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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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entdeckt zu werden.
Wir hätten die Hunde nicht abschaffen sollen, sagte sich Bondarenko. Sobald ich mich hier eingerichtet habe, kommen mir wieder welche her. Er ging im Lager spazieren, freute sich an Kälte und Schnee und nutzte die Stille, um seine Gedanken zu sammeln. Hier mußte einiges geändert werden. Es wurde ein richtiger Soldat gebraucht. General Pokryschkin verließ sich zu sehr auf die Sicherheitsvorkehrungen, und die KGBTruppen waren zu faul. Zum Beispiel schickten sie nachts keine Streifen hinaus. Das sei in diesem Terrain zu gefährlich, hatte der Kommandeur erklärt; wer der Anlage zu nahe käme, würde von den Streifen am Tag entdeckt. Auf den Wachtürmen gäbe es Nachtsichtgeräte, und die ganze Anlage sei hell beleuchtet. Nachtsichtgeräte aber büßten bei solchem Wetter achtzig Prozent ihrer Leistung ein. Wenn nun da draußen Afghanen lauern? fragte er sich. Was dann? Bondarenko nahm sich vor, gleich am Morgen Oberst Nikolajew im Speznas-HQ und die Elitetruppe einen Übungsangriff auf die Anlage durchführen zu lassen - nur, um diesen KGB-Idioten zu demonstrieren, wie verwundbar sie sind. Er schaute hangaufwärts. Dort stand ein KGB-Posten und schlug sich zum Aufwärmen die Arme an die Seiten. Sein Gewehr hatte er übergehängt, er würde also vier Sekunden brauchen, um es von der Schulter zu nehmen, zu entsichern und zu zielen. Wenn da draußen jemand ist, der sich auf sein Handwerk versteht, bist du schon in einer Sekunde tot... Nun, sagte sich Bondarenko, der stellvertretende Kommandeur der KGB-Truppen soll ein scharfer Hund sein. Wenn diese Tschekisti schon Soldat spielen wollten, sollten sie sich gefälligst zusammenreißen. Der Oberst machte kehrt und ging zurück zu seinem Wohnblock.
    Gerasimows Wagen hielt vor dem Verwaltungseingang des LefortowoGefängnisses. Sein Chauffeur blieb beim Fahrzeug; sein Leibwächter folgte ihm ins Gebäude. Der Vorsitzende des KGB hielt dem Posten seinen Ausweis hin und schritt weiter, wandte sich nach links zur Verwaltung. Der Gefängnisdirektor war natürlich nicht in seinem Büro, aber Gerasimow traf einen Stellvertreter an, der mit dem Ausfüllen von Formularen beschäftigt war.
    «Guten Abend.» Der Mann riß die Augen auf.
«Genosse Vorsitzender! Man hatte mir nicht -»
«Sie sollten auch nichts wissen.»
«Wie kann ich Ihnen -»
«Bringen Sie mir sofort den Gefangenen Filitow», bellte Gerasimow.
    «Auf der Stelle!»
«Zu Befehl!» Der stellvertretende Gefängnisdirektor sprang auf die
Beine und rannte in ein Nebenzimmer. Keine Minute später kam er
wieder zurück. «Es wird fünf Minuten dauern.»
«Er muß ordentlich angezogen sein», sagte Gerasimow.
«In Uniform?» fragte der Mann.
«Quatsch!» fauchte der Vorsitzende. «In Zivil. Er muß präsentabel
aussehen. Sie haben doch seine Sachen hier, oder?»
«Jawohl, Genosse Vorsitzender, aber -»
«Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit», meinte Gerasimow leise.
Nichts ist gefährlicher als ein leiser KGB-Vorsitzender. Der Verwaltungsbeamte flog praktisch aus dem Zimmer.
Acht Minuten später erschien Filitow. Er trug zwar seinen Anzug,
aber das Hemd war noch nicht zugeknöpft, und die Krawatte hing ihm
lose um den Hals. Der stellvertretende Gefängnisdirektor hatte einen
abgewetzten Mantel überm Arm. Filitow schaute erst verwirrt um sich
und erkannte dann Gerasimow.
«Was soll das?»
«Sie kommen mit mir, Filitow. Machen Sie Ihr Hemd zu und versuchen Sie wenigstens, wie ein anständiger Mensch auszusehen!» Mischa verkniff sich nur mit Mühe eine Entgegnung. Der Blick aber,
den er dem Vorsitzenden zuwarf, ließ die Hand des Leibwächters zukken. Er knöpfte das Hemd zu und band sich die Krawatte. Am Ende
saß der Knoten schief, weil er keinen Spiegel hatte.
«Nun, Genosse Vorsitzender, wenn Sie nun bitte hier unterschreiben
wollten -»
«Übertragen Sie mir etwa die Verantwortung für diesen Kriminellen?»
«Was -»
„Handschellen, Mann!» brüllte Gerasimow.
Der stellvertretende Gefängnisdirektor hatte ein Paar im Schreibtisch, das er Filitow anlegte. Fast hätte er den Schlüssel eingesteckt, sah
aber dann Gerasimows ausgestreckte Hand.
«Danke. Morgen abend bringe ich ihn wieder zurück.»
«Sie müssen aber noch unterschreiben -» Aber Gerasimow entfernte
sich schon.
«Wenn man so viele Untergebene hat», sagte Gerasimow zu seinem
Leibwächter, «müssen darunter auch ein paar Begriffsstutzige sein.» «Genau, Genosse Vorsitzender.» Der Leibwächter war ein enorm
durchtrainierter Mann und

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