0498 - Wenn Götter morden
innerlich erkaltet. Wenn sie kein Recht auf Leben besessen hatten, hatte es auch sonst niemand. Und weder Abdallah noch Steel hatten sich die Hände mit einem Ritualmord schmutzig gemacht. Sie hatten die Opfer nur vorgewiesen. Getötet und ihr Blut getrunken hatten die Götter - allen voran Sobek, der Schirmherr des Nils und der Überschwemmungen.
Götter mordeten.
Und jetzt waren die mordenden Götter nur ausführende Organe des Auftraggebers? Von anbetungswürdigen Mächtigen degradiert zu Befehlsempfängern?
Das durfte nicht sein.
Entweder war der Auftraggeber wahnsinnig. Dann war es nicht gut, länger für ihn zu arbeiten.
Oder er hatte die Götter wirklich in seine Gewalt gebracht. Dann mußte ihm das Handwerk gelegt werden. Ihn zu töten, war vermutlich der falsche Weg. Vielleicht ließ der Bann, den er über die Götter gelegt hatte, sich dann erst recht nicht mehr lösen. Erst mußte feststehen, wie er es gemacht hatte und wie man es rückgängig machen konnte. Vielleicht war der Professor aus Frankreich der richtige Mann dafür. Der Dämonenjäger. Steel fürchtete ihn zwar anscheinend nicht, aber vielleicht nur, weil er sicher sein konnte, daß der Professor nicht genügend Informationen besaß.
Dem ließ sich abhelfen.
***
Robert Tendyke machte Nägel mit Köpfen.
Als er von seinem Kurzausflug in den Verwaltungsbereich des Hotels zu Zamorra und Nicole an den Pool zurückkam, rieb er sich die Hände. »Nicole, wenn du tatsächlich ein paar Runden im Pool drehen willst, stellt dir das Hotel einen Badeanzug zur Verfügung, leihweise mit Kaufoption.«
»Sicher in den kärglichen Abmessungen eines Feigenblattes«, murmelte Nicole. »Ich dachte, du wolltest ein Vehikel beschaffen, mit dem wir nach Isna kommen.«
»Das steht unter anderem auch zur Verfügung, allerdings erst morgen. Aufgetankt und mit Proviant bestückt. Zamorra, hast du deinen Pilotenschein eigentlich noch?«
»Hä?« meinte der Parapsychologe verblüfft. »Wieso das?«
»Weil ich gleich richtig zugelangt und einen Hubschrauber gemietet habe. Mit dem Schiff wären wir einen halben Tag oder länger unterwegs gewesen, und für einen Geländewagen sind die rund 70 oder 80 Kilometer auch nicht gerade schnell zu überbrücken. Mit dem Kopter sind wir in einer Viertelstunde vor Ort. Leider steht uns die Maschine erst morgen zur Verfügung, und leider ist auch kein Pilot greifbar.«
Zamorra griff sich mit beiden Händen an den Kopf. »Rob, meine Lizenz für Zweimotorige und Hubschrauber sind schon vor Jahren abgelaufen, weil ich nie die Zeit hatte, auf die erforderlichen Mindestflugstunden pro Jahr zu kommen!«
»Aber fliegen kannst du so einen Schrubhauber? Ist nicht mal sehr groß. Zur Not käme ich mit der Mühle auch noch selbst zurecht.«
»Vielleicht solltest du besser das ›A-Team‹ anrufen«, seufzte Zamorra. »Ich bin nicht Howling Mad Murdock, der alles fliegt, was Flügel hat, vom Jumbo-Jet bis zur Weihnachtsgans.«
»Du wirst doch keine Angst vor einem lächerlich kleinen Schraubhuber haben?«
»Ich habe Angst vor dem, was passiert, wenn ich ohne gültige Lizenz fliegenderweise erwischt werde.«
»Alles geregelt. Man weiß, daß ich einen Piloten habe, man weiß auch, daß man die Maschine nicht kontrollieren wird und den Piloten erst recht nicht. Zamorra, wir sind hier in Ägypten. Die Höhe des Bakschisch entscheidet. Wenn du nicht fliegst, fliege ich. Oder hast du’s wirklich verlernt?«
»Es ist mir egal, ob wir in Ägypten sind oder in der Andromedagalaxis«, sagte Zamorra. »Solange kein absoluter Notfall vorliegt, fliege ich nicht.«
»Na schön. Dann muß ich’s also doch selbst tun.«
»Du hast doch auch keine Lizenz!«
»Nein? Dann rate mal, was das hier ist.« Tendyke reichte Zamorra grinsend ein ihm wohlbekanntes, gültig gestempeltes Papier. »Ich dachte nur, ich könnte dir den schwarzen Peter zuschieben, weil ich selbst heute abend eigentlich noch ein Bierchen hatte trinken wollen. Aber dann wird natürlich nichts draus.«
»Und was zahlst du für diesen Flieger?« fragte Nicole.
Tendyke zuckte mit den Schultern. »Spesen«, sagte er. »Die Rechnung geht an die Firma, in deren Auftrag wir alle ja hier sind. Theoretisch könnten wir sogar noch ein paar Politiker gratis mitnehmen. Das spart Steuern und bricht möglicherweise den ›Vorteilsnehmern‹ das politische Genick. Merke: Willst du einen ungeliebten Politiker abschießen, biete ihm Gratis-Dienstleistungen und mache das anschließend publik.
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