0469 - Bumerang mit langen Wimpern
glaubst, daß Rogers eine Gangsterclique charterte, die den Auftrag erhielt, das Mädchen zu entführen und bis auf weiteres festzuhalten.«
»Genau. Offenbar bekam er von Dotty den Tip, sich an Westmore oder Fordham heranzumachen.«
»Er wäre ein Narr gewesen, wenn er das Mädchen eingeweiht hätte!«
»Ich spreche nur Vermutungen aus. Vielleicht hat ihm Dotty den Hinweis ganz ungewollt gegeben. Jedenfalls klären sich damit einige Zusammenhänge auf, die wir vorher nicht unter einen Hut bringen konnten. Aber noch sind es bloß Hypothesen, nichts weiter.«
»Ich fange an, daran zu glauben.«
»Gehen wir an die Arbeit«, sagte ich. »Wir sind es unserem Job und Mr. High schuldig, der Verwirrung die Lösung folgen zu lassen!«
***
»Sie müssen sich einen Moment gedulden, Sir«, meinte der Butler und schob mir einen Sessel zurecht. »Mr. Rogers hat einen Besucher im Arbeitszimmer.«
Ich setzte mich. »Sie sehen blaß aus«, stellte ich fest.
Der Butler nickte griesgrämig. »Wenn ich ganz offen sein darf, muß ich zugeben, daß mir die Geschehnisse tief unter die Haut gedrungen sind. Es klingt banal, aber Miß Janet war wirklich der Sonnenschein des Hauses. Seitdem sie entführt wurde, finde ich kaum noch Schlaf. Mich plagen die verrücktesten Träume und Vorstellungen.«
»Zum Beispiel?«
»In der vergangenen Nacht schreckte ich aus dem Halbschlaf, weil ich meinte, Schüsse gehört zu haben! Ich war in Schweiß gebadet… die übliche Reaktion nach einem Alptraum.«
»Sind Sie nicht auf gestanden?«
»Wegen eines Traumes? Wegen einer Halluzination?« fragte er verblüfft.
»Es hätte doch etwas passiert sein können!«
»Ich lag lange Zeit wach… aber dann hörte ich Mr. Rogers schlafen gehen, und da war ich beruhigt.«
»Wann war das?«
»Ich habe nicht auf die Uhr geblickt, Sir.«
»Wie viele Schüsse waren es denn?« Er starrte mich an. »Gar keine! Ich sagte doch, daß ich geträumt habe!«
Die Tür öffnete sich. Rogers führte einen Besucher durch die Diele zur Tür. Er winkte mir kurz zu und rief: »Ich stehe Ihnen sofort zur Verfügung!«
Der Butler zog sich zurück. Rogers verabschiedete den Besucher und führte mich in sein Arbeitszimmer. Rogers schien in sehr aufgeräumter Stimmung zu sein. »Das ist schon der dritte Journalist, der mich zu sprechen wünschte, es war kein Geringerer als Al Burton von der ,Tribüne!«
»Der dritte heute morgen, meinen Sie?«
»Gewiß«, sagte er. »Gestern waren es mindestens ein Dutzend. Wollen Sie sich nicht setzen?«
»Danke«, sagte ich. »Ich verschaffe mir lieber ein wenig Bewegung.« Ich fing an, im Zimmer auf und ab zu geilen. Hier und dort blieb ich stehen, um ein Bild zu betrachten. Rogers nahm am Schreibtisch Platz. Er folgte mir mit wachen Augen. »Haben Sie etwas erfahren?«
Ich wandte mich um. »Wegen Janet?«
»Andere Nachrichten interessieren mich im Moment nicht«, sagte er.
»Wann sind Sie gestern nach Hause gekommen?«
»Warum fragen Sie?«
»Ich möchte hören, ob alles glatt gegangen ist.«
»Mit Dotty? Aber ja. Der Anruf ist wohl nicht ganz ernst zu nehmen.«
»Haben Sie heute schon mit ihr gesprochen?«
»Ich bin noch nicht dazu gekommen. Ich sehe keinen Grund, weshalb sie sich fürchten sollte.«
»Besitzen Sie eine Pistole, Mr. Rogers?«
»Ja«, sagte er. »Eine Bernadelli, mit Waffenschein. Warum?«
»Darf ich die Pistole einmal sehen?« Er nickte und stand auf. Er ging hinaus. Drei Minuten später kam er mit der Waffe zurück. Ich schnupperte an dem Lauf. Die Waffe war seit langem nicht benutzt worden. »Danke«, sagte ich und gab ihm die Pistole zurück.
»Sie ist nicht mal geladen«, meinte er und legte sie auf den Schreibtisch.
»Können Sie mir erklären, wie die Kugel in den Bilderrahmen gedrungen ist?« fragte ich.
Er starrte mich an. »Von welcher Kugel sprechen Sie?«
Ich wies auf den Rahmen, der einen englischen Stich umgab. »Hier. Es ist sehr weiches Holz, und das Bild ist nicht verglast. Normalerweise hätte der Rahmen oder das Glas zu Bruch gehen müssen.«
Er stand auf und besah sich den Schaden. »Phantastisch!« murmelte er. »Ich habe keine Erklärung dafür.«
»Aber ich.«
»Wirklich?«
»Hier sind in der letzten Nacht ein paar Schüsse gefallen«, sagte ich ruhig.
»Wann?«
»Das wissen Sie besser als ich.«
Sein Adamsapfel glitt zweimal auf und nieder. Rogers gute Laune war verflogen. Er sah nervös und gereizt aus. »Ich finde, Sie gehen ein, wenig zu weit«, sagte er
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