0466 - Straße der toten Männer
hin. Mädchen wie Maureen waren für ein paar Dollarscheine immer zum Verzeihen bereit, auch wenn man sie vor atht Monaten sitzengelassen hatte.
Wastling lächelte immer noch, als er sich anschickte, das dunkle Treppenhaus — das Licht hatte er nicht eingeschaltet — weiter zu erklimmen.
Und dann erstarb sein Lächeln.
Oben öffnete sich eine Tür. Ein heller Lichtstreif fiel in das dunkle Treppenhaus.
Eine Männerstimme sagte ein paar Worte, und eine Mädchenstimme antwortete.
Wastling hörte sofort, daß es Maureen war.
Eine irrsinnige Wut stieg in ihm hoch, und sie steigerte sich noch, als unvermittelt die Treppenhausbeleuchtung aufflammte.
Zur Flucht war es für Wastling zu spät.
So verhielt er sich regungslos und schaute nur durch den schmalen Schlitz des Treppengeländers nach oben. Er sah ein paar dunkle Hosenbeine und den dunkelgrauen Stoff eines offenen Mantels. Er sah auch das Mädchen Maureen.
Der Mann bei Maureen begann mit schweren Schritten die Treppe herabzukommen, während Maureen stehenblieb.
»Du kannst zu jeder Zeit kommen«, sagte sie zu dem Mann.
»Das werde ich auch«, lachte er, »so wie du…«
»Pssst…« sagte sie.
Die Schritte kamen näher, und Wastling sah durch den schmalen Schlitz des Treppengeländers, daß der Fremde noch immer auf das Mädchen schaute.
Bruno Wastling drückte sich eng an das Geländer, um den Blicken des anderen solange wie möglich verborgen bleiben zu können. Jeder Muskel seines Körpers spannte sich, und noch bevor er an etwas anderes dachte, wußte er, daß er in dieser Nacht weiter müde bleiben mußte.
Der Mann kam näher und näher. Noch immer blickte er nach oben.
Einmal noch blieb er stehen.
»Du erkältest dich!« rief er halblaut dem Mädchen zu.
»Für dich gern!« antwortete sie.
Der Mann machte noch einen Schritt. Dann gelangte er in die Reichweite Bruno Wastlings. Unvermittelt traf ihn der Unterarm Wastlings in die Magengrube. Vor Schmerz streckte sich sein Körper, aber seine Hand fuhr dennoch hoch bis zur Manteltasche. Sie kam um Sekundenbruchteile zu spät, denn schon schoß Wastlings andere Hand durch die Luft.
Wieder traf der gefährliche Schlag.
Polternd brach der Getroffene zusammen, sein Schädel schlug schwer auf eine Treppenstufe.
»Was ist denn?« fragte Maureen erstaunt und legte ihren Oberkörper über das Treppengeländer. Sie sah eine Gestalt, die in wilder Flucht die Treppen hinunterraste.
Sie begriff nicht sofort, daß sich zwei Männer im Treppenhaus befunden hatten. Erst langsam kam ihr das zu Bewußtsein.
Bruno Wastling riß gerade die Haustür auf, als oben der schrille Schrei des Mädchens die schlafenden Menschen aufschreckte.
***
»Hallo«, sagte ich erstaunt, als Phil kurz nach drei Uhr morgens in unser Office gestürzt kam. Ich saß an meinem Schreibtisch, rührte in einer brühheißen Tasse Kaffee und wartete ungeduldig auf einen Anruf. Morrisson mußte sich aus Deutschland melden.
»Hast du noch eine Tasse für mich?« fragte Phil.
Erst jetzt sah ich, daß Phil einiges hinter sich haben mußte.
»Nimm meine. Was ist los?«
Mit wenigen Worten schilderte mir Phil seine Erlebnisse.
»Stell dir vor«, beendete Phil seinen Bericht, »dreißig Schritte vor mir liegt der Mann in stockdunkler Nacht auf einem Friedhof, dessen Anlagen sich meilenweit erstrecken. Ich schieße ins Dunkel, um mir Luft zu schaffen — und ein Querschläger löscht den einzigen Zeugen aus, der uns im Fall Ernie Brooks weiterhelfen könnte…«
»Wir haben heute einen fatalen Tag erwischt, Phil«, tröstete ich ihn und erzählte ihm mein Mißgeschick.
Er trank hastig den Kaffee.
»Seine Prints habe ich mitgebracht und eben zum Erkennungsdienst gegeben. Viel…« Phil kam nicht dazu, seinen Satz zu vollenden. Die Telefonklingel schrillte dazwischen.
»Decker…« meldete er sich. Dann ließ er die Hand auf die Schreibtischplatte fallen.
»Also, dann den üblichen Weg!« sagte er ins Telefon.
»Was ist, Phil?«
»Beinahe hätte ich es mir denken können: Die Abdrücke sind bei uns nicht registriert. Der Mann ist also in New York unbekannt oder noch nicht aufgefallen.«
»Das will doch noch nichts heißen. Die Zentrale in Washington ist ja auch noch da.«
»Nein, Jerry, daran glaube ich nicht. Ich warte zwar auf das Ergebnis, aber ich glaube nicht an einen Erfolg.«
»Wieso?« fragte ich.
»Der Mann wußte an mehreren Stellen in Brooklyn sehr genau Bescheid. Glaubst du, daß das ein Fremder sein könnte?«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher