Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0491 - Die Wolfshexe

0491 - Die Wolfshexe

Titel: 0491 - Die Wolfshexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
ausgerechnet zu dieser scheußlichen Jahreszeit hierher an die Küste? Und wenn schon, warum dann nicht nach Brest?«
    Zamorra griff in die Jackentasche und holte den Zeitungsartikel heraus, den er vorhin nach dem Koffertransport oben im Zimmer aus der Zeitung gerupft hatte. Er war gespannt, wie Hervé und die anderen darauf reagieren würden. Und es war einfacher, von vornherein mit offenen Karten zu spielen; das klärte die Fronten.
    »Weil wir erstens extrem neugierige Menschen sind und das hier sich zweitens in Landédon ereignet hat und nicht in Brest«, sagte er und legte den Ausriß auf die Thekenplatte.
    »Rätselhafter Tod einer 17jährigen«, las der Wirt laut vor. Dann hob er den Kopf. »Was soll das, Monsieur? Wenn Sie beide von der Polizei sind, warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Sie verschwenden hier Ihre Zeit. Das haben Ihre Kollegen doch auch schon gemerkt.«
    »Paß auf, Hervé«, warf Cinan plötzlich ernst ein. »Die Polizei glaubt wohl, es wären keine Wölfe, sondern einer aus Landédon, einer von uns, hätte das Mädchen ermordet. Stimmt’s, Monsieur? Mademoiselle? Geben Sie es ruhig zu. Man hat Sie hergeschickt, um uns auszuspionieren. Sie halten einen von uns für den Mörder.«
    Stühle scharrten, Männer erhoben sich.
    »Das ist doch Unsinn«, wehrte Zamorra ab. »Wir sind keine Polizisten.«
    »Dann vielleicht Agenten der Sûreté, wie?« grollte Cinan. »Ich denke, Sie sollten wieder verschwinden. Wir sind keine Mörder. Wir schlachten doch keines von unseren Kindern auf diese brutale Art ab!«
    »Wer war es dann?« fragte Zamorra laut. »Sie irren sich - ich verdächtige niemanden. Aber vielleicht weiß jemand von Ihnen etwas!«
    »Die wollen uns reinlegen«, sagte jemand am Fenstertisch. »Typisch Provinzpolizei. Die Jungs wollen befördert werden, also brauchen sie ganz schnell einen Täter, und deshalb schicken sie diese angeblichen Lyoner, um uns in die Pfanne zu hauen. Verschwinden Sie, Fremde. Keiner von uns ist zu so etwas fähig.«
    Zamorra schüttelte langsam den Kopf.
    »Wir werden nicht verschwinden«, sagte er. »Und wir wollen auch keinen von Ihnen in die Pfanne hauen. Wir wollen herausfinden, ob es diese Wölfe gibt.«
    »Die Wölfe? So ein Quatsch! Hier gibt es keine Wölfe!« sagte Hervé.
    »Und wer heult dann nachts den Mond an?« hakte Cinan nachdenklich ein.
    »Was weiß ich, was ihr alle für Halluzinationen habt«, knurrte Hervé. »Es gibt Leute, die hören Stimmen, es gibt scheinbar auch Leute, die hören Wolfsgeheul. Was soll der ganze Unsinn? Hier gibt’s diese Bestien schon seit Jahrhunderten nicht mehr, falls es sie überhaupt jemals hier gegeben hat.«
    Lenard Cinan sah Nicole an, dann wieder Zamorra.
    »Vielleicht weiß Yann-Daq etwas. Der hat doch vorgestern die Klappe so unheimlich weit aufgerissen.«
    »Und gestern hat er sich nicht hier blicken lassen, heute auch nicht«, sagte ein anderer Mann. »Ihm wird doch wohl nichts zugestoßen sein? Immerhin lebt er draußen im Wald allein in seiner Hütte.«
    Hervé nagte an seiner Unterlippe.
    »Sehen wir nach«, schlug Cinan vor. »He, Monsieur Sûreté-Agent - ich kann Ihnen und Ihrer Kollegin den Weg zeigen. Ich wollte«, und jetzt lächelte er Nicole zu, »schon immer mal in so einem richtigen Auto fahren!«
    ***
    Die Fahrt hatte schon nach kurzer Zeit ein Ende. Nicole weigerte sich zu recht, den Cadillac über den schmalen holperigen Waldweg zu lenken - noch dazu in tiefer Dunkelheit. Hin und wieder schob sich zwar der Vollmond zwischen den dichten Wolkenbänken hervor und sorgte einige kurze Minuten lang für ein wenig Licht, aber bald hingen die trägen Regenwolken wieder davor und dunkelten alles ab. Feiner Nieselregen sorgte für allgemeines Unbehagen. Es war kalt und der nicht mehr gefrorene Boden völlig durchweicht.
    »Da fahre ich nicht hinein!« weigerte Nicole sich strikt.
    Außerdem konnte es nicht sonderlich weit sein. Yann-Daq ging diesen Weg immerhin jeden Tag zu Fuß, und noch weitaus größere Strecken.
    Also machten sich seine drei Überraschungsbesucher ebenfalls zu Fuß auf den Weg. Zamorra und Nicole streiften Regenjacken über ihre Kleidung und zogen die Kapuzen hoch; ihr Fremdenführer Lenard Cinan war ohnehin wettergerecht ausgerüstet.
    Zwischendurch blieb Cinan immer wieder stehen, um zu lauschen. Aber weder er noch die anderen konnten das Heulen von Wölfen vernehmen. »Komisch«, meinte Cinan zwischendurch. »In den letzten Tagen war es tatsächlich immer wieder mal zu

Weitere Kostenlose Bücher