0506 - Das unheimliche Grab
nächsten Worten drehte ich mich nach links, um den Fahrer anzuschauen. »Sagen Sie, Herr Dimitrou, weshalb gerade Sie und Ihre rumänischen Landsleute? Das muß doch einen Grund gehabt haben.«
»Kann sein.«
»Sie haben darüber nicht länger nachgedacht, wie mir scheint.«
»Ich habe es versucht.« Er hob die Schultern. »Ich kann mir keinen Grund vorstellen. Mein Leben ist völlig normal verlaufen. Es gibt einfach keinen Grund, mich auf diese fürchterliche Art und Weise aus dem Verkehr zu ziehen.«
»Nach außen hin ja.«
»Und sonst?«
»Nichts geschieht ohne Motiv, Herr Dimitrou.« Ich öffnete bereits die Wagentür. »Ich bin gleich wieder zurück. Wir werden jedenfalls dem Manta meines Kollegen nachfahren.«
»Gut.«
Will Mallmann hatte die letzten Unstimmigkeiten aus dem Weg geräumt und die Kollegen auch über meine Identität aufgeklärt.
Diesmal sahen sie mich mit anderen Augen an.
Natürlich hätten sie liebend gern gewußt, aus welch einem Grund ich von der Straße abgekommen war, den allerdings band ich ihnen nicht auf die Nase. So mußten sie weiter rätseln.
»Wir können, John«, sagte der Kommissar und nickte mir zu. »Es bleibt dabei?«
»Ja, du fährst vor und an der nächsten Abfahrt von der Bahn runter. Trotz der Beschädigungen fährt der Truck noch.«
»Es sieht aus, als hätte jemand mit einer Eisensäge auf die Kühlerhaube geschlagen«, meinte einer der Kollegen. »Die hat zwei Risse bekommen.«
»Erklärungen gebe ich keine ab!«
»Entschuldigen Sie.«
Wir stiegen wieder ein. Dimitrou hatte sich wieder eingenebelt.
»Können wir jetzt fahren?«
»Sobald sich der Kommissar vor uns setzt.«
Das dauerte nicht mehr lange. Will blinkte zweimal, ein Startzeichen, und auch Dimitrou ließ den Motor an.
Wir blieben dem Manta auf den Fersen. Gemächlich rollten wir der Ausfahrt entgegen. Mit dem Motor gab es keine Probleme.
Dimitrou wirkte nervös. Ich versuchte, ihn zu beruhigen.
Wir schafften es. Auf der rechten Spur bleibend, rollten wir zur Ausfahrt. Von den nahen Bergen würden wir erst am anderen Morgen etwas sehen. Jetzt lag alles eingepackt wie in schwarzgraue Watte.
Es war eine ungewöhnliche Nacht. Diese Dunkelheit erinnerte mich an eine düstere Malerei. Auch der Mond stand so blaß am Himmel. Eine runde Scheibe, ohne Sterne, die ihn umgaben.
Schon sehr bald verließen wir die Autobahn und rollten tiefer in das Land hinein.
Es war noch nicht Mitternacht, sicherlich hatten die meisten Gasthöfe und Pensionen noch geöffnet. Manchmal kam uns auf der kurvenreichen Strecke ein Wagen entgegen.
An einer Kreuzung hielt Will Mallmann an. Auf den Hinweisschildern las ich die Namen sehr bekannter bayerischer Orte. »Wir fahren in den nächsten Ort, nicht?« fragte Will, der neben der offenen Tür des Lastwagens stand.
»Ja.«
»Dann müssen wir wieder ein Stück zurück.«
Ich grinste ihn an. »Wenn wir dort dem Skelett begegnen, wäre das sogar hervorragend.«
»Du bist lustig.« Will hämmerte die Tür zu. Drei Kilometer mußten wir noch abfahren.
Es war mehr ein Dorf, in das wir hineinrollten. Sehr still, aber auch schön gelegen. Das Licht der Laternen fiel auf saubere Häuser. Nur wenige Menschen befanden sich noch im Freien. Aus den meisten Fenstern strömte Licht, und besonders aus denen der Gasthöfe und Pensionen. In einer Seitenstraße fanden wir ein Haus, das auch einen großen Parkplatz aufweisen konnte und etwas abseits lag.
Die breite Vorderfront schimmerte als dreieckige Lichtinsel. Hinter den Fenstern lag ein Restaurant, darüber die Reihen der Zimmer, wovon die meisten kleine, hübsche Balkone besaßen. Aus den Blumenkästen grüßte eine Farbenpracht. Wer hier abstieg, konnte sich wohl fühlen.
Man nahm uns sehr freundlich auf. Wir erklärten, daß der Lkw eine Panne gehabt habe und am nächsten Tag repariert werden mußte. Der Wirt hatte nichts dagegen einzuwenden, daß wir den Laster auf dem Parkplatz abstellten.
Drei Einzelzimmer bekamen wir. »Es ist eben keine Hauptsaison mehr«, sagte man uns. »In den Ferien, da kriegen Sie hier nix.«
Das glaubte ich ihm gern.
»Hast du noch Hunger?« fragte Will.
»Eine Kleinigkeit könnte ich essen. Und Sie, Herr Dimitrou?«
Der Mann aus Rumänien schaute uns groß an. »Essen? Nein, das ist bei mir nicht möglich. Bei all den Aufregungen, ich werde auf mein Zimmer gehen und etwas trinken.« Er nickte sich selbst zu.
»Ja, Durst habe ich, sogar großen.«
»In Bayern wird jeder Durst gelöscht«,
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