0466 - Die Königin von Saba
vernichten.
»Ich kann dich auch erschlagen!« hörte sie das böse Flüstern der Layana. »Ich kann dich auch erschlagen…«
Da flog die Tür auf!
***
Trotz der dicken, schallschluckenden Wände hatte ich den Schrei gehört und Jennas Stimme erkannt. Sie befand sich in großer Gefahr, und ich mußte jede Sekunde, die mir blieb, ausnutzen.
Ich hatte die Tür so heftig aufgerissen, daß sie mir fast noch aus der Hand geschleudert worden wäre. Jedenfalls rutschte ich ab und stolperte in den Raum hinein.
Jenna lag am Boden. Wie eine gewaltige Keule schwebte das Kreuz über ihr. Es schien nur darauf zu warten, nach unten fallen zu können. Möglicherweise war ich im rechten Augenblick erschienen.
Ich überlegte kaum noch, sondern handelte rein gefühlsmäßig. Es mußte einen Schutz vor dem Henkelkreuz geben, und das war mein eigenes, das ich aktivieren konnte.
»Terra pestem teneto - Salus hic maneto!«
Glatt und sicher wie immer kam mir die Formel über die Lippen. Diese Worte aktivierten das Kreuz, sie gaben ihm die entsprechende Kraft, und plötzlich war der Lagerraum tief im Bauch des Kreuzers von einem weißgelben Strahlen erfüllt, das mich ebenfalls wie eine gewaltige Sonne einhüllte.
Ich kam mir vor, als würde ich schweben. Etwas packte mich, ich hörte einen wilden Schrei und dachte voller Schrecken an Lilith, die schließlich hinter Layana stand und der es gelungen war, die magischen Zeichen in der Mitte von meinem Kreuz zu entfernen.
Konnte Layana vernichtet werden?
Ein irrer, wütender Schrei klang auf. Gleichzeitig schoben sich die goldenen Umrisse des Henkelkreuzes in die strahlende Helligkeit hinein, als wollten sie diese zerstören.
Wer war stärker?
»John, John…«
Die Stimme drang wie durch eine Mauer aus Watte an meine Ohren, und Jenna hatte zu mir gesprochen. Ich hielt die Augen zur Hälfte geschlossen, spürte ihren Körper, der sich an den meinen drückte, und hörte auch das schluchzende Geräusch.
Sie weinte…
Ich aber stand starr da, vernahm ein Brausen im Kopf und lauschte vergeblich nach Stimmen. Unbeweglich blieb ich stehen, und erst als Jenna etwas anderes sagte, horchte ich auf.
»Es ist weg, John! Es ist weg!«
Es war tatsächlich verschwunden. Jenna Jensen hatte mich nicht belogen.
Ich nickte nur.
Jenna war das zu wenig. Sie schüttelte mich durch. »John, es ist nicht mehr da.«
»Ja, ich weiß.« Mit einer müden Handbewegung strich ich über meine Stirn.
»Und wir haben gewonnen.«
Das letzte Wort hatte sie laut gerufen, damit ich es auch nur nicht überhörte. Hatten wir tatsächlich gewonnen? Mein Lächeln fiel karg aus, und es verschwand sogar, als Jenna sagte: »Wir haben es besiegt.«
Ich schob sie sanft von mir. »Vielleicht, Jenna, vielleicht auch nicht. Sieger zu sein ist etwas anders. Ich glaube nur, daß Layana einen taktischen Rückzug angetreten hat.«
»Wieso sollte sie?«
Ich hob die Schultern. »Tut mir leid, Mädchen, aber das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Ich kann leider nicht in jeden Dämon hineinschauen.«
»Ihr Kreuz hat Macht, es ist stark…«
»Aber es hat Grenzen, und die wurden mir von der Hölle deutlich genug aufgezeigt.«
»Tatsächlich?«
»Ja, und ich werde auch nicht auf irgendwelche Einzelheiten eingehen, Jenna. Nehmen Sie es als gegeben hin, daß wir weitermachen müssen. Die Gefahr ist nicht vorbei. Sie hat sich nur verlagert, und sie wird an anderer Stelle zuschlagen.«
»Auf dem Schiff?«
»Sicher, Jenna. Ich habe noch nie zuvor gehört, daß irgendein Dämon das aufgibt, was er sich einmal geholt hat. Klar?«
»Ja, natürlich.«
»Kommen Sie, wir müssen hier raus. Der Bauch des Kreuzers ist ein denkbar ungünstiger Aufenthaltsort.«
»Wo wollen Sie denn hin?«
»Dämonen sind Wesen, die, wenn sie angreifen, sich immer wieder Schwachstellen aussuchen. Und wo befindet sich wohl eine Schwachstelle auf diesem Schiff?«
»Das weiß ich nicht.«
»Dort, wo zahlreiche Menschen versammelt sind und auch der Nerv des Schiffes sitzt. Auf der Brücke!«
Jenna schaute mich starr an. Dann nickte sie, und sie bewegte dabei sehr langsam den Kopf. »Ja, das kann sein, John. Die Brücke«, fügte sie flüsternd hinzu. »Mein Gott, wir müssen hoch…«
Ich deutete auf die Lifttür. »Da ist der Weg!«
Vielleicht war es Zufall, möglicherweise Schicksal, jedenfalls schaute ich noch zu Boden und sah auch die vier Löcher in der Lifttür.
Mein Magen zog sich zusammen. Die Schlangen waren ebenso schlau
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