0505 - Jagd der Skelette
sich einst über Jahrtausende, länger als jeder andere, auf dem Thron des Fürsten der Finsternis behaupten können.
Er näherte sich der Etage sehr vorsichtig und dem betreffenden Zimmer noch viel vorsichtiger. Er hörte Stimmen. Und da wußte er, daß er mit seinem Verdacht richtig lag. Seine Ahnung hatte ihn nicht getrogen.
Eysenbeiß-Salem war hier - und er war nicht allein.
***
Yves Cascal betrachtete die Fassade des Hilton-Hotels. Zwölfte Etage… das war verflixt weit oben. Er fragte sich, was Zamorra an seiner Stelle tun würde - und im nächsten Moment schimpfte er sich einen Narren.
Er war nicht Zamorra. Er hatte mit dem Franzosen nichts gemein, zu dessen Tagewerk es gehörte, unbegreifliche Geschöpfe zu jagen, die er Dämonen nannte und die über Kräfte verfügten, die sich dem normalen menschlichen Verstand entzogen.
Und er würde diese Sache auf seine Weise hinter sich bringen.
Er nahm einen längeren Umweg in Kauf. Er näherte sich dem Hotel von der Rückseite. Daß er dabei zwei Zäune zu überklettern hatte, war kein Problem. Ärgerlicher war schon eher ein großer Hund, der auf einem Nachbargrundstück aufpaßte und in rasendes Gebell ausbrach, als Ombre sich auf ungewöhnlichen Pfaden bewegte. Aber niemand achtete auf den Mann in Jeans und Karohemd, der die Feuerleiter des Hotels erreichte und sie benutzte, um zur zwölften Etage zu gelangen.
Dort bewegte er sich vorsichtig entlang der schmalen Eisengalerie und unterzog per Blick durchs Fenster jedes der Zimmer einer vorsichtigen Untersuchung. Jedesmal, - wenn er dann weiterging, duckte er sich unter den Fenstern hinweg, um nicht bemerkt zu werden. Seine Turnschuhe verursachten auf dem Metall kaum Geräusche, und zu seinem Glück war auch niemand draußen unterwegs, der zufällig einen Blick nach oben warf. Es wäre Ombre lieber gewesen, bei Dunkelheit hier herumzuklettern, aber er ging davon aus, daß seine Schwester sich in tödlicher Gefahr befand, und er wollte deshalb keine Zeit verlieren.
Eines der Zimmer war verdunkelt. Die Jalousien schlossen dicht. Yves konnte es nicht riskieren, die Lamellen ein wenig anzuheben, um trotzdem hindurch spähen zu können. Er vernahm auch keine Stimmen, weil die Fenster hervorragend schallisoliert waren. Aber er war jetzt sicher, daß er nur hier fündig werden würde, wenn überhaupt.
Ein weiteres Indiz war das Verhalten seines Amuletts. Er hatte diesen eigenartigen Drang schon mehrfach gespürt, der ihn einem bestimmten Ziel entgegenlockte. Auch diesmal konnte er die positive Reaktion der geheimnisvollen Silberscheibe fühlen. Wer auch immer sich in jenem Zimmer befand, und was auch immer sich dort abspielte - Ombre wußte, daß er hier am Ziel war.
Was nun?
Er kannte zwar sein Ziel, aber keine Einzelheiten. Und bei heruntergelassenen Jalousien hatte er keine Möglichkeit, von außen hineinzugelangen. Er konnte es nicht einmal riskieren, Klopfzeichen zu geben, um Angeliques Aufmerksamkeit zu erregen, wenn sie dort drinnen gefangengehalten wurde. Der Feind hört garantiert mit.
Er mußte es anders versuchen, vielleicht sogar bis zum Einbruch der Nacht warten. Die war seine Domäne. Vielleicht war er nur deshalb so unentschlossen und etwas ratlos, weil es die falsche Zeit für Ombre war, aktiv zu werden. Der Schatten benötigte die Dunkelheit, um in ihr unterzutauchen…
Er wandte sich um, wollte zur Leiter und wieder nach unten steigen.
Sein Amulett warnte ihn.
Aber er konnte die Bewegung schon nicht mehr stoppen, prallte aus der Drehung heraus mit dem unheimlichen Wesen zusammen, von dem er nicht wußte, wie es so lautlos hinter ihm hatte erscheinen können - und was es aufrecht und in Bewegung hielt.
Es war das Skelett eines Menschen…
***
Eysenbeiß benutzte die beiden Amulette, um die Umgebung »seines« Zimmers zu überwachen. Schließlich wollte er nicht überrascht werden, weder von jemanden, dem es einfiel, das Zimmer an einen Gast zu vergeben, noch von einem Zimmermädchen, das nur mal eben nach dem Rechten sehen wollte. Er hatte also vorsichtshalber beide Amulette aktiviert, damit sie ihn gegebenenfalls alarmierten. Natürlich hätte er das Zimmer auch mit Dynastie-Technik absichern können. Aber die hätte er erst herbeiholen und installieren müssen, und soviel Aufwand war ihm die Sache auch wieder nicht wert.
Auf die Idee, Salmens Dhyarra-Kristall für diese Absicherung zu verwenden, kam er dadei gar nicht. An den Gebrauch dieser magischen Kristalle hatte er sich immer
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