0484 - Stygias Todespendel
einen seltsamen Schmerz, gerade so, als fahre jemand mit einer glühenden Messerklinge über seinen Körper.
Die Reaktion blieb seinem Gesprächspartner nicht verborgen. Der schwarze Südafrikaner, von dem er soeben wertvolle Informationen erhalten hatte, beugte sich vor. »Was haben Sie, Ewigk? Sind Sie krank?«
»Nein«, murmelte Ted.
Abermals berührte ihn der Schmerz. Diesmal ging er tiefer. Unwillkürlich fuhr Teds Hand zu der schmerzenden Stelle. Aber da war nichts. Der Südafrikaner sprang auf. »Vielleicht sollte ich einen Arzt rufen, Ewigk!«
»Nein«, preßte Ted hervor. Der Schmerz ließ schon wieder nach - und kam im nächsten Moment verstärkt zurück. Diesmal konnte der Reporter einen Aufschrei nicht unterdrücken. Seine zweite Hand fuhr unkontrolliert über die Tischplatte, wischte den Laptop beiseite. Der Schwarze stand günstig; er konnte das Gerät eben noch festhalten, ehe es zu Boden gewirbelt wurde. Ted krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht im Sessel. Das Gefühl, von einem unsichtbaren riesigen Messer durchtrennt zu werden, wurde in ihm immer stärker. Er riß sein Hemd auf, konnte aber keine offene Wunde erkennen.
»Ich hole einen Arzt!« entschied der Schwarze jetzt. Ihm wurde diese Angelegenheit unheimlich. Ted rutschte aufschreiend aus dem Sessel, als die nächste Schmerzwelle ihn durchraste. Die Abstände blieben gleich, aber die Schmerzwellen wurden jetzt so stark, daß sie allmählich ineinander übergingen. Ted zitterte. Er versuchte seinen Dhyarra-Kristall zu finden, den er in einer seiner Taschen mit sich führte. Aber sein Denken setzte aus; er wußte die richtige Tasche nicht mehr. Und selbst wenn er sie gefunden hätte - die rasenden Schmerzen ließen es nicht mehr zu, daß er sich auf eine magische Abwehr konzentrierte.
Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen; Finsternis kam. Daß der Schwarze telefonierte, daß wenig später aufgeregte Männer hereinstürmten und doch nichts für den Reporter tun konnten, nahm er schon gar nicht mehr wahr. Er schrie, und er wußte, daß er jetzt starb.
***
Entsetzt starrten die Menschen auf die sterblichen Überreste des Offiziers. Die gellenden Schreie hatten weitere Neugierige angelockt. Ein paar Gardisten versuchten vergeblich, die Menschen zurückzudrängen. Irgendwo würgte jemand. Monica Peters gehörte zu jenen, die den Anblick nicht aushielten. Sie verschwand totenbleich im Haus.
Robert Tendyke überwand sich und kauerte sich neben den Captain. Er hatte oft genug sehen müssen, wie Menschen starben - manchmal unter noch entsetzlicheren Umständen. Dennoch erschreckte ihn dieser sinnlose Tod. Da war nichts gewesen, womit der Mann angegriffen worden sein könnte - und trotzdem war er gestorben!
Jemand brachte eine Decke, die über den Leichnam gebreitet wurde. »Wie ist das geschehen?« war die Standardfrage. Ëin halbes Dutzend Menschen hatte Captain Clearance aus nächster Nähe sterben gesehen - und dennoch war niemand in der Lage, den Vorgang zu schildern. Nicht einmal Robert Tendyke. Er hatte allenfalls einen vagen Verdacht. Aber wenn er ihn in Worte faßte, würde man ihm nicht glauben, oder ihn für durchgedreht halten.
Eine riesige, unsichtbare Klinge mußte aus dem Nichts heraus den Captain getötet haben!
»Bringen Sie ihn fort«, sagte Tendyke heiser.
»Wir werden diesen Vorfall untersuchen müssen«, stellte einer der Gardisten fest. Es war derselbe, den Monica vorhin davon abgehalten hatte, auf Old Sam zu schießen.
»Natürlich«, erwiderte Tendyke. »Tun Sie das. Wir müssen herausbekommen, wie dieser Mann gestorben ist und wer ihn auf so rätselhafte Weise vor unser aller Augen ermordet hat.«
»Ermordet, Sir? Sie halten es für Mord?« hakte der Gardist nach.
»Sie etwa nicht, Mann?« fragte Tendyke. »Ich kann mir nur beim besten Willen nicht vorstellen, wie so etwas möglich ist.«
Er konnte es wirklich nicht.
An fast jedem anderen Ort auf der Welt hätte er auf Schwarze Magie getippt. Aber nicht hier! So wie Zamorra Château Montagne an der Loire und Ted Ewigks Villa in Rom war auch ›Tendyke’s Home‹ von einem weißmagischen, kuppelförmigen Schutzfeld eingehüllt, das von keinem Dämon durchdrungen werden konnte, nicht einmal von Lucifuge Rofocale persönlich! Der Hurrikan hatte zwar eine Menge Verwüstungen angerichtet und auch die meisten der Schutzzeichen zerstört, aus denen die unsichtbaren und für jeden normalen Menschen widerstandslos durchschreitbare Kuppel bestand, aber als erstes
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