0471 - Im Wartesaal des Todes
zu verlieren.
Durchdringend sah ich Leila Reynolds an. »An Ihrem Taschentuch befinden sich Spuren von Schießpulver. Ich will Ihnen auch sagen, wie sie dahingekommen sind.«
Leila Reynolds verzog spöttisch ihr Gesicht. Harry Easton flüsterte: »Nun sei doch ruhig. Blamier uns nicht. Du bist auf dem Holzweg.«
»Das Schießpulver kam deswegen an das Taschentuch, weil Sie, Leila Reynolds, die Pistole damit umklammerten, auf den Türrahmen über dem Badezimmer feuerten, sich von Nora Cummings die Waffe entreißen ließen und Nora so schoben, daß sie genau zur Tür blickte. Es war nicht mehr als natürlich, daß Nora Cummings die Pistole hob, als die Polizisten ins Zimmer stürmten.«
»Sie wollte auf uns schießen, ihr Finger drückte schon den Abzug durch«, warf Sergeant Ed Schulze ein.
»Stimmt, Ed«, sagte ich zu meinem Kollegen von der Stadtpolizei. Ich wußte, daß Schulze ein fähiger Beamter war, der mit ganzer Liebe an seinem Beruf, seiner Aufgabe hing. Ich wußte uuch, daß ihn meine nächsten Worte mehr als alles andere in der Welt treffen würden. Aber ich konnte es nicht lindern. Ich hatte die Pflicht, einer ausgekochten Verbrecherin das Handwerk zu legen.
»Sie wollte schießen. Aber sie konnte ja gar nicht. Es waren ja nur zwei Kugeln im Magazin. Die staken im Rahmen über der Badezimmertür.«
»Warum soll Nora Cummings nicht dorthin geschossen haben?« fragte Harry Easton.
Ich schüttelte den Kopf. »Nora hatte keine Ahnung, daß jemand im Badezimmer wartete. Nur Leila Reynolds wußte es. Und die schoß, weil sie euch zum Sturm ins Zimmer veranlassen wollte. Ihr wart im Grunde genommen sogar ihr Werkzeug!«
Ich wandte mich an Leila Reynolds. Mit leichenblassem Gesicht hatte sie meine Worte gehört. Die ganze Zuversicht war mit einem Male von ihr abgefallen.
»Leila Reynolds«, sagte ich mit ruhiger Stimme, »kraft meiner Eigenschaft als Beamter des FBI-Distrikts New York nehme ich Sie unter dem dringenden Tatverdacht des vorsätzlichen und heimtückischen Mordes an Nora Cummings fest. Pflichtgemäß mache ich Sie darauf aufmerksam, daß sämtliche Aussagen, die Sie jetzt noch von sich geben, bei einer späteren Anklage gegen Sie…«
Weiter kam ich nicht. Mit einem Wutschrei stürzte sich Leila Reynolds auf mich. Sie wußte, daß ihr Spiel aus war. Ich habe selten so einen kalten Haß bei einem Menschen gesehen, wie er in den Augen dieser Frau stand.
Ihre langen, kralligen Fingernägel spreizten sich. Sie versuchte mir in die Augen zu stechen. Ich steppte einen Schritt zurück. In diesem Augenblick streckte Harry Easton seinen linken Fuß vor. Leila Reynolds taumelte und stürzte zu Boden.
Als sie auf dem Teppich lag, weinte sie vor Wut. Mit ihrer Faust schlug sie immer wieder auf den Boden.
»Genug«, knurrte Harry Easton, dem die Abscheu gegenüber dieser Frau vom Gesicht abzulesen war, und riß sie hoch. Er brachte sie'zu dem Sessel zurück, in dem sie die ganze Zeit gesessen hatte, und legte ihr Handschellen an.
Leila Reynolds funkelte mich an. »Gut, erheben Sie Ihre Anklage, Cotton. Ich werde mir einen guten Rechtsanwalt leisten können. Ich bin nicht davon überzeugt, daß man mir wirklich etwas beweisen kann!«
In diesem Augenblick rasselte das Telefon. Ich hob den Hörer auf und sprach kurz. Als ich mich wieder zu den anderen umwandte, war ich meiner Sache vollkommen sicher.
»Wir werden Ihnen alles beweisen können, Miß Reynolds«, sagte ich ruhig. »Wir haben die Aussage von Mickey Derridge und die Aussage Ihres Vaters. Beides belastet Sie sehr.«
»Derridge weiß gar nichts!« keuchte Leila Reynolds.
»Irrtum«, bluffte ich. »Derridge wußte von Nora Cummings, wer der wirkliche Boß war. Ihre Komplicin hatte sich dagegen abgesichert, von Ihnen über das Ohr gehauen zu werden.«
»Diese Ziege«, knurrte Leila Reynolds. Dann funkelte es jedoch wieder triumphierend in ihren Augen auf.
»Natürlich, Sie haben jetzt Ihre Anklage schön perfekt. Aber Sie haben das Geld nicht. Von mir werden Sie niemals erfahren, wo es ist. Niemals!«
»Audi da irren Sie sich, Miß Reynolds. Sie haben auf der ganzen Linie verspielt. Zur Zeit sind mein Kollege Phil Decker und zwei Beamte der Stadtpolizei damit beschäftigt, neunzig Prozent aller geraubten Lohngelder aus einem Schließfach des Central-Bahnhofs zurück zu den Banken zu transportieren. Die restlichen zehn Prozent liegen dort in dem Koffer.«
Fassungslos starrte mich die Mörderin an. Ich ging langsam auf sie zu: »Soll ich
Weitere Kostenlose Bücher