0502 - Die Disco-Hexe Tessy
weiterhin die Augen offen.«
»Es fällt mir schwer.« Suko räusperte sich. »Was ist denn bei dir da oben los?«
»Susan Holmes schläft.«
»Dann hat sich nichts getan?«
»Noch nicht.«
»Gut, ich melde mich wieder, wenn ich hier etwas sehe.«
»Okay, bis später.«
Ich hatte das Gerät kaum weggesteckt, als ich durch Mikes Zischlaut gestört wurde. »Kommen Sie, John.«
Er stand neben dem Bett der Schlafenden und deutete mit dem Finger auf sie. »Susan wird unruhiger.«
Ich stellte mich neben ihn. »Hat sie auch gesprochen?«
»Nein, aber mir gefällt die Atmung nicht. Warten Sie es ab, John.«
Mike Fox hatte sich nicht getäuscht. Susan machte tatsächlich den Eindruck, als würde sie etwas Schlimmes träumen und auch darunter leiden. Sie warf sich von einer Seite zur anderen und hielt den Mund offen, manchmal drang ein Stöhnen über ihre Lippen.
Gesprochen hatte sie noch nicht.
Auch fing sie an zu schwitzen. Der Druck war sehr groß. Ihre Augendeckel flatterten. Die Handflächen rutschten auf der dünnen Decke hin und her.
Plötzlich lag sie wieder ruhig. Die erste Phase war vorbei, aber sie ging bereits in die zweite über, und diesmal sagte sie etwas.
»Kid… bitte … komm zurück, Kid!«
Mike und ich schauten uns an. »Was sagen Sie dazu, John?«
»Sie träumt von Ihrem Sohn.«
»So intensiv?«
»Natürlich. Susan muß ihn sehr geliebt haben. Warten wir ab, wie es weitergeht.« Ich empfand die Luft als stickig, tat aber nichts, um dies zu ändern. Ich wollte die Fenster geschlossen lassen. Susan sollte keinesfalls gestört werden.
»Kid, bitte…«
Diesmal hatte sie fast gestöhnt. »Die quält sich«, sagte Mike und schüttelte den Kopf.
»Sie wird es überstehen.«
»Das hoffe ich auch.«
Susan sprach wieder. Ihr Mund bewegte sich dabei zitternd. »Kid, ich werde dich retten. Kid, bitte. Ich tue alles für dich. Kid, du darfst mich nicht im Stich lassen. Wir beide schaffen es. Wir beide. Du mußt die Hölle verlassen… du mußt es!«
»Der Stachel sitzt tief«, flüsterte mein Kollege. »O verdammt, was sitzt der tief!«
Er beobachtete das Mädchen mit starren Blicken. Ich aber holte mein Kreuz hervor und steckte es griffbereit in die rechte Tasche. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, daß es nun passieren mußte. Da war etwas Bestimmtes, das niemand sah, das ich aber fühlte.
Etwas hatte sich verändert.
Ich drehte mich auf dem Stuhl sitzend herum. Gegenüber strahlte die Lampe ihren weichen Lichtschein ab, der auf dem Boden zerfloß.
Eine andere Person war nicht zu sehen, ein Fremder, auch kein Geist, wie man hätte annehmen können.
Trotz allem glaubte ich daran, daß wir uns nicht mehr zu dritt im Zimmer befanden. Da stand jemand zwischen uns.
Ich erhob mich.
Mike Fox schaute mir zu. »Ist was?«
Ich hob die Schultern. »Das kann ich nicht genau sagen – noch nicht«, schränkte ich ein. »Behalten Sie jedenfalls Susan im Auge. Es könnte etwas passieren.«
»Gut.«
Ich nahm meine Wanderung durch das Zimmer auf und holte auch mein Kreuz hervor, das ich offen in der Hand hielt.
Der Talisman glänzt immer. Das liegt allein am Material, weil Silber stets einen matten Glanz abstrahlt. Auch jetzt schimmerte es.
In der Dunkelheit des Zimmers kam es mir vor wie eine kleine Insel.
Ich spürte auch eine leichte Erwärmung. Das Kreuz reagiert sensibel auf Dämonen oder Wesen der Finsternis. Es spürt schon vor uns Menschen, daß etwas in der Luft liegt.
So auch diesmal?
In der Mitte des Raumes blieb ich stehen. Wenn ich den Kopf schräg legte, konnte ich durch die Scheibe gegen den inzwischen dunkel gewordenen Nachthimmel schauen. Viele Wolken hatten sich verzogen. Der Himmel deutete auf schöneres Wetter hin.
Da spürte ich den Luftzug.
Es war kein Zug, wie er durch das offene Fenster entstand, mehr ein Hauch, als wäre etwas Fremdes in das Zimmer eingedrungen.
Etwas, das nicht hergehörte.
Ein Geist…
Ich drehte mich um.
Mike Fox stand noch immer am Bett. Er hielt sich an der rechten Seite auf und ließ die Schlafende nicht aus den Augen. An der linken aber geschah es. Da materialisierte sich eine Gestalt. Ein Wesen, ein Gespenst.
Grüngelb schimmernd und gleichzeitig durchscheinend, als wäre es mit sanften Pinselstrichen gezeichnet worden.
Mike Fox nahm es ebenfalls wahr. Er hob mit einer sehr langsamen Bewegung den Kopf, schaute über das Bett hinweg und preßte seine Hand gegen die Lippen.
»Meine Güte!« ächzte er. »Das ist er, das ist Kid,
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