0478 - Wir jagten Mr. Unbekannt
wissen. Aber einer kam mal für ’nen Augenblick ins Scheinwerferlicht.«
»Sie haben sein Gesicht gesehen?«
»Nicht direkt! Es war dunkel!«
»Ja ja, das sagten Sie schon. Aber Sie müssen doch irgend etwas erkannt haben!«
»Die Nase.«
»Was war mit der Nase?«
»Krumm, als ob mal jemand darauf herumgetrommelt hätte. Aber keine Boxernase, viel schmaler, und trotzdem krumm.«
Die Beschreibung war gar nicht so schlecht. Er verstand nur nicht, sich auszudrücken. Ich versuchte mir das Gesicht von Sergeant Wheel vorzustellen. Ja, seine Nase paßte irgendwie nicht zu seinem Gesicht. Sie fiel auf, weil sie krumm war.
Ich öffnete die Tür. »Zeigen Sie mir die Stelle, wo die beiden Männer gestanden haben.«
Wir gingen wieder zurück.
Der Sergeant steuerte eine Baumgruppe an, die kaum sechs Schritte neben der Straße lag.
»Hier habe ich gestanden. Und hier«, er ging ein paar Schritte auf die Seite, »die beiden anderen. Das ist der Baum, an den sich der Bursche mit der krummen Nase angelehnt hatte.«
»Sind Sie sicher?«
»Absolut.«
Ich knipste die Taschenlampe an, beugte mich über den weichen Waldboden und suchte die Fläche ab. Ich weiß nicht, was ich hier zu finden hoffte, ein Streichholz, einen Zigarettenstummel, ein Stück Parier? Jedenfalls daehte ich an nichts Bestimmtes.
Ich nahm es deshalb als selbstverständlich hin, als ich doch etwas fand, das ohne Zweifel einem der beiden Männer aus der Tasche gefallen war: die Geschäftskarte einer Charterreederei.
***
KEEFER & ALBURY, REEDEREI stand auf einem verwaschenen Schild über der breiten Einfahrt. Das Haus machte einen wenig vertrauenerweckenden Eindruck. Der Putz bröckelte ab, und im Mauerwerk waren breite Risse. Allzu gut konnten die Geschäfte der Reederei nicht gehen.
Ich ging über den Hof, in dem es nach Öl, Petroleum und Fisch roch. Er sah aus wie ein Schuttabladeplatz.
' Ich wollte mich gerade nach dem Eingang zum Büro umsehen, als plötzlich ein Mann hinter mir auftauchte. Er mußte hinter dem Gerümpel hervorge-' kommen sein. Ich hatte ihn nicht bemerkt.
»Suchen Sie was?« fragte er mit einer Stimme, die aus einem alten Blecheimer zu kommen schien. Er war mittelgroß, dürr, und seine Haut wirkte wie gegerbtes Leder.
»Das Büro«, antwortete ich ruhig.
»Keiner da, wenn Sie was wollen, sagen Sie’s mir. Haben Sie ’ne Fracht zu vergeben? Mittelamerika, he?« Er blickte mich lauernd an. »Wer hat Sie denn hergeschickt?«
Ich wagte es. »Winslaw, wir arbeiten manchmal zusammen.«
»So, Winslaw, hm, kommen Sie mal mit!«
Als er vor mir herging, sah ich, daß er das rechte Bein nachzog. Er öffnete eine schmale Tür, die in gutgeölten Angeln hing, durchquerte einen dunklen Raum, der mit Kisten und Säcken vollgestopft war, und stapfte endlich eine wackelige Treppe hoch.
In einem bestimmten Rhythmus klopfte er gegen die Wand, die gleich darauf wie eine Schiebetür auseinanderfuhr.
»Hier ist einer, der Sie sprechen will, Boß. Er kommt von Winslaw!«
Ich sah mich einem Mann gegenüber, der das genaue Gegenteil von dem war, was ich bisher von der Firma Keefer & Albury zu sehen bekommen hatte. Er war elegant, gutaussehend und mit perfekten Manieren.
»Nehmen Sie bitte Platz, Mister…«
»Terry«, sagte ich aufs Geratewohl.
»… Terry. Womit kann ich Ihnen dienen? Sie müssen entschuldigen, aber das ist hier ein sehr altes Grundstück. Ich habe es von meinem Vater übernommen. Aber die Geschäfte«, er seufzte, »die Geschäfte lassen einen Umbau nicht zu.«
»Dafür ist Ihr Büro hochelegant«, schmeichelte ich. »Wirklich, in der Wallstreet findet man kein besseres.«
Mein Lob ging ihm wie öl herunter. »Darf ich Ihnen einen Drink anbieten?« Er zog eine fahrbare Minibar heran und öffnete das Kühlfach. »Whisky? Schottisch, kanadisch, irisch?«
»Einen kanadischen, bitte.«
Er goß zwei Gläser halbvoll und schob mir eines herüber. »Auf Ihr Wohl, Mr. Terry. Übrigens, mein Name ist Keefer, Charles William Keefer. Seit einem Jahr Alleininhaber der Reederei Keefer &Albury.«
»Meine Mission ist etwas schwierig«, eröffnete ich das entscheidende Gespräch. »Ich uche' einen vertrauenswürdigen Kapitän, dem ich eine wertvolle Ladung anvertrauen kann. Mr. Winslaw gab mir Ihre Adresse.«
»Mr. Winslaw, so«, antwortete er einsilbig.
Schnell fuhr ich fort: »Ja, wie er mir erzählte, übernehmen Sie ab und zu einen Auftrag für ihn.«
»Ab und zu, sehr richtig.«
»Und da dachte ich, vielleicht kommen
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