0482 - ... dann jagten wir ihn 30 Stunden
dass geschossen wurde. Der schwere Körper meines Gegners sank in sich zusammen, fiel auf mich und rutschte dann seitlich an mir ab.
Nun sah ich auch, woher die Schüsse kamen. In fast regelmäßigen Abständen blitzte im Laderaum des Lieferwagens das Mündungsfeuer auf. Jeder Schuss traf den Körper meines Gegners.
Plötzlich war Ruhe. Eine dunkle Gestalt wurde an der Laderaumtür sichtbar. Der Mann stand nicht aufrecht, sondern kam gekrochen.
»Komm Lester, komm hilf mir - ich habe dir auch geholfen. Dieser Bursche ist erledigt…«
Die Worte waren halblaut gelallt. Nun sank die Gestalt in der Laderaumtür noch weiter in sich zusammen. Schemenhaft nahm ich wahr, wie ihr die Schusswaffe aus der Hand glitt. Dann gab es einen leisen, dumpfen Schlag. Der Mann im Laderaum war wieder besinnungslos. Mühsam erhob ich mich.
Jeder Schritt fiel mir unendlich schwer. Aber schließlich gelangte ich zu dem Mann, der aus dem Laderaum geschossen hatte. Es war dieser Ernie.
Halb besinnungslos von meinen vorangegangenen Schlägen musste er den Kampf zwischen seinem Komplicen und mir beobachtet haben. In seinem Dämmerzustand hatte er uns nicht unterscheiden können und das ganze Magazin seiner Pistole auf seinen Kumpanen leer geschossen.
Ich tastete den Besinnungslosen schnell ab. Eine weitere Überraschung wollte ich mir ersparen. Aus seiner linken Manteltasche holte ich eine kleinkalibrige Damenpistole. Die Beretta, die ihm aus der Hand geglitten war, fasste ich mit meinem Taschentuch an und wickelte sie darin ein, um keine Spuren zu zerstören.
Ich ging zurück zu dem Mann, der mich hatte töten wollen. Er war schwer verletzt.
Gerade jetzt fuhr wieder ein Streifenwagen über dem East Broadway. Er fuhr ohne Sirene, aber mit Rotlicht. Es bestand nur wenig Hoffnung, aber ich versuchte es. Ich zog meine 38er aus der Schulterhalfter und feuerte einen Schuss in den Abendhimmel. Und noch einen.
Der Streifenwagen auf dem East Broadway fuhr mit unveränderter Geschwindigkeit weiter. Eine letzte Chance kam. Vier Mal hintereinander riss ich den Abzug durch.
In diesem Moment heulte die Sirene des Streifenwagens gellend auf. Ich sah, wie das Fahrzeug seine Geschwindigkeit verringerte, eine scharfe Kurve fuhr, und dann kamen die blendenden Scheinwerfer genau auf mich zu. Verzweifelt winkte ich. Schließlich wurde ich in gleißendes Scheinwerferlicht getaucht. Sekunden später hielt der Wagen unmittelbar vor mir. Die Türen wurden aufgerissen, und zwei baumlange Polizisten kamen mit gezogenen Pistolen auf mich zu.
»Was ist hier los?«, bellte ein hünenhafter Sergeant.
»FBI«, sagte ich. »Stecken Sie Ihre Waffen weg. Sorgen Sie dafür, dass schnellstens eine Ambulanz mit einem Arzt hierherkommt. Auf der Kante des Laderaumes liegt noch einer. Schauen Sie einmal nach, wie es mit dem aussieht.«
Mit wenigen Schritten war er dort. Er fasste Ernie, als bestände dieser aus leichtem Schaumstoff. Die schlaffe Gestalt lag auf den beiden Unterarmen des Polizisten.
»Wo soll ich ihn hinlegen, Sir?«, fragte der Sergenat mit dröhnender Stimme.
»Hat er äußere Verletzungen?«, fragte ich zurück.
»Nein, Sir. Keine äußeren Verletzungen!«, brüllte der Sergeant zurück.
Seine dröhnende Stimme, die mich an die Captain Hywoods erinnerte, musste imstande sein, auch Tote aufzuwecken. Bei Ernie jedenfalls wirkte sie.
»Er kommt zu sich, Sir!«, meldete der Sergeant dröhnend.
»Dann legen Sie ihn auf den Rücksitz Ihres Wagens, und fesseln Sie ihn. Der Mann ist ein mehrfacher Mörder.«
Der Sergeant stieß einen viel sagenden Pfiff aus. Er schleppte mühelos den immer noch halb besinnungslosen Verbrecher zum Streifenwagen. Bis zu mir konnte ich es hören, wie die Handschellen einrasteten.
»Sir, ich habe einen Ambulanzwagen erwischt, der zu einem Verkehrsunfall unterwegs war. Da hier höchste Lebensgefahr besteht, kommt dieser Wagen zu uns. Zu dem Unfall wird ein anderer geschickt«, meldete mir der zweite Policeman.
»Gut gemacht«, lobte ich.
Wie zur Bestätigung wurde in diesem Moment eine Sirene laut. Das Rotlicht blinkte, und ich erkannte das Rote Kreuz des Ambulanzwagens.
Geschickt fuhr der Fahrer bis unmittelbar neben den Verletzten. Als Erster stand ein Arzt neben mir.
Mit einem Blick erkannte er die Situation. Er griff nach seiner Bestecktasche.
Nun erst fühlte ich, wie sehr mir der vorangegangene Kampf zugesetzt hatte. Ich brauchte einige Atemzüge, um wieder einigermaßen in Form zu sein. Während ich zum
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