0474 - Der Hexenstein
wegschicken willst?«
»So ungefähr. Ich werde mich allein auf die Suche machen, falls Thomas wieder aufgetaucht sein sollte.«
»Aber ich…«
»Glenda, du bist gekommen, um hier Urlaub zu machen. Das solltest du nicht vergessen.«
»Ja, ja, immer ich.«
Ich streckte meinen Arm aus und deutete über den leeren Beifahrersitz. »Da vorn beginnt bereits Kandersteg.«
»Das habe ich schon gesehen.«
»Wie ist deine Meinung?«
Glenda lächelte. »Ich glaube schon, daß mir der Ort gefallen könnte. Hier ist nicht soviel Rummel wie woanders.«
»Ja, das hält sich in Grenzen.« Ich drehte mich zum Fenster. »Im Sommer herrscht hier weniger Betrieb. Da gibt es Tage, wo der Ort ausgestorben ist.«
»Ist dann keiner mehr…«
»Nein, so meine ich das nicht. Die Leute sind dann auf den Bergen. Viele nehmen Kandersteg als Ausgangspunkt für ihre Touren. Dann wirkt der Ort verträumt und schön.«
Im Winter sah es wirklich anders aus. An den Straßenseiten türmten sich Schneewälle. Man hatte die weiße Pracht nicht vollständig von der Fahrbahn geräumt. Der Wagen rollte über eine glatte, nicht sehr dicke Schneeschicht.
Ich erklärte Glenda einiges, was ich über Kandersteg wußte. Wir rollten an den ersten Hotels und Pensionen vorbei. Auch an kleinen Chalets, die an Touristen vermietet wurden. Manchmal enthielten sie auch drei oder vier Ferienwohnungen.
»Wo liegt das Hotel?« fragte Glenda.
»An der Hauptstraße, linke Seite.«
Den Fahrer kannte ich nicht. Er mußte neu sein. Es lag schon zwei Jahre zurück, daß ich in Kandersteg mein Unwesen getrieben hatte. Erinnerungen wurden wieder wach. Ich dachte an die schrecklichen Szenen im Hotel, das damals von drei lebenden Leichen überfallen worden war. Sie waren durch die großen Glasfronten an der Rückseite gekommen und hatten die Gäste beim Dinner überfallen.
Nun, es war relativ glimpflich abgelaufen. Sollten sich aber die Angaben des Zeugen bewahrheiten und Thomas, der Anführer, wieder unterwegs sein, sah es abermals böse aus.
Wir fuhren die letzten Meter. Ich sah bereits das im Landhausstil gebaute Hotel. Es lag, wie alle anderen Häuser auch, verschneit hinter einem künstlich angelegten, zugefrorenen Teich.
Auch die Zufahrt zum Hotel war geräumt worden. Die Schneehaufen lagen so weit entfernt, daß jeder Gast bequem aussteigen konnte. Direkt vor dem Eingang hielt der Wagen an.
Der Fahrer stieg aus und öffnete Glenda die Tür. Ich verließ den blauen Mercedes ebenfalls so rasch wie sie, stemmte die Arme in die Hüften und schaute mich um, während ich gleichzeitig die klare, kalte Winterluft einatmete.
Sie war so herrlich rein. Noch besser als im Sommer. Ein blauer Himmel lag wie eine unendliche Decke über den schneebedeckten Graten und Gipfeln. Die Gletscher grüßten uns mit ihren blanken Zungen aus bläulich schimmerndem Eis.
Auf den Gehsteigen sah ich dick vermummte Spaziergänger. Auch ich hatte den Kragen meiner Jacke hochgestellt. In der Tasche steckte eine mit Fell gefütterte Wollmütze.
Glenda trug ebenfalls dicke Winterkleidung. Eine Thermohose und eine gefütterte Steppjacke. Nur so konnte man die Temperaturen aushalten. Unser Fahrer hatte die Haube des Kofferraums hochgeklappt und begann damit, das Gepäck auszuladen. Ich wollte ihm dabei zur Hand gehen, er wehrte aber ab, zudem drückte jemand die Glastür des Hoteleingangs von innen her auf, blieb auf dem kleinen Steinpodest stehen und breitete die Arme aus.
»Mr. Sinclair, ich heiße Ihre Partnerin und Sie herzlich willkommen.«
Ich drehte mich um und lachte.
Auch der Mann strahlte. Natürlich kannten wir uns. Es war Herr Contini, die gute Seele des Hauses, die hier zur Begrüßung vor die Tür getreten war.
Ich freute mich über die Herzlichkeit, mit der ich willkommen geheißen worden war. Auch Glenda wurde begrüßt, als wäre sie längst ein Stammgast hier.
Wir hatten zwei Einzelzimmer bestellt und auch bekommen. »Treten Sie ein, um das Gepäck wird man sich kümmern«, sagte Herr Contini und führte uns in die warme Halle.
Schon jetzt brannte der Kamin. E befand sich in der Bar, doch der Widerschein der Flammen huschte auch über den Teppichboden in der Rezeption.
»Sie haben etwas verändert!« stellte ich fest.
»Wieso?«
»Neue Möbel in der Lobby.«
»Das ist richtig, Mr. Sinclair. Es mußte sein.« Contini hob die Schultern. »Sie kennen ja den Besitzer. Wenn er nicht umbauen oder neu einrichten kann, ist er nicht glücklich.«
»Das kann ich mir
Weitere Kostenlose Bücher