Arme immer schwerer wurden.
»Sie müssen Wein nehmen«, forderte er ihn auf. »Dann ist alles noch viel besser.«
Wie unter einem hypnotischen Befehl kam Burks der Aufforderung nach.
Plötzlich fiel das Glas aus seiner schlaffen Hand, und er sank mit weit offenen Augen auf das Bett. Er wusste nicht, was auf einmal mit ihm los war. Jeder Ton drang überlaut an sein Ohr. Er konnte klar sehen und klar denken, nur sein Körper schien nicht mehr da zu sein.
»Was war in dem Wein?«, fragte er, aber sein Blick ging an dem Chinesen vorbei.
»Eine kleine Medizin, eine sehr gute Medizin, Mister Jay. Es ist ein wunderbares Rezept aus meiner Heimat. Sie haben keinerlei
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