0472 - Monsterrache
vergangen, die Wirtschaft war dabei, sich zu regenerieren, die Menschen brauchten Dinge, um ihr Land aufzubauen. Ich transportierte Waren von einem Land zum anderen. Ich mußte eine Mannschaft anheuern und konnte sie auch immer bezahlen. Es sprach sich herum, daß ich immer Leute suchte, daran war kein Mangel in den folgenden Jahren. Aber die Zeiten änderten, sich. Tiefs kamen, Wirtschaftskrisen erschütterten auch meinen kleinen Fährbetrieb. Ich schlug mich manchmal mehr schlecht als recht durchs Leben, aber ich wich nie vom rechten Pfad ab. Bis zu dem Zeitpunkt, als es nicht mehr anders ging. Da nahm ich in Marseille eine Fracht an Bord, die zu den Verbotenen gehört.«
»Rauschgift?« fragte ich.
»So ist es.«
»Wer sprach Sie an?«
»Irgendein schmieriger Unterweltler, dessen Namen ich nicht einmal kenne. Der Lohn war gut, mein Gewissen aber nicht, denn ich erinnerte mich an das Versprechen, das ich einmal gegeben hatte. Und mit Übernahme der Fracht hatte ich etwas Unrechtes getan. Es erwischte mich im Kanal. Zuerst ging noch alles glatt, bis wir in einen Orkan gerieten, dem unser Schiff nicht mehr trotzen konnte. Es sank. Meine Mannschaft und ich konnten uns retten, aber ich wußte, daß ich etwas Schreckliches getan hatte. Ich wurde meines Lebens nicht mehr froh und verkroch mich in dieses Heim.«
»Ist das Rauschgift noch an Bord?« fragte ich.
»Ja.«
»Dann ist alles klar«, meldete sich Suko. »Wahrscheinlich hat Costello mit einem Händler in Marseille zusammengearbeitet. Cole Wilson sollte das Zeug nach London schaffen, das Schiff sank, jetzt will Costello das Zeug haben und kennt natürlich dieses Versprechen und diesen Fluch nicht. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.«
Ich stimmte meinem Partner zu.
»Fragt sich nur«, sagte Suko, »was da genau freigeworden ist. War es die Mumie?«
»Bestimmt.«
»Und sie mordet?«
Cole Wilson hob die Schultern. »Ja, sie wird sich schrecklich rächen. So steht es auch in der Legende, und so habe ich es noch in Erinnerung, wie mir der alte Mac berichtete.«
»Wer stünde auf ihrer Liste?« fragte ich.
»Alle!« flüsterte Wilson. »Alle, die damit zu tun haben. Auch ich.«
»Sie leben.«
»Noch, Mr. Sinclair.«
»Ich nehme an, daß Sie auch noch weiterleben werden, wenn Sie nicht gerade dort tauchen, wo Ihr Schiff gesunken ist. Dort nämlich hat es einen Taucher erwischt. Er wurde umgebracht, und zwar auf sehr schreckliche Art und Weise. Wir gehen davon aus, daß es sich bei dem Taucher um einen Mann dieses Logan Costello handelt.«
»Der kann ja auf das Rauschgift nicht verzichten«, flüsterte Cole Wilson.
»Das stimmt.«
Der Kapitän schaute uns müde an. »Die beiden Männer hätten mich vierteilen können. Ich hätte ihnen nichts sagen können. Für den Rest meines Lebens werde ich büßen müssen. Ich habe Schuld auf- mich geladen und kann nur auf meinen Tod warten.«
Lachend winkte ich ab. »So eng, Mr. Wilson sollten Sie das nicht sehen.«
»Es stimmt aber.«
Der Mann schaute uns mit einem Blick an, in dem Wissen lag. Er drehte auch den Kopf. »Ich weiß nicht so recht«, sagte er. »Bisher traf alles ein, was man mir prophezeit hatte. Der alte Mac warnte mich auch vor den Folgen, die für mich tödlich sein werden. Ich rechne damit, daß ich sterben werde. Mich trifft die Rache des alten Schamanen.«
»Dann müßte er herkommen«, sagte Suko.
»Ihm ist nichts unmöglich.«
Ich hatte eine Idee. »Sollen wir Ihnen Schutzhaft gewähren, Mr. Wilson?«
Der alte Seebär schaute mich fast traurig an. »Nein, meine Herren, ich brauche keine Schutzhaft mehr. Ich kann nur noch hoffen, daß man meiner Seele gnädig sein wird. Und ich sage Ihnen, die nächste Nacht werde ich nicht mehr erleben. Mein Mörder ist bereits unterwegs, das können Sie mir glauben.«
»So schlimm wird es schon nicht sein.«
Er streckte uns seinen rechten Arm entgegen. »Warten Sie es ab. Ich lüge nicht.«
Da er so überzeugend geredet hatte, sprach ich das Thema der Schutzhaft nicht mehr an. Suko nickte mir zu. Ein Zeichen, daß er den Besuch für beendet hielt.
Ich erhob mich. »Sollte uns noch etwas zu diesem Komplex einfallen, Mr. Wilson, werden wir uns an Sie wenden.«
»Wollen Sie dann mit einem Toten sprechen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Mr. Wilson, reden Sie sich doch nicht selbst ins Grab.«
»Er ist schon da!« sagte er.
»Wer?«
»Der Tod!« Wilson hatte das Wort geflüstert, und seine Augen weiteten sich dabei.
»Wie kommen Sie
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