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0503 - Der Stierdämon

0503 - Der Stierdämon

Titel: 0503 - Der Stierdämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verstaucht. Der schmerzte jetzt besonders stark und schwoll immer weiter an. Aber Shivery konnte nicht einfach hierbleiben. Er wußte nicht genau, wie weit er sich mittlerweile von Llewellyn-Castle entfernt hatte, und es gab für ihn auch deshalb kein Zurück, weil dort höchstwahrscheinlich alles schiefgegangen war. Seiner Uhr nach war er gut eine Stunde lang besinnungslos gewesen. In der Zwischenzeit hätte zumindest Gray aktiv werden und finden müssen. Also war Zamorras Kapitulation doch nichts anderes als ein Trick gewesen. Das bewies auch dieses seltsame Ungeheuer, das Shivery angesprungen hatte. Auch jetzt noch glaubte er das mächtige Stierhorn zu spüren, das ihn durchbohrt und mit einer schnellen Kopfdrehung des Schädels von der Mauer geschleudert hatte. Aber es gab keine Verletzungen. Nur eine Menge blauer Flecken und Prellungen vom Sturz.
    Das Handtelefon war zerbrochen. Die M-ll, die kleine und gemeine Schnellfeuer-Handwaffe, hing noch an seinem Gürtel. Damit war er nicht ganz wehrlos. Aber gegen wen sollte er sich wehren?
    Nach einer Weile erreichte er einen Bergbach. Er entsann sich der Holzbrücke, in deren Nähe Gray mit dem Rolls-Royce und der Geisel gewartet hatte. Aber war die Brücke nun rechts oder links zu suchen? Und vor allem -wie weit war sie entfernt? Shivery hatte jedes Orientierungsvermögen verloren.
    Er rutschte die leichte Böschung hinab bis ans Wasser und tauchte den verstauchten Fuß ein. Mit Schuh, weil er sicher war, daß er ihn später nicht wieder hätte anziehen können. Das Wasser kühlte. Shivery fühlte sich etwas erleichtert.
    Das andere Ufer war so flach, daß er es eine Viertelstunde später relativ mühelos erklimmen konnte. Abermals zehn Minuten danach traf er auf die Straße, die vom Castle hinab zum Dorf führte. Endlich konnte er auch wieder die Sterne am Nachthimmel sehen. Die Regenfront, die ihn während seiner Bewußtlosigkeit und der ersten Phase seiner kopflosen Flucht erwischt hatte, war längst davongezogen.
    Plötzlich hörte er ein Auto. Wenig später sah er einen schwachen Lichtschimmer, der sich zu zwei grellen Punkten verdichtete. Ein Wagen kam die Straße herauf!
    Unwillkürlich schlug Shivery die Jacke ein wenig zurück und lockerte die M-11. Er humpelte zur Seite, halb in Deckung eines Baumes. Als der Wagen die nächste Biegung erreichte, erkannte Shivery einen weißen Mercedes 600 SEL.
    Den gab es in diesem Teil des Landes wohl nur einmal. Mr. Gerret war wieder hier!
    Shivery humpelte auf die Straße hinaus. Der Wagen stoppte. Die Scheibe der Fahrertür - natürlich bei diesem Wagen vom Kontinent links -surrte herunter. Die Innenbeleuchtung zeigte Torre Gerret; er ließ sich diesmal nicht chauffieren, sondern lenkte die Limousine selbst.
    »Bericht«, verlangte er knapp. Mißbilligend musterte er Shiverys ramponierte Kleidung, während dieser die Ereignisse knapp zusammenfaßte.
    »Also ein Fehlschlag, wie? Und was mit Gray ist, wissen Sie auch nicht? Sie wissen erstaunlich wenig dafür, daß Sie sich so lange vor Ort befunden haben, Shivery.«
    »Es tut mir leid, Sir. War nicht meine Schuld. Ich benötige einen Arzt. Mein Fuß…«
    »Ich bin kein Arzt«, sagte Gerret. »Geben Sie mir Ihre Waffe.«
    »Aber weshalb?«
    »Her damit.« Plötzlich blickte Shivery in die Mündung einer Pistole. Da löste er die Hand-MPi vorsichtig vom Gürtel und reichte sie Gerret in den Wagen. Gerret fuhr langsam an.
    »Sir, lassen Sie mich einsteigen«, bat Shivery. »Ich kann kaum noch laufen.«
    »Kaum noch ist wohl leicht untertrieben«, erwiderte Gerret zynisch. »Ich würde sagen: Überhaupt nicht mehr. Sie haben versagt, Shivery. Ich kann Versager nicht ausstehen.«
    Gerret krümmte den Abzugfinger. Ehe Shivery begriff, was das bedeutete, war er bereits tot. Die Fensterscheibe surrte wieder hoch, und der Mercedes glitt weiter die Straße hinauf. Langsam brach der ermordete Killer am Straßenrand zusammen.
    ***
    Shirona schritt durch Cluanie-Bridge. Sie bewegte sich unauffällig in den Schatten. Sie kümmerte sich nicht um Don Cristofero, der sich nicht erinnern konnte, wie er hierher gekommen war und weshalb sein Arm so entsetzlich schmerzte, schon fast bis in die Schulter hinein. Das letzte, woran er sich erinnerte, war, daß ihm der Gnom in Spooky-Castle ein rostiges Schwert gezeigt hatte. Und nun befand er sich in einem ihm so gut wie unbekannten Dorf.
    »So betrunken kann ich gar nicht gewesen sein; die Vorräte waren doch erschöpft«, murmelte er ratlos.

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